Die schöne Mätresse
beschäftigt hat … Es ist eine Frau, nicht wahr? Eine Frau, die deiner nicht wert ist.“
Der Angriff traf ihn völlig unvorbereitet, und er reagierte, ohne die möglichen Konsequenzen seiner Worte abzuwägen. „Natürlich ist sie es wert! Jeder Mann könnte glücklich sein, sie zu besitzen!“
Verdammt, dachte er. Er hätte die Bemerkung seiner Mutter einfach ignorieren und den Ahnungslosen spielen sollen. Selbst im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte – was auf ihn im Moment keineswegs zutraf – wäre Emily das letzte Thema, das er mit seiner Mutter diskutieren wollte.
„Sie ist deiner nicht wert“, wiederholte Lady Cheverly. „Andernfalls hättest du sie mir schon längst vorgestellt.“
Was sollte er darauf erwidern? Wie sollte er ihr seine Emily beschreiben – ihren Mut, ihre Beharrlichkeit, ihren Charme und ihr Feuer? „Das geht dich nichts an.“
„Versuch nicht, mich zum Narren zu halten! Ich weiß, dass du ein erwachsener Mann bist und nicht meine Zustimmung für dein Handeln brauchst. Und du musst zugeben, dass ich bisher niemals deine … kleinen Affären erwähnt habe. Aber dieses Mal ist es anders, ich fühle es. Dieses Mal ist es ernst.“ Vergeblich wartete sie auf eine Antwort. „Du machst es mir nicht gerade leicht“, meinte sie seufzend. „Ich mische mich nicht gerne ein, aber ich muss dich dennoch fragen. Welche Absichten hegst du in Bezug auf diese … Dame?“
Da er sich über diesen Punkt selbst nicht im Klaren war, warf er seiner Mutter einen verärgerten Blick zu. „Ich will nicht respektlos erscheinen, Mama, aber ich wiederhole: Das geht dich nichts an.“
„Du kannst kaum behaupten, das Wohlergehen unserer Familie und die Zukunft deiner Schwester seien nicht auch meine Angelegenheit.“
Er straffte die Schultern. „Willst du damit andeuten, dass ich mich nicht gebührend um euch kümmere?“
„Hast du das in den letzten drei Monaten getan? Sei ehrlich, diese Dame, die du so bewunderst … würde sie in den Augen der Gesellschaft als deinesgleichen erscheinen?“
„Der Ton ist zynisch und oberflächlich, Mama. In jeder Umgebung mit gerechten, vernünftigen Menschen würde man ihren Wert erkennen.“
Seine Mutter schüttelte bekümmert den Kopf. „Mein Sohn, ich wünschte, wir würden an einem solchen Ort leben. Leider müssen wir uns mit den Dingen abfinden, so wie sie sind. Ist es möglich, dass du … eine Heirat in Betracht ziehst?“ Als er nicht sofort antwortete, sog sie scharf den Atem ein. „Dann ist es noch ernster, als ich befürchtet hatte. Oh, mein lieber Junge!“ Sie beugte sich zu ihm und umfasste seine Hände. „Ist dir denn nicht bewusst, welche Auswirkungen eine solch unglückliche Verbindung auf deine Familie haben würde? Auf deine unschuldige Schwester oder Andrea?“
„Mutter, nun reicht es …“
„Du musst mir zuhören!“ Sie hielt seine Hände fest, die er ihr zu entziehen versuchte. Letztendlich begegnete er widerwillig ihrem Blick.
„Dann sprich endlich, damit wir zu einem Ende kommen.“
„Andrea wäre dir eine gute Frau, obwohl ich auch jede andere Braut deiner Wahl akzeptieren würde, wenn sie nur deinem Stand und Ansehen entspricht. Trotz Andreas Behinderung und der fehlenden Mitgift könnten wir sicher unser Versprechen Richard gegenüber erfüllen, wenn wir ihr einen anderen geeigneten Ehemann suchen. Aber was, wenn du die Familie durch eine Mesalliance entehrst, die du offensichtlich planst? Oh Evan! Es geht mir nicht um mich selbst. Was aber soll aus Andrea und Clare werden, wenn wir deinetwegen aus der Gesellschaft ausgestoßen werden?“
Nur mit Mühe gelang es ihm, seinen Zorn zu zügeln. „Ich kenne die Pflichten, die mit meinem Titel verbunden sind, sehr genau. Außerdem sehe ich im Moment überhaupt keine Notwendigkeit zu heiraten. Man kann mich wohl kaum als Greis bezeichnen, Mama.“
„Dann nehmen wir einmal an, du planst eine diskrete, aber dauerhafte Beziehung zu dieser Frau. Was, wenn es ein Kind gäbe?“
Er fühlte, wie Hitze in seine Wangen stieg. „Für wie verantwortungslos hältst du mich?“
„Oh Evan, keine … Schutzmaßnahmen sind vollkommen sicher! Stell dir nur vor, all deine … Vorkehrungen würden fehlschlagen! Könntest du wirklich mit ansehen, wie dein Kind – dessen Mutter dir zweifellos am Herzen liegt – ohne den Schutz einer Ehe geboren wird? Kannst du selbst dann noch schwören, deine Pflichten gegenüber deiner Familie zu erfüllen?“
Zum ersten Mal kam ihm in den Sinn,
Weitere Kostenlose Bücher