Die schöne Mätresse
Der Löffel entglitt ihren schwachen Fingern und fiel klappernd auf die Untertasse. Plötzlich wurde ihr heiß und kalt, und der Raum verschwamm vor ihren Augen. Sie wäre gestürzt, hätte Evan sie nicht in letzter Sekunde aufgefangen.
„Emily! Emily, geht es dir gut?“
Seine Worte drangen kaum in ihr Bewusstsein. Sie atmete langsam ein und aus und versuchte, sich auf Details im Zimmer zu konzentrieren. Die Tasse lag zerbrochen auf dem Teppich. Francesca musste die Scherben zusammenkehren …
Evan hob sie auf die Arme und trug sie zum Sofa. „Emily, Liebste, es tut mir so Leid! Ich hätte es dir schonender sagen sollen, aber ich wusste einfach nicht, wie ich es dir mitteilen konnte.“
Er legte sie nieder, aber sie zwang sich zu einer sitzenden Position. Er nahm neben ihr Platz.
„Bitte sei nicht böse auf mich, mein Liebling.“ Evan streichelte ihre kalten Finger, küsste sie. „Dieser Schritt hat nichts damit zu tun, dass sich meine Gefühle für dich geändert hätten! Ich bin hier, so wie ich immer für dich da sein werde, das habe ich dir versprochen. Alles, was du wünschst oder brauchst, wird dir gehören. Du musst nur ein Wort äußern, ich schwöre es. Bitte glaube mir!“ Er schaute sie verzweifelt an. „Ich habe eine Pflicht gegenüber Richard – vielmehr seiner Schwester Andrea. Bei einem Reitunfall vor einigen Jahren fiel ihr Pferd auf sie und hätte ihr beinahe das Bein zerquetscht. Sie ist ein reizendes Mädchen, aber schüchtern und ängstlich in der Gegenwart Fremder. Unsere Familien standen sich immer sehr nahe, und ich bin alles, was ihr noch geblieben ist. Bevor Richard starb, versprach ich … sie zu heiraten.“
Emilys Verstand begann wieder zu funktionieren. „Ja, natürlich. Ich verstehe.“ Während sie gegen die Ohnmacht ankämpfte, die sich ihrer bemächtigen wollte, bemühte sie sich, die Notwendigkeit seiner Entscheidung zu akzeptieren. Früher oder später wäre es ohnehin zu Ende gewesen.
Aber musste es so bald sein?
Er zog sie in seine Arme und küsste sie heftig. „Zwischen uns wird sich nichts ändern, obwohl ich nicht mehr so oft bei dir sein kann wie bisher. Allerdings werde ich bei meinen Besuchen diskreter sein müssen.“
Als sie seine Andeutung begriff, erschrak sie ein zweites Mal. Sie umklammerte seine Finger. „Evan, natürlich wird sich etwas ändern! Du kannst doch nicht annehmen, ich würde … Nein, es ist unmöglich.“
„Liebling, auch ich habe mir so etwas nicht für uns gewünscht. Ich weiß, dass die Umstände für dich schrecklich sind. Aber nichts wäre schrecklicher, als dich völlig zu verlieren.“
War es möglich, dass er nicht verstand? Wie konnte er glauben, seine Verlobung oder spätere Heirat hätte keine Auswirkung auf ihr Verhältnis? Hatte er womöglich einen falschen Eindruck von ihr gewonnen?
„Deine Hochzeit wird das Ende unserer … Freundschaft bedeuten, Evan. Es gibt keinen anderen Weg. Ich habe bereits genug Sünden auf mich geladen, für die ich wahrscheinlich ein Leben lang büßen werde. Ich will keine Ehebrecherin sein. Das kann ich einfach nicht.“
„Du würdest mich wegschicken?“ fragte er ungläubig. „Dich weigern, mich wiederzusehen?“
Sie schwieg, da sie ihrer eigenen Stimme nicht traute. Zweifellos würde er an ihrem Tonfall hören, wie verletzt sie sich fühlte. Doch wenn sie jetzt nicht standhaft blieb, würden sie seine Überzeugungskraft und ihre eigene verräterische Schwäche für ihn schnell zurück in seine Arme treiben. Und in kürzester Zeit würde sie sich dafür hassen.
„Bedeutet es dir so wenig, was uns verbindet?“ flüsterte er schließlich.
Sie bemerkte die Angst in seinen Augen, begegnete seinem Blick jedoch entschlossen. „Ein Ehegelübde bedeutet mehr. Es ist ein heiliger Schwur vor Gott, Evan, sich zu lieben, zu ehren und die Treue zu halten. Ich würde nicht wollen, dass du einen solchen Eid brichst. Wärst du mein Ehemann, so könnte ich auch nicht ertragen, wenn du ihn brechen würdest.“
Er schwieg für eine Weile, bevor er antwortete. „Dann müssen wir uns also trennen?“
„Ja.“
„Für immer?“
„Ja.“
„Und es gibt keinen Weg, keine Umstände, unter denen wir zusammen sein könnten?“
Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie schüttelte den Kopf.
„Nicht einmal als Freunde … meine beste Freundin?“
Ihr war, als würde eine riesige Faust ihr Herz zerquetschen. „Oh Evan, könntest du wirklich versprechen, mich nur als deine Freundin zu
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