Die schoene Muenchnerin
hingegen grinste breit. Als Dosi ihn irritiert ansah, fiel sein Grinsen in sich zusammen.
»Und jetzt verdächtigen wir Sie«, sagte Mader.
Morgenröte knallte Heinz und Dieter ins Gesicht.
»Kleiner Scherz«, meinte Mader. »Wir müssen in Frau Meyers Wohnung. Sie haben sicher einen Generalschlüssel.«
Mit starrer Miene ging Heinz ans Schlüsselbrett und reichte ihm den Schlüssel.
Mader winkte ab. »Danke, wir folgen Ihnen unauffällig.«
Heinz trat in Filzpantoffeln ins Treppenhaus. Dieter zog sich eine Strickjacke über. »Du bleibst hier!«, sagte Heinz scharf und ließ einen enttäuschten Dieter zurück.
Im Lift musterte Dosi Heinz eingehend. Endlich mal ein Mann, der kleiner war als sie. Aber das machte ihn auch nicht attraktiver. Das glatzköpfige Männchen mit Schmerbauch unter dem grauen Polyesterpulli war alterslos. Positiv ausgedrückt. Konnte dreißig oder sechzig sein. Ein bisschen die Unterschichtversion von Louis de Funès. In unlustig.
Sie fuhren nur ein Stockwerk höher. Meyers Wohnung lag ebenfalls am Ende des Gangs. Heinz öffnete und wollte eintreten.
Mader hielt ihn zurück. »Danke, das war’s erst mal. Einen schönen Abend noch.«
Beleidigt zog Heinz ab.
Mader verteilte die Rollen: »Doris und Zankl, Sie klingeln bei den Nachbarn. Das Übliche. Hummel und ich sehen uns schon mal die Wohnung an.«
Mader machte das Licht an. Vom Schnitt her erinnerte ihn das an seine eigene Wohnung, die nur eine Straße weiter lag. Aber erstaunlich, was man aus so einer Wohnung machen konnte. Edles italienisches Design, teure, schlichte Stoffe auf Polstermöbeln und Stühlen, eine verchromte Bogenlampe, ein cremefarbener Teppich mit irisierender Struktur. »Nicht schlecht«, murmelte Mader. »Sehr geschmackvoll.«
»Mein Stil ist das nicht«, befand Hummel, »zu kühl.«
»Wir sehen uns ein bisschen um, die Feinarbeit macht die Spurensicherung.« Mader zog sich die Latexhandschuhe an, Hummel tat es ihm gleich. Sie öffneten Schränke, Schubladen, öffneten den Kühlschrank und den Nachtkasten, warfen einen Blick in den Mülleimer und unters Bett. Mader betrachtete eingehend ein Foto an der Wand, auf dem Andrea Meyer und Veronika Saller zu sehen waren. »Blacky und Blondy«, erklärte Hummel. Daneben hing ein Bild mit lauter Bikiniladys. Hummel deutete auf die Dame in der Mitte: »Das ist die Chefin, Chris Winter. Die ohne Bikini. Also, die mit der Buse, äh Bluse, mit dem Hemd.«
Mader nickte nachdenklich. »Ob die Meyer die Letzte ist?«
»Meinen Sie?«, fragte Hummel erschrocken.
»Ich weiß es nicht.«
Sie setzten die Suche fort. Hummel inspizierte schließlich den Balkon. Na ja, er wollte eine rauchen. Er dachte nach. War das tatsächlich der Beginn einer Mordserie? War Chris ebenfalls in Gefahr? Zankl trat zu ihm raus. »Die Nachbarn haben nichts gesehen, nichts gehört. Klar, in so ’nem Schuppen. Und, Hummel, was denkst du?«
Hummel nahm einen letzten Zug aus seiner Zigarette. Wie eine Sternschnuppe entschwand sie ins Gebüsch der Grünanlage. »Hier stinkt was.« Er beugte sich über die Brüstung und sah hinab auf den Balkon der Brüder. Kaninchenställe. »Die beiden da unten sind höchst verdächtig. Die züchten Kampfkaninchen. Wie die von Monty Python. Die lauern ihren Opfern im Park auf und gehen ihnen an die Gurgel! Erwürgen ist ihre Spezialität. Nur bei dem Kanaldeckel brauchen sie Hilfe.«
Mader steckte den Kopf durch die Balkontür, Dosi im Schlepptau. »Die Spusi ist gleich da. Hier war vor uns jemand in der Wohnung. Kein Handy, kein Computer. Wie bei Veronika Saller. Das wär’s für heute erst mal. Ab ins Bett und morgen früh pünktlich um neun im Präsidium. Dr. Günther hat sich angekündigt. Hummel, Sie gehen bitte auf dem Heimweg noch mal bei den Kollegen im Park vorbei.«
KALTES LICHT
Hummel war hundemüde, als er die Plettstraße entlangtrabte. Und er musste noch mal in den Scheißpark. Was für ein Tag! Das wunderschöne Gesicht von Chris Winter im goldgelben Kneipenlicht hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt. Die Meyer war ja eine ihrer Angestellten. Auch eine der unangenehmen Seiten seines Jobs: schlechte Nachrichten überbringen. Ob das der Beginn einer Mordserie war? An schönen Frauen? Er würde Chris beschützen! Plötzlich tauchte Beate hinter einer scharfen Kurve seiner Gehirnwindungen auf. Beate – die war ja auch noch eine Option für heute Abend gewesen. Er sah auf die Uhr. Kurz vor zwölf. Wenn er jetzt ganz schnell war, dann …
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