Die schoene Muenchnerin
andere Hälfte des Doppelbetts war leer. Aber nicht unbenutzt. Nervös hob er die Bettdecke. Er trug seine Schießer-Unterwäsche. Noch. Oder wieder. Geschirrklappern aus der Küche. Kaffee und Schinkenspeck wetteiferten beim Angriff auf seine Geruchsnerven. Die heute sehr leicht erregbar waren. Er wusste, dass Leonore immer Kopfschmerztabletten in ihrem Nachtkasten hatte, und wälzte sich hinüber.
Zehn Minuten später ging es ihm etwas besser, und er zog sich an. Den Trachtenanzug!Welcher Teufel hatte ihn da geritten? Was war gestern nach dem Lyrikabend geschehen? Er erinnerte sich nur noch, dass der Barkeeper im Trader’s Vic irgendwelche Schnäpse vor ihren Nasen angezündet hatte.
Als er – reichlich wacklig – die Küche betrat, grinste Leonore ihn breit an.
»Das ist nicht komisch«, sagte er.
»Du bist ein bisschen aus der Übung, scheint mir.«
»Meinst du Alkohol oder Sex?«
»Beides. Komm, setz dich.«
Er gehorchte und trank seinen Kaffee. Langsam kehrte das Leben in seinen geschundenen Körper zurück. »War ich schlimm, gestern?«
»Ssssehr schlimm. Ich hab seit Ewigkeiten nicht mehr so viel gelacht. Wie du dem Japaner auf Englisch von Ludwig II. erzählt hast, dass der wegen seiner schlechten Zähne nur noch weiche Semmeln und Brei gegessen hat …«
»Mein Englisch ist grausam. Und sonst? Da drüben?« Er nickte in Richtung Schlafzimmer.
»Ach das. Nicht der Rede wert.«
LE FUCHS
»Die wollen nix zahlen?«, fauchte Ludwig.
Helmut schlug mit der Faust auf den Küchentisch. »Dann verscheuern wir die Infos an den Journalisten, von dem uns der Krankenhausheini erzählt hat. Was, meinst du, zahlt so ein Journalist?«
»Keine Ahnung. Fünfzig Riesen?«
»Im Leben nicht.«
»Dann machen wir zwanzig. Ist doch besser als nichts.«
»Jetzt brauchen wir noch seinen Namen und seine Telefonnummer.«
»Irgendwas mit Wein… Weinmeier, oder was hat er gesagt?«
Helmut zog die Schublade der Kommode auf und zeigte Ludwig ein Notizbuch. »Von Mr. Weiß. Da schaun wir doch mal nach.«
Ludwig lachte. »Du Fuchs!«
»Mal sehen, was so ein Journalist lockermacht. Und dann fragen wir Grasser noch mal.«
HERZLICH
Hummel nutzte die Abendstunden der folgenden Tage, um sich auf sein Krimiexposé zu konzentrieren. Das Gespräch mit Chris hatte seiner Kreativität ordentlich Aufwind verliehen. Und er machte es offenbar ziemlich gut – gemessen am Erfolg. Die von ihm ausgewählte Agentur Carta Dura reagierte fast postwendend, als er sein Exposé eingereicht hatte. »Ja, man könne sich vorstellen, ihn zu vertreten«, hatte die Agenturchefin am Telefon gesagt. Hummel flippte fast aus vor Glück. Yes!!! Jetzt musste er noch seiner bisherigen Agentin absagen. Schriftlich. Er nahm sich Donnerstag und Freitag frei, um sich ganz seinen persönlichen Angelegenheiten zu widmen.
Liebe Valerie,
jetzt hast Du lange nichts gehört von mir. Das tut mir leid […] Deshalb ist es sicher das Beste, von nun an getrennte Wege zu gehen. Ich danke Dir sehr herzlich für Dein Engagement, für Dein aufmerksames Lesen und Deine ehrliche Kritik.
Dein Klaus
Hätte er erwähnen müssen, dass er bei einer anderen Agentur unterschreiben wollte? Egal. Er schrieb die Adresse auf den Umschlag, klebte eine Marke drauf und ging zum Briefkasten. Bereits heute Nachmittag hatte er seinen Termin bei Carta Dura am Rotkreuzplatz. Ein bisschen nervös war er schon.
OCHSENFROSCH
Nachdem er den Brief eingeworfen hatte, trabte er den Rosenheimer Berg hinunter. Er wollte zur Drogerie Müller im Tal, ein bisschen in den CDs stöbern. Als er am Altstadthotel vorbeiging, sah er in das Fenster zur Bar. Da saß der Typ von neulich Nacht! Der Nackte, jetzt allerdings in einem eleganten grauen Anzug. Vor sich ein bernsteinfarbenes Getränk. Whisky. So früh schon? Ihre Blicke trafen sich. Der Mann sprang auf und trat an die Scheibe. Winkte Hummel herein. Hummel gab sich einen Ruck.
»Hey, Klaus, was machst du hier?«, begrüßte ihn der Mann, als wären sie beste Freunde. Hummel wollte sein Name partout nicht einfallen. Erledigte sich aber von selbst: »Hey, gerade dachte ich mir, Tom, vertreib dir die Zeit mit einem Glas Whisky, und da kommt der Klaus am Fenster vorbei. Wenn das kein Zufall ist! Na komm, Alter, setz dich. War ’ne abgefahrene Nacht neulich mit dir und Pummelchen auf dem Sims da draußen.«
Hummel musste unwillkürlich lachen.
Tom winkte dem Barmann. »Dasselbe für meinen Freund.« Und schon rollte der Whisky an.
Tom
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