Die schoene Muenchnerin
Und bei mir ums Eck ist ja dieser Stripschuppen. Ich hab ihnen den Weg gezeigt und bin spontan mitgegangen. Ich mag ja das Exotische, ich wollte schon immer mal sehen, was das für ein Laden ist. Pure Neugier. So als Kontrastprogramm nach dem Lyrikabend. Aber es war dann doch … sehr billig, außer bei den Getränkepreisen.«
Zu den Operationen der beiden Herren konnte er natürlich nichts sagen, abgesehen von der Kunstfertigkeit der Ausführung.
»Erstaunlich«, meinte er, »wenn die Herren noch das Abheilen der Narben erlebt hätten, wären sie in den Genuss schönerer Gesichter als zuvor gekommen. Gute Arbeit, das muss man schon sagen.«
Hummel war sehr enttäuscht, heimlich aber bewunderte er aber auch die Coolness, mit der sich Grasser herausredete – schon der Hammer.
»Den kriegen wir noch dran«, meinte Mader. Er bat Gesine, sich die Verletzungen der beiden mal näher anzusehen. Vielleicht bekamen sie heraus, woher diese stammten.
MIT GESCHMACK
Gesine war ganz aufgeregt, als sie mit ihren hochhackigen Stiefeln über das Haidhauser Kopfsteinpflaster stolperte. Dr. No hatte angerufen, ob sie sich zum Abendessen treffen wollten. Im Tramin , einem kleinen Sternelokal in der Lothringer Straße in Haidhausen. Wunderbare Gastrokritiken, wie sie gegoogelt hatte. Vielleicht lag Mader ja richtig, und jemand wollte Dr. No den Tod von Andrea Meyer in die Schuhe schieben. Ein langweiliger Abend würde das jedenfalls nicht werden.
Es war ein erfolgreicher Arbeitstag gewesen. Nach ein paar Anrufen bei den Notaufnahmen der Krankenhäuser wusste sie, woher die Verletzungen der beiden bösen Buben stammten. Von einem furchtbaren Unfall auf der Salzburger Autobahn. Die beiden waren mit hohem Tempo auf einen Stau aufgefahren. »Können froh sein, dass sie überhaupt noch leben«, hatte der verantwortliche Notarzt des Klinikums Großhadern gesagt. Gesine war gespannt, was Mader & Co. mit dieser Information anfingen. Aber jetzt war für sie definitiv Feierabend.
Ihre Füße schmerzten. Sie war aus Gewohnheit mit der S-Bahn gefahren. Für den Heimweg würde sie auf alle Fälle ein Taxi nehmen. These Boots were not made for walking. Sie erreichte das Restaurant, spähte durchs Fenster, konnte Nose aber nicht entdecken. Sie sah auf die Uhr. Zehn Minuten zu früh. Ein eiskalter Windstoß trieb sie ins Lokal. Wärme, Kerzenschein und würziger Essensduft empfingen sie.
»Haben Sie reserviert?«, fragte der junge Kellner und lächelte sie an.
Sie nickte. »Zwei Personen, Dr. No …, äh. Dr. Schwarz.«
»Folgen Sie mir.« Er brachte sie zu einem kleinen Tisch in einer Wandnische. »Darf ich Ihnen schon einen Aperitif bringen?«
»Nein, danke, nur ein Wasser.«
Sie setzte sich, sah sich um. Alle Tische waren besetzt. Nun ja, es waren ja auch nur zehn Tische. Interessant: keine Tischdecken, kein Dekoschmarrn. Und ein unkonventionelles Publikum in ihrem Alter. Nose hatte Geschmack – keine Frage.
MARMOLADA
»Na, Mader, ist das nach Ihrem Geschmack?«, fragte Dr. Günther und machte eine ausladende Armbewegung, als gehöre ihm der ganze Laden. Die Meraner Stub’n beim Hofbräuhaus , ein auf Südtirolerisch gebeiztes Edellokal, das sich vordergründig bodenständig gab.
»Wunderbar, so authentisch«, lautete Maders fachkundiges Urteil.
»Warten Sie, ich seh mal nach, ob der Chef da ist.« Günther ging zielstrebig zur Küche.
»Bitte nicht«, murmelte Mader, der nur eins nicht wollte: dass jetzt auch noch ein Promikoch an ihren Tisch kam und ein joviales Schwätzchen mit ihnen hielt: »Mei, die g’rötzten Brenznknödl im Trüffeljus, die müsst’s unbedingt probiern. Da kommt a Spritzerl Cointreau dran. Und Stroh-Rum. Und des wird flambiert. Da haut’s euch die Eier aus der Hosn – so guad is des!«
Mader sah zum Ausgang. Nächster Fluchtpunkt: Odeonsplatz. Zehn Minuten zu Fuß. U 5 – Direktverbindung nach Neuperlach. In zwanzig Minuten daheim.
Wenigstens blieb Bajazzo das erspart. Der war bei Hummel.
Günther kam unverrichteter Dinge, aber bestens gelaunt zurück. »Der Adi ist leider nicht da. Aber ich hab gefragt, was sie heute empfehlen.«
Mader setzte eine erwartungsfrohe Miene auf.
»Schlutzkrapfen in Salbeibutter, dann als Hauptgang ein Milchzicklein mit Graupenfladen an einer Sauce Bormio. Die wird mit Arganöl gemacht – kennen Sie das?«
Mader nickte. »Was Ziegen schmeckt, kann für Menschen nicht verkehrt sein.«
»Mader, ich staune, Sie kennen sich ja aus in der gehobenen
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