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Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)

Titel: Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Samt aussehen, sagt sie. Aber noch berückender in taubenblauer Seide.
     
    *
     
    Schloss Bresnitz, September 1556
     
    Kerzen unterteilten den Speisesaal in verschiedene Areale von Licht und Schatten. Dutzende hatte die Schlossherrin auf den großen silbernen Kandelabern aufstecken lassen, so geschickt platziert, dass die Tafel in warmes Licht getaucht war und besonders anheimelnd wirkte, während die Wandmalereien in geheimnisvollem Dämmer lagen.
    Katharina von Loxan hatte zu Tisch gebeten, und alle waren sie gekommen, die Liebsteins, Schwarzenbergs, Lobkowitz’, Thuns, Kinskys, Rosenbergs – und wie sie noch heißen mochten. Philippine schwirrte der Kopf von den fremden Namen, den Gesichtern und Gerüchen.
    Wie die Mode es vorschrieb, waren die meisten Damen in eine Wolke schwerer Düfte gehüllt, während die meisten der Herren eher nach Pferd und Stall rochen. Auch die Kleidung der Gäste wirkte zwar auf den ersten Blick prunkvoll, zeigte aber, sah man genauer hin, durchaus gewisse Tragespuren, die sich kaum verbergen ließen. Manch einer der Stoffe war dünn geworden oder glänzte abgeschabt. Auch die Schnitte verrieten, dass viele der Gewänder schon einige Jährchen auf dem Buckel hatten.
    Plötzlich wünschte sich Philippine, ein schlichteres Kleid zu tragen, doch der weinrote Samt, der eng an der Taille saß und sich verschwenderisch an den Hüften bauschte, machte sie unweigerlich zum Blickfang des Abends. Katharina hatte darauf bestanden, dass sie ihr Haar in ein golddurchwirktes Netz mit winzigen weißen Perlen einschlug, das die Stirn noch höher wirken ließ. An ihren Ohrläppchen baumelten böhmische Granate, eine Leihgabe der Tante für diesen besonderen Abend, so blutrot wie das Granatband, das ihren Hals schmückte.
    Selbst in raschelnde moosgrüne Seide gewandet, schien sie es zu genießen, wie sehr die Nichte im Mittelpunkt stand, das verrieten die zufriedenen Blicke, die sie ihr immer wieder zuwarf, mehr auf jeden Fall als Philippine selbst, die nur am Wein nippte und die Angst nicht verlor, in der illustren Runde etwas Falsches zu sagen.
    War es anfangs noch ein wenig hölzern, ja geradezu steif zugegangen, so wurde die Stimmung immer gelöster, je mehr von den Köstlichkeiten aufgetragen wurden. Auf gebratene Hühner in verschiedenen Farben, für die unter anderem Petersilie, Nelke und Safran gesorgt hatten, folgten Rühreier mit Majoran, Salbei und Käse sowie Fleischkäs aus Kalbfleisch im Speckmantel.
    Die Wangen der Damen und Herren hatten sich inzwischen gerötet, die Finger glänzten fettig, derart beherzt griffen alle zu, der Wein floss in Strömen.
    Als Küchenmeister Wenzel Husák eine riesige Platte hineintragen ließ, auf der ein Pfau mit Federkleid und Beinen thronte, aus dessen Schnabel eine Flamme schoss, ertönte lebhafter Beifall. Sein zart gegartes Fleisch, das zum Vorschein kam, nachdem die Haut behutsam abgelöst worden war, wurde ebenso hurtig verschlungen wie der darauf folgende Wildpfeffer mit Rotwein, blauen Trauben und Nelkenpulver.
    Herr von Schellenberg, Philippines Tischnachbar, lehnte sich mit wohligem Rülpsen zurück. Den ganzen Abend hatte er sie angestarrt, als sei sie der nächste Gang, den er sich einverleiben wollte.
    »Aber Ihr esst ja fast gar nichts«, sagte er erstaunt, als fielen ihm erst jetzt die kleinen Portionen auf ihrem Teller auf. »Schmeckt Euch denn nicht, was die verehrte Frau Tante servieren lässt?«
    »Ganz im Gegenteil«, versicherte Philippine. »Aber ich bin diese Mengen einfach nicht gewöhnt. Bei uns in Augsburg könnte eine Familie eine Woche damit auskommen – und hätte immer noch genügend Vorrat für die nächste.«
    Er lachte, als habe sie einen köstlichen Witz gerissen, und verschlang sie weiterhin mit seinen Augen.
    Nachdem die Platten abgetragen worden waren, erschienen Agata und Bozena, zwei der jüngsten Mägde, in weißen Gewändern. Jede von ihnen trug einen Korb, in dem blühender Rosmarin lag, den sie vor und zwischen den Tellern der Gäste verteilten.
    Philippine suchte den Blick der Tante, doch die gab nur ein kurzes Nicken von sich, als sei alles in bester Ordnung.
    Dann erhob Katharina ihr Glas.
    »Ein Hauch von Süden auf unserer Tafel«, sagte sie. »Ein kleiner Abgesang auf den Sommer, der uns bald endgültig verlassen wird, ein Dank an die göttliche Aphrodite, deren Zauber in diesem Kraut wirkt und hoffentlich damit in unser aller Leben, denn was wäre unser irdisches Dasein ohne die Himmelsmacht Liebe?

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