Die schöne Philippine Welserin: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman) (German Edition)
jede Seite regelrecht quälen. Und hätte ich nicht diese dicke Grammatik in der einen und jenes halb zerfledderte Wörterbuch in einer anderen Kiste entdeckt, ich hätte sicherlich längst schon aufgeben müssen!«
Katharina begann zu schmunzeln.
»Dabei könntest du es wesentlich einfacher haben«, sagte sie. »Aber meine Lieblingsnichte mag es offenbar besonders kompliziert.«
Worauf genau spielte sie an?
In ihren braunen Augen funkelte der Schalk, aber da war noch etwas anderes, das Philippine nicht zu deuten wusste.
Fragend sah sie sie an.
»Das heißt, dass wir davon auch eine deutsche Übersetzung im Haus haben! ›Das neue Kräuterbuch‹, so lautet der eingängige Titel. Georg hat es in Prag erstanden, zusammen mit einem besonders schönen Bibeldruck. Das Wort Gottes, niedergeschrieben in der Landessprache und damit allen Frommen zugänglich – du weißt ja, dass wir darauf stets großen Wert gelegt haben. Und so will ich es auch nach seinem Tod weiter halten.«
Nicht die erste unverblümte Anspielung auf den Protestantismus, dem sowohl Georg von Loxan als auch seine Frau zugeneigt waren, doch Philippine ging auch dieses Mal nicht weiter darauf ein. Es erschien ihr nicht richtig, sich mit der Tante in religiöse Streitgespräche zu verwickeln.
Nicht für die kurze Zeit, die sie hier zu Gast war.
»Mit einigem Glück kann ich dir sogar auf Anhieb die richtige Kiste zeigen, in der du es findest«, fuhr Katharina fort. Sie lehnte sich zurück, musterte die Nichte. »Dann trittst du also doch ganz in die Fußstapfen deiner Mutter!«
»Scheint so«, sagte Philippine. »Früher haben mir Pflanzen und Kräuter nicht sonderlich viel bedeutet. Oftmals fand ich es sogar lästig, wenn die Mutter mich zum Sammeln schickte oder mir später zeigen wollte, wie man sie bestimmt und wozu man sie einsetzen kann. Inzwischen aber weiß ich, wie viel Gutes man damit tun kann, wenn man diese Kunst beherrscht. Das hat meine Haltung grundlegend verändert.«
»Wie recht du hast – ich wünschte, meine liebe Schwester wäre an meiner Seite gewesen, als Georg so krank wurde! Dann würde er vielleicht noch leben.« Katharinas sonst so beherrschtes Gesicht war plötzlich offen wie eine Wunde. »Der ortsansässige Medicus hat nichts anderes im Repertoire gehabt als Aderlass und Purgieren, was den Kranken immer nur noch schwächer gemacht hat. Eine Lungenentzündung heilt man damit jedenfalls nicht!«
Sie strich sich über das Kleid, als wolle sie etwas wegwischen.
»Der Tod ist stets bei uns, das sollten wir nie vergessen. Im letzten Winter musste ich um meine Kleine bangen, Kathi, die als Hofdame der Prinzessin Barbara in Wien lebt. Mit einem Schnupfen fing es an, dann kam Fieber dazu, schließlich die Halsbräune. Nach Hause holen konnte ich sie nicht, dazu war ihr Zustand zu bedenklich. Was blieb mir anderes übrig, als mich in Schnee und Eis aufzumachen und vor Ort selbst nach dem Rechten zu sehen? Ich kann dir sagen, es gibt kaum einen düstereren und kälteren Ort als diese Wiener Hofburg, wenn die Januarwinde um die Mauern heulen!«
»Inzwischen geht es ihr wieder gut?«
Katharina nickte.
»Sie ist kerngesund und hat sich sogar verlobt, das sehe ich als glückliches Zeichen. Mit Ladislaus von Sternberg, dem Hofkämmerer des Erzherzogs. Ich denke, die Zeiten ihres Wiener Exils sind bald vorbei.« Ein Räuspern. »Du wirst ihn übrigens kennenlernen. Sehr bald sogar.«
»Er kommt uns besuchen?«
»Ich erwarte ihn morgen. Und er kommt nicht allein.«
»Bringt er Kathi mit?«
»Nein, ganz so weit sind die beiden noch nicht«, sagte sie lachend. »Er reitet an der Seite seines Dienstherrn.«
Katharinas Worte hingen eine ganze Weile in der Luft wie überreife Früchte, bis sie sie verstand. Erst als sie schließlich zu Boden fielen und zerplatzten, fand Philippine wieder zurück zur ihrer Sprache.
»Ferdinand kommt – hierher?«
Katharina verzog keine Miene. »So jedenfalls steht es in diesem Schreiben.«
»Aber das ist ja nur noch ein einziger Tag!«, flüsterte Philippine.
»Hast du dir das nicht von ganzem Herzen gewünscht?«, sagte Katharina. »Und mein blühender Rosmarin, über den du erst noch spotten wolltest, hat womöglich auch seinen Teil dazu beigetragen.« Als Philippine etwas darauf erwidern wollte, brachte sie sie mit einer Geste zum Schweigen. »Zur Ablenkung habe ich hier drei Briefe aus der Heimat für dich, Pippa. Scheint, als würden dich alle gründlich vermissen.«
Der erste kam von
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