Die schöne Rächerin
wovon Sie sprechen«, murmelte er. »Verrücktes Weibsstück.«
Rose bohrte ihm einen Finger in die Brust. »Sie sind zur ›Voice of Society‹ gelaufen und haben uns verkauft! Ihretwegen war der Prinzregent in dieser schrecklichen Gefahr!«
Er schlug lahm ihre Hand weg. »Ich habe nichts getan. Sie können mir nichts beweisen.«
»Der Sergeant sagte, Sie seien frühmorgens mit einer Nachricht nach Hause gekommen. Wo waren Sie, Denny?«
Er wich zurück und zog an seiner Weste. »Das ist meine Sache und geht Sie gar nichts an. Man hat mir die Nachricht ausgehändigt, als ich gerade das Haus betreten wollte, genau wie ich es Seiner Lordschaft berichtet habe!«
Rose verschränkte die Arme. »Sie sind ein toter Mann, Denny. Wie konnten Sie nur so dumm sein? Ist Ihnen nicht klar, was passieren wird, sobald ich es ihnen sage?«
Denny erbleichte, reckte aber weiterhin aggressiv das Kinn. »Warum sollten sie Ihnen glauben? Ich arbeite schon seit Jahren für Sir Simon und Mr. Cunnington und Master Collis - Sie sind gerade ein paar Monate hier! Meinen Sie wirklich, die glauben Ihnen mehr als mir?«
Da war etwas dran. Doch Rose schüttelte den Kopf. Nein, sie gehörte jetzt richtig dazu. »Aber sicher, Denny. Ich bin ein Liar.«
Denny stieg die Zornesröte in die Wangen. Er tat Rose fast schon leid. Bis ihr wieder einfiel, wie Collis und George blutend und geschlagen an der Kellermauer gehangen hatten. Dennys Tage waren gezählt. Der Liar’s Club stand auf Seiten des Rechts, doch er scheute nicht davor zurück, das Notwendige zu tun, um seine Deckung zu wahren. »Sie sind zu weit gegangen, Denny.«
Denny strich sich mit zitternder Hand eine rotblonde Strähne aus der Stirn. »Nein, so war das nicht.«
Dalton schob die Liars so schnell es ging zur Tür hinaus. »Kommen Sie, Miss Lacey!«, rief er ihr durch die Halle zu. Rose zögerte. Der Spionagechef hatte jetzt nicht die Zeit, sich mit Denny abzugeben. »Er muss es erfahren, Denny. Vielleicht … vielleicht sagen Sie es ihm lieber selbst … das hilft Ihnen möglicherweise.«
Er rieb die Hände an der Weste. »Glauben Sie?«
Eigentlich nicht, aber sie zuckte die Achseln. »Vielleicht.«
Denny nickte kurz. »Dann mache ich es.« Er linste um sie herum. Dalton wartete ungeduldig. »Wenn das hier vorbei ist.«
Rose zog das Schultertuch fest, legte den Kopf schief und sah ihn warnend an. »Warten Sie nicht zu lange, Denny.« Dann drehte sie sich um. Sie vermied es, Dalton in die Augen zu sehen, als sie zur Tür ging.
Draußen half ihr Feebles mit demselben Respekt, den er ihr gegenüber immer an den Tag gelegt hatte, in die wartende Kutsche, und sie setzte sich zu den drei anderen Liars.
Endlich.
Collis näherte sich, um kurz alleine mit Dalton zu sprechen. Es war sicherlich nicht der richtige Zeitpunkt, doch er versuchte, Daltons kalte missmutige Miene aufzuheitern. Sein brüderlicher Onkel war der einzige Verwandte, den er noch hatte. Collis musste sich Dalton verständlich machen.
Doch bevor Collis noch etwas sagen konnte, fing Dalton an zu reden. »Clara fühlt sich nicht wohl«, sagte er geistesabwesend, während er den Liars zusah, wie sie in die Kutschen stiegen.
27
Collis wollte neben Rose sitzen - verdammt, er fühlte sich wie ein verliebter Schuljunge - aber Rose hatte sich zwischen Kurt und Button gequetscht. Vermutlich eine gute Idee, was die Gewichtsverteilung anging, die beiden kleinsten Liars und der größte.
Unmöglich, auf Button eifersüchtig zu sein. Der »Kostümeur Extraordinär« war eher koboldhaft als vorwitzig. Unmöglich auch, auf Kurt eifersüchtig zu sein, diesen vernarbten Berg von einem Mann - und doch gelang es Collis auf eine eigenartige, lebhafte Weise. Im Augenblick hätte er jeden Schmetterling beneidet, der sich auf ihre Schulter setzte.
Um Himmels willen, konzentrier dich auf deinen Job . Ihn überkam ein Anflug von Stolz. Sein Job . Er hatte in dieser Bande aus Wahnsinnigen seinen Platz gefunden. Einen verdienten Platz.
Er sah Rose an, seine Partnerin und Geliebte, und dann den sonderbaren Haufen seiner Kameraden. Zum ersten Mal seit langer Zeit war seine Welt in Ordnung. Er und die Liars würden dieses Schiff aufhalten, die Karabiner beschlagnahmen und den namenlosen, gesichtslosen Soldaten, die für England kämpften, blieb ein entsetzlicher Horror erspart.
Ja, bei Gott, er und Rose hatten sich diesen Platz verdient.
Ein Weile lang riss ihn das Jagdfieber mit. Dann, nach einer Stunde, wurde die Enge in der Kutsche
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