Die schöne Schwindlerin
er ihr die Schuld an ihrer misslichen Lage geben. Loyale Clara.
Einer seiner Mundwinkel zuckte. »Lass mich raten. Du bist vom Dach gefallen und zufällig hier gelandet.«
»Nein«, sagte der blonde Mann, der Clara fest an sich drückte, und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, um Dalton genauer zu betrachten. »Ich hab sie hierher gesetzt, und da bleibt sie auch, zumindest für den Augenblick.«
Dalton beäugte den Mann, den er von den Anschlägen auf sein Leben kannte. »Wer zur Hölle sind Sie?«
Clara japste und schaute zwischen den beiden Männern hin und her. »Du kennst ihn nicht?« Der blonde Mann umarmte sie nur noch fester und sah Dalton weiter unverwandt an.
Dalton schüttelte den Kopf, aber James Cunnington nickte. »Aber ich kenne ihn. Nate Stonewell. Habe ihn seit Jahren nicht mehr gesehen.«
Dalton zuckte zusammen. Nate Stonewell? Ach. Die Puzzleteile fügten sich zusammen. Randolph Stonewell, der als der Alte Mann bekannt war, war vor Simon der Spionagechef des Liar’s Club gewesen. Nate Stonewell musste sein missratener Sohn sein.
Der Mann zog eine Augenbraue hoch. »Ich bin dieser Tage als Lord Reardon bekannt.«
»Sie sehen ja so überrascht aus, Etheridge.« Wadsworths freundliche Stimme kam von der Tür. »Ich wusste seit Jahren von Nathaniels Verbindung zu diesen ekelhaften Spionen. Warum sonst hätten wir ihn für die Ritter der Lilie rekrutiert?«
James wandte sich an Wadsworth.
»Sie
haben ihn rekrutiert?«
Wadsworth löste sich vom Türstock, schlenderte in das Zimmer und stellte sich direkt hinter Nate Stockwells Stuhl. »Es ist Ihnen doch sicher aufgefallen, dass er weit jünger ist als der Rest von uns. Er war doch gerade mal ein Kind, als unsere Organisation zerschlagen wurde.«
Ja, Dalton erinnerte sich. Nate Stockwell war damals noch ein Kind gewesen. Das Kind, das Simon Raines vor so vielen Jahren vor einer Entführung bewahrt hatte. Der Sohn, der den Vater und alles, wofür der Alte Mann gestanden hatte, abgelehnt hatte. Der früh sein Zuhause verlassen hatte, um auf dem Kontinent zu studieren. Der seinen Titel und sein Vermögen von einem Onkel geerbt hatte, und der sich dazu entschlossen hatte, seine Privilegien schamlos auszukosten, ohne je an seine Pflichten zu denken.
Lord Reardon war genau das, was aus Dalton hätte werden können, hätte es nicht Liverpools harte Hand gegeben – ein leichtsinniges, leicht zu manipulierendes Werkzeug für jeden Hochverräter.
Reardon beäugte Dalton neugierig. »Und Sie sind Lord Etheridge, der neue Boss dieser Bande von Außenseitern, auch als Liar’s Club bekannt.«
James schüttelte sorgenvoll den Kopf. »Oh, Nate. Du hast es einfach nicht begriffen, oder?«
»Was begriffen? Dass mein Vater jeden von euch dem eigenen Sohn vorgezogen hat?« Reardon erhob sich, lüpfte Clara von seinem Schoß und stellte sie seitlich ab.
Dalton begutachtete sie schnell. Sie war blass und offenkundig sehr verwirrt, schien ansonsten aber gut beisammen zu sein. Sie hob die großen fragenden Augen, aber Dalton konnte nur ein klein wenig den Kopf schütteln. Sie bückte sich hastig und griff nach der Decke, die zu Boden gefallen war, wobei es ihr gelang, sich ihm zwei Schritte zu nähern.
Kluge Clara.
Nathaniel bewegte sich wütend zum Kamin, stützte die Faust an den Sims und starrte in die Kohlen. »Und dann, um das Ganze noch schlimmer zu machen, ist Simon Raines aufgetaucht. Ein Straßenjunge, ein kleiner zerlumpter Bettler.
Simon.
›Mein Projekts hat mein Vater ihn genannt. Er hat ihn gewaschen, ihn ausgebildet und schon fast jeden Tag an seiner Arbeit teilhaben lassen. Ich andererseits sollte mich allein um meine Studien kümmern und der typische junge Gentleman werden, der all die nutzlosen Dinge tut, die diese Burschen eben tun. Ich hatte einen Titel zu erwarten, wie Sie wissen. Der Bruder meiner Mutter war ein Lord. Er hatte keinen Erben und auch nicht die Absicht, einen zu zeugen. Ich bin von Kindsbeinen an darauf gedrillt worden, den Platz meines Onkels einzunehmen. Ich habe mich manchmal gefühlt, als solle ich gegen diesen Titel eingetauscht werden.«
Clara tat einen weiteren Schritt in Daltons Richtung, während sie sich die Decke um die Schultern legte. Dalton konnte sie kaum noch sehen, ohne den Kopf zu wenden, was er aber nicht wagte, um die anderen nicht auf ihre Aktionen aufmerksam zu machen.
Reardon löste sich aus seiner tragischen Pose am Kamin, um, wie Dalton vermutete, in vier mitleidlose Gesichter zu sehen.
Reardon
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