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Die schöne Spionin

Die schöne Spionin

Titel: Die schöne Spionin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Celeste Bradley
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Hand.
    Sie waren an einem toten Punkt angelangt. Die Morgendämmerung stand kurz bevor, was die Suche um vieles einfacher machen würde, aber sie hatten in der verwobenen Unterwelt der Docklands die Witterung verloren. Allein auf diesem Abschnitt der Themse lagen Hunderte von Schiffen, und ihnen war noch kein einziger hilfsbereiter Matrose begegnet.
    »S-Sir? Sie suchen nach einer Lady?« Die piepsige Stimme kam von links aus der Dunkelheit. Er drehte sich um und spähte in die Schatten. »Wer ist da?«
    Eine Gestalt trat vor, und Simon war einen Moment lang sicher, dass es sich um eine Erscheinung handeln musste, denn auch im vollen Licht seiner Laterne war das Wesen schwarz wie die Nacht. Dann zwinkerten ihn verängstigte blaue Augen aus einem rußgeschwärzten Gesicht an.
    Die doppelte Vertrautheit traf ihn wie ein Schlag. »Du bist der kleine Kaminkehrer vom Covent Garden, nicht wahr?«
    »Ja, Mylord.« Die kindliche Stimme zitterte, und Simon begriff, dass sie wie eine Bande furchterregender Banditen wirken mussten. Kurt allein hätte gereicht, jedes Kind davonlaufen zu lassen.
    Simon schüttelte den Kopf und ging in die Knie, um dem Jungen in die Augen sehen zu können. »Ich bin kein Lord, Junge. Ich bin zum Glockenschlag von St. Mary le Bow groß geworden, genau wie du«, sagte er sanft.
    Das Kind blinzelte Simons Kleider an. »Sie, Sir? Sie sind ein Cockney?«
    »Das bin ich. Und du weißt doch, dass du von deinen eigenen Leuten nichts zu fürchten hast, nicht wahr?«
    Das Kind nickte langsam.
    Einer der Männer schnaubte ungeduldig, aber Simon wedelte nur mit der Hand und brachte ihn zum Schweigen, ohne sich von dem Jungen abzuwenden. »Jetzt erzähl mir, was du über die Lady weißt.«
    »Ich hab sie am Covent Garden in ner Kutsche fahren sehen. Sie hat zum Fenster rausgeschaut und so traurig ausgesehen, dass ich ihr den ganzen Weg hierher gefolgt bin. Ich weiß auch nicht, warum. Ich wollte nur helfen, wenn ich könnte.«
    Der Junge sah Simon an, als suche er nach einer Erklärung. Simon nickte nur. »Ja, ich weiß genau, was du meinst.«
    »Dann hab ich es gesehen.« Das schmutzige Gesichtchen verzog sich. »Jemand hat sie geschlagen, dass sie auf den Boden ist.«
    Ein paar der Männer grummelten, und der Junge nickte wütend, wagte in seiner Entrüstung mehr. »Genau! Sie ist nich mehr hochgekommen, jedenfalls hab ich’s nich gesehen. Da hab ich gewusst, dass was nicht stimmt.«
    »Und du bist dem Wagen gefolgt?« Der Junge nickte. »Den ganzen Weg vom Covent Garden?«
    Das Kind nickte wieder. Es war eine erstaunliche Reise für einen so kleinen Burschen, der sein eigenes Viertel vermutlich noch nie verlassen hatte.
    Simon war beeindruckt. »Wie heißt du, Junge?«
    »Robbie, Sir.«
    »Du bist ein guter Mann, Robbie.«
    »Ich bin erst zehn, Sir.«
    Wenn dem so war, dann war er sehr klein für einen Zehnjährigen. Wie Pflanzen, denen es an Licht und Erde mangelte, gediehen Kinder im Ruß und Stein der Slums nicht gut.
    »Moment. Soll das heißen, der kleine Lümmel ist hierher gelaufen?« Kurt schob sich vor und baute sich vor dem Jungen auf.
    Die Kinderaugen weiteten sich vor Angst, und Robbie schaute hilfesuchend nach Simon. Simon lächelte. »Du brauchst keine Angst vor ihm zu haben, Junge. Er sieht böse aus, aber er macht das beste Trifle auf der ganzen Welt.«
    »Trifle?« Die Erinnerung an vergangenes Vergnügen wischte die Furcht aus Robbies Gesicht. »Das hab ich einmal probiert.«
    »Einmal?«, tönte Kurt. »Ein so tapferer Kerl hätt verdient, jeden Sonntag Trifle zu essen!«
    Aus der Verwirrung in seinem kleinen Gesicht zu schließen, lagen solche Freuden außerhalb seiner Vorstellungskraft. Aber er beäugte Kurt mittlerweile fast schon ehrfürchtig. Simon erinnerte ihn vorsichtig an ihr eigentliches Thema.
    »Du bist ihnen also gefolgt«, spornte er ihn an.
    »Ja, Mylo… ja, Sir. Ich bin ein-, zweimal hinten auf nem Karren mitgefahren, wenn sie mir zu schnell gefahren sind. Als sie hier angekommen sind, haben sie etwas aus der Kutsche gehoben, das ganz eingepackt war. Ich denk, das war Ihre Lady.« Er zwinkerte hastig. »Sie hat sich überhaupt nicht bewegt, Sir. Nicht ein bisschen.«
    Simon kämpfte mit purer Willenskraft seine wachsende Angst nieder. »Weißt du, wohin sie sie gebracht haben?«
    Robbie schüttelte den Kopf, und Simon sank der Mut. Dann sagte der Junge: »Aber ich weiß, wer sie aus der Kutsche geholt hat. Dobb, haben sie zu ihm gesagt. Er ist da unten.« Er zeigte auf

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