Die schöne Spionin
hin und pochte zweimal mit der Faust gegen das Dach, um dem Kutscher zu signalisieren, dass sie fahrbereit waren. Sein Verstand kreiste ausschließlich um das köstliche kleine Problem, das ihm gegenübersaß.
Agatha musste von jetzt an mit höchster Vorsicht behandelt werden. Sie war offenkundig wütend auf ihn. Das sah man an ihrem strahlenden Lächeln…
Simon sah nochmal hin. Ja, sie lächelte ihn freudig an, als sei er die Antwort auf alle ihre Gebete.
Oh, zur Hölle! Das konnte nichts Gutes bedeuten.
»Ich werde es nicht tun.«
Ihr Lächeln wurde nur noch breiter. »Oh, doch, das glaube ich schon.«
»Ich mache es nicht.«
»Du weißt doch noch gar nicht, worum es sich handelt.«
»Wenn es so schlimm ist, dass du charmant zu mir bist, anstatt zu toben, dann ist es etwas, bei dem ich nicht mitmachen möchte.«
»Bitte spiel mir nicht den rechtschaffenen, schlichten Ehrenmann vor, Simon. Wenn ich wollte, könnte ich dich auf der Stelle den Behörden überstellen. Du hast gerade Lord Winchells Safe und Lord Winchells Frau auseinander genommen.«
Das ließ sich nicht bestreiten. Verdammt. Simon, der Kaminkehrer, war von eigener Hand gestorben. Zeit, dass Simon, der Meisterdieb, auf den Plan trat.
»Ja, da hast du Recht. Ich bin kein Ehrenmann. Ich bin ein Mann für gute Gelegenheiten.«
Sie zog die Augen zusammen. »Die ich dir verschafft habe, zehnfach. Ohne den Unterricht, den ich dir gegeben habe, hättest du zu einem Haus wie dem der Winchells nie freien Zugang bekommen.«
Du hast mich benutzt.
Sie musste es nicht laut sagen. Der Vorwurf war ihrem plötzlich ernsten Gesicht deutlich anzusehen.
Er konnte die Beschuldigung schlecht entkräften, ohne weit schlimmere Vergehen einzugestehen. Wenn sie erfuhr, dass die letzte Woche nur eine Farce gewesen war, war das Ausmaß ihrer Empörung nicht mehr absehbar.
Wenn es eines gab, das Simon über Frauen wusste, dann, dass sie allesamt gegen Lügner allergisch waren, selbst dann, wenn sie selbst gelegentlich die Unwahrheit sagten.
Es war an der Zeit, Agatha in sichere Gefilde zu steuern.
»Was genau hast du vor?«, fragte er und wusste, dass er es bald bereuen würde.
»Ich möchte, dass du es nochmal machst.« Sie wies mit der Hand auf das Haus der Winchells hinter ihnen.
»Du möchtest, dass ich Lord Winchells Safe… noch einmal auseinander nehme?«
»Nicht Lord Winchells Safe und Lord Winchells Frau auch nicht.«
Hörte er da ein besitzergreifendes Knurren heraus? Oh, ja. Wie erfreulich. Aber das gehörte jetzt nicht hierher.
»Ich arrangiere, dass man mich in ein bestimmtes Haus einlädt, und du wirst mich als Mortimer begleiten, so wie heute Abend. Aber irgendwelche Übeltaten erfolgen einzig auf meine Anweisung.« Sie bedachte ihn mit einem strengen Blick, der auf ihrem süßen rundlichen Gesicht erstaunlich beeindruckend wirkte.
»Und wessen Safe soll ich dann knacken?«
»Lord Etheridges Safe.«
»Warum willst du Lord Etheridge bestehlen?«
»Ich will ihn nicht bestehlen. Allein schon der Gedanke!« Sie schaffte es doch tatsächlich, beleidigt auszusehen. »Ich denke, es schadet nichts, wenn ich es dir sage. Es ist ja schließlich nicht so, dass du gleich zu den Behörden läufst. Ich möchte nur wissen, in welcher Verbindung er zu Jamie steht.«
»Ich bitte um Vergebung. Ich kann dir schon wieder nicht ganz folgen.«
»Dann gewöhn dir bitte an, dich zu konzentrieren. Ich suche nach dem Griffin. Lord Etheridge unterhält ein Haus, das er kaum je benutzt. Er kommt und geht, keiner weiß wohin. Er geht gesellschaftlichen Veranstaltungen aus dem Weg und trifft nur wenige ausgesuchte Freunde, die allesamt Regierungsposten innehaben. Er kommt offenkundig in Frage.« Sie setzte sich mit selbstgefälligem Gesichtsausdruck zurück.
»Verflucht!« Er war fassungslos. Lord Etheridge
kam
in Frage. Schließlich stand der Mann – neben anderen – auch auf Simons Liste. Hätte es seinem Team nicht an Personal gemangelt, Etheridge wäre längst gründlicher durchleuchtet worden.
Es hatte seine Zeit gedauert, bevor seine eigenen Quellen Etheridge bei verdächtigen Aktivitäten ertappt hatten.
Verdammt, sie war wirklich gut.
Sie taxierte ihn, als sei sie unsicher, wie viel er zu wissen brauchte. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte ihn das amüsiert, aber im Moment war er zu beschäftigt, sich darüber zu wundern, wie sie in einer Nacht herausgefunden hatte, wozu seine Männer Wochen gebraucht hatten.
»Wenn es sich bei diesem Mann um den
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