Die schöne Spionin
endgültig zu.
Agatha drückte das Gesicht an seine nackte Brust und konnte sich das Lachen anscheinend nicht verkneifen. Zumindest hielt Simon es für Gelächter. Er selbst war gleichfalls ein wenig aufgedreht.
Doch als Agatha sich von ihm löste, sah er in ihren zornigen Augen nur Tadel.
»Du bist ein Dieb! Ein ganz gewöhnlicher Dieb!«
»Agatha, wir haben nur ein paar Minuten. Können wir das auf später verschieben?«
»Nein, ich würde das am liebsten gleich erledigen. Wie konntest du mein Vorhaben derart gefährden? Sie hätten mich zurückschicken können…« Sie verstummte mit offenem Mund.
Simon platzte vor Neugier. »Wohin? Wohin hätte sie dich zurückschicken können?«
Sie klappte den Mund zu. »Das geht dich nichts an. Was machen wir jetzt mit Lady Winchell? Wir können sie doch nicht so liegen lassen… Was hast du mit ihr gemacht?«
»Ich? Überhaupt nichts. Sie hat einfach zu viel Brandy getrunken.«
»Brandy schmilzt einem die Kleider vom Leib, oder wie?«
Simon lachte trotz des vorwurfsvollen Blicks und nickte. »Es soll gelegentlich schon vorgekommen sein.«
»Wir können sie nicht hier lassen. Winchell wird klar werden, dass sie die ganze Zeit über hier war, und dann habe ich dich umsonst geküsst.«
Simon fuhr hoch. »Verzeihung, ich wusste nicht, dass es ein solches Opfer war.«
»Oh, du weißt genau, was ich meine. Nimm sie bei den Armen.«
Gemeinsam brachten sie Lavinia zum Stehen, sofern man ein Schwanken, das an einen schlecht gesetzten Maibaum erinnerte, stehen nennen konnte. Ihr Kopf hing auf die Schulter wie bei einer Toten, und Simon fragte sich geistesabwesend, ob sie sich mit ihrer Gier umgebracht hatte.
So oder so, ihm war das eigentlich egal, nur dass ihr Ehemann äußerst ungemütlich werden würde, wenn er sie bei seiner Rückkehr so vorfand.
»Nebenan ist ein unbeleuchteter Salon. Du hältst sie fest -nein, ich halte sie fest – und du schaust im Gang nach.«
Simon übergab Agatha seinen Anteil an Lavinia und gehorchte widerspruchslos, während er über die Ereignisse der letzten Minuten nachdachte.
Agatha war recht professionell. Kalt wie Meerwasser. Simon rief sich ins Gedächtnis, dass er es mit einer Frau zu tun hatte, die vermutlich schon einiges gesehen und einiges mitgemacht hatte.
Vor allem aber hatte sie zugegeben, dass sie ein Vorhaben verfolgte, bei dem es vielleicht um mehr ging, als nur den Geliebten zu finden.
Wohin lief sie Gefahr geschickt zu werden? Ins Gefängnis? In die Kolonien?
Im Gang war niemand zu sehen, und es gelang ihnen, Lavinia in den Salon zu schaffen und sie so zu arrangieren, als habe sie alleine getrunken.
Simon legte die Karaffe und das Glas unordentlich neben ihre Füße, während Agatha ihr Bestes tat, das zerrissene Oberteil der Dame zu reparieren.
»Ich nehme an, das hat sie auch selbst getan?« Agatha warf ihm einen giftigen Blick zu, während sie das Schlimmste mit ihrem eigenen Spitzenschal kaschierte.
»Aber natürlich.« Simon zwinkerte sie unschuldig an, während er sich wieder herrichtete. Er vermisste einen Manschettenknopf. Also gut, dann musste er die Manschette eben in den Ärmel schieben und hoffen…
Der verlorene Manschettenknopf blitzte direkt unter seiner Nase auf Agathas rosa Handfläche.
»Ich glaube, du hast das hier verloren. Draußen auf dem Gang.«
»Ah, ich habe mich schon gefragt, wie du mich gefunden hast. Das war schnell kombiniert.«
»Das war unglaublich dreist«, schnappte sie zurück.
Sie sah sich ein letztes Mal im dunklen Salon um und warf einen Blick auf die Uhr am Kamin. »Dreieinhalb Minuten. Genug Zeit, mir deine Erklärung anzuhören.«
»Nicht wirklich. Ich war da drüben noch nicht fertig.«
Agatha wurde aschfahl. »Das wagst du nicht!«
Mit einem Zwinkern und einem Tippen an den imaginären Hut, wagte er es. Sie lief ihm nach, zog ihn am Arm, weg von der Tür zu Winchells Arbeitszimmer. »Tu das nicht, Simon. Du darfst das nicht tun.«
»Ich brauche nicht lang, Liebes. Du stellst dich hier hin und klopfst an die Tür, falls Winchell früher zurückkommt.«
»Ich werde dir nicht noch dabei helfen. Du gehst nicht zurück in das Zimmer…«
Simon machte von innen die Tür zu und ließ sie vor Wut rauchend draußen stehen.
Agatha drehte sich schnell zum Gang um und lehnte sich lässig an die Tür. Innerlich war sie alles andere als gelassen.
Ihr Herz hämmerte wie das eines Rennpferdes, und sie wusste, es war nicht nur wegen der Frist. Simons Lippen zu spüren, war
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