Die schöne Spionin
Griffin handelt, dann hatte er Kontakt zu Jamie. Lord Etheridge weiß vermutlich sogar, wo Jamie gerade ist.«
Sie irrte sich. Irrte sich, was den Griff in betraf und was James betraf. Unglücklicherweise konnte er das nicht sagen. Er konnte nur versuchen, ihr dieses unfassbar gefährliche Vorhaben auszureden.
Falls ihm das nicht gelang, lief sie Gefahr, dass ihre hübsche Leiche, in einen Sack voller Ziegel verschnürt, in der Themse landete.
Agatha wartete, aber Simon sagte nichts, sondern beobachtete sie nur im trüben Licht der Laternen, die außen an der Kutsche hingen. Agatha war plötzlich sehr müde.
Der Lügen müde, der zermürbenden Sorgen um Jamie müde, des Tanzens mit Männern müde, die ihr ständig auf die Zehen traten.
Nun, zumindest gegen Letzteres ließ sich etwas tun. Sie bückte sich, zog die seidenen Schuhe aus und nahm ihre Zehen in die Hände. Sie rieb sie sanft und seufzte erleichtert.
Ihre Füße fühlten sich wie zertrampelte Weintrauben an, so viele Männer, wie ihr heute Abend auf die Zehen gestiegen waren, vom General bis zum Lord. Schade, dass Simon nicht darunter gewesen war. Mit ihm hatte man wenigstens Spaß, während er einem die Zehen in Mus verwandelte.
Ein Ballsaal war der unpassendste Ort für Seidenschuhe. Auf einer Tanzfläche trug man besser die robusten Arbeitsschuhe einer Bauersfrau.
Sie lachte bei der Vorstellung. Ob das Gerede gegeben hätte? Grüner Satin und genagelte Stiefel. Sie sah zu Simon auf, um ihn an dem Witz teilhaben zu lassen, doch das animalische Funkeln in seinen Augen ließ sie erstarren.
Simon stand in Flammen. Reizte sie ihn absichtlich? Wusste sie, dass er ihren ganzen Busen sehen konnte, wenn sie sich so nach vorn beugte?
Der Funke, den ihr offenherziges Kleid und ihr geistesgegenwärtiger Kuss entzündet hatten, entfachte ein glühendes Inferno. Er konnte kaum noch denken, so dröhnten seine Ohren.
»Wo ist dein Spitzenschal?« Gott, war das seine Stimme? Er hörte sich heiser und gefährlich an, sogar für sich selbst.
»In Lady Winchells Mieder.«
Ihr Spitzenschal… sie hatten ihn zurückgelassen. Ein kleiner Bruchteil seines Hirns sorgte sich wegen des verräterischen Beweisstücks, aber der weitaus größere Teil ließ ihn die kleine Scharade neu durchleben.
Nur dass sich diesmal nicht Lavinias ausgemergelter Körper seiner Dienste erfreute. Nein, er erwies sie Agathas üppigen Formen. Der nasse, warme Pinsel… malte Muster, die ihre Kurven zur Geltung brachten.
Agatha reif und prachtvoll, nackt und willig wie eine primitive Göttin zur Anbetung bemalt…
»Also, machst du es?«
Sie beugte sich vor, und Simon sah den rosigen Hof eines Nippels sich über den Stoff drängen. Ihr Mieder war noch von vorhin verrutscht. Seine Hitzigkeit geriet außer Kontrolle.
»Oh, jaaa…«
Als sie sich aufsetzte und begeistert in die Hände klatschte, wurde ihm bewusst, dass er laut gedacht hatte.
Ein Kübel voller eiskalter Realität löschte die pochende Lust.
Oh, zur Hölle, verdammt!
Sie hatte es schon wieder geschafft.
Purer Hass kämpfte mit blinder Lust und gewann. Er konnte sehen, wer sie wirklich war, eine Spielerin, eine Frau ohne Tugend und Moral, nur dass sie eine sehr, sehr gute Lügnerin war.
Sie hatte ihn mit ihrem schönen Körper zweimal über den Tisch gezogen, ihn zu ihrem willenlosen Werkzeug gemacht. Sie hatte ihm seine viel gerühmte Selbstbeherrschung geraubt, und er hätte sie am liebsten dafür umgebracht.
Wieder fragte er sich, was er da eigentlich versprochen hatte. Es mit Lord Etheridges Safe aufzunehmen, aber nur, wenn Agatha sie beide ins Haus brachte.
Da der fragliche Gentleman keiner von der geselligen Sorte war, genau genommen war er fast ein Einsiedler, war der Fall so unwahrscheinlich wie Agathas Finte mit der möglichen Eheschließung. Es würde vermutlich nie dazu kommen, also schadete es auch keinem.
Er unterbrach seine Überlegungen, um der fröhlich plappernden Agatha etwas zu zubrummen, doch ihren abwegigen Vorschlägen, wie Lord Etheridge dazu zu bringen sei, sie in seine nicht existierenden gesellschaftlichen Aktivitäten einzubinden, hörte er nicht zu.
Nein, Simons Überlegungen gingen in eine völlig andere Richtung. Etheridge war in der Tat ein rätselhafter Mann. Vielleicht wirklich ein Spion? Möglich war es.
Nur spionierte der einsiedlerische Bursche nicht für die Krone.
Simon hätte es gewusst, wenn dem so wäre, aber das konnte er Agatha kaum mitteilen.
Sie hätte ihm ohnehin
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