Die schöne Spionin
hat.«
Simons fast sichere Überzeugung wich dem Zweifel, als er den alten Freund betrachtete. Seine Stimme war ernst, aber ohne jeden Anflug von Zorn. »Ren Porter kämpft mit dem Tod. Nur du kannst den Franzosen die Informationen gegeben haben, die seine Tarnung haben auffliegen lassen.«
James zuckte zusammen. Als habe Simon ihn geschlagen. Schuldgefühle verzerrten die ausgemergelten Gesichtszüge. »O Gott, Simon. Ich wünschte, sie hätten mich auf der Stelle umgebracht«, flüsterte er.
Sein Entsetzen schien echt zu sein, und seine körperliche Verfassung untermauerte seine Geschichte ohnehin.
James war unschuldig.
Als er begriff, dass er keine Schritte gegen James zu unternehmen brauchte, überkam Simon eine Woge der Erleichterung. Doch jetzt stellte sich ein anderes Problem. Was sollte er mit ihm tun?
Sogar Simon musste sich vor jemandem rechtfertigen. Die Royal Four würde es nicht interessieren, was Simons Instinkt ihm sagte. Sie würden handfeste Beweise fordern. »Sie werden deine Geschichte überprüfen, James. Bis dahin bleibt dein Hausarrest bestehen. Es tut mir Leid, solange deine Unschuld nicht erwiesen ist, kann ich dir deine Freiheit nicht zurückgeben.«
James nickte langsam. »Ich habe es nicht besser verdient. Und das hier ist schon eine Verbesserung, verglichen mit meinem letzten Gefängnis. Ich werde die nächste Zeit ohnehin nicht gut auf den Beinen sein.«
Er sank auf das Kissen zurück, der Blick gequält, dem Schuldgefühl und der Trauer ergeben.
Simon wandte sich Agatha zu. Die Erklärung, die er jetzt ab-geben musste, war kein Grund zur Freude. Er nahm sie bei der Hand und geleitete sie aus dem Salon. Sie folgte ihm und blieb in der kalten Eingangshalle stehen, die Arme fest um den dünnen Morgenmantel gelegt. Ihre Augen waren groß und verstört. Sie wartete in einer Mischung aus Hoffnung und Angst, dass er zu sprechen anfing, so als wisse sie nicht, ob sie die Wahrheit hören wollte oder nicht.
Simon wollte sie an sich ziehen und sie wärmen. Er tat es nicht. »Ich bin hergekommen, um ihn zu finden und habe dich gefunden. Ich dachte, du seist seine Geliebte und wüsstest mehr, als du zugeben wolltest. Ich habe mich sogar gefragt, ob du gleichfalls eine Kollaborateurin bist.«
Sie wurde immer blasser, während er sprach. »Und was war in den letzten Wochen?«
»Deine List mit unserer Ehe… war meiner Suche förderlich. Ich dachte, ich könnte etwas finden, irgendwelche Dokumente oder Briefe, die mich zu James führen.«
Sie befeuchtete die Lippen. »Und heute Nacht?«
Simon wollte lügen, ihr sagen, dass die heutige Nacht nichts mit dem Fall zu tun hatte. Aber die Zeit für Lügen war vorbei.
»Ich hatte beschlossen, dir die Wahrheit zu entlocken, indem ich dich verführe. Aber dann…« Simon verstummte. Was dann? Dann hatte er seine Meinung geändert? Dann hatte er sie um seiner selbst willen verführt?
Es spielte keine Rolle. Sie war die Schwester eines Gentleman, eine Lady, und sie stand weit über Leuten wie ihm.
Und er war ein Spion, eine Gefahr für jeden, den zu mögen er dumm genug war.
Agatha hatte sich nicht von der Stelle gerührt, aber sie war plötzlich meilenweit entfernt. Sie reckte das Kinn und begegnete seinem Blick mit stoischer Haltung.
»Ich verstehe. Du hast einfach nur deine Pflicht getan.«
Sie drehte sich um und ging langsam zur Haustür. »Pearson«, rief sie. »Bitte helfen Sie Mr Rain in den Mantel. Er möchte unverzüglich gehen.«
Dann machte sie die Tür auf, und ließ die kalte Luft herein, die Simon bis ins Mark frieren ließ.
»Leben Sie wohl, Mr Rain.«
Sie war kalt wie ein winterlicher Graupelschauer. Ihr eisiges Benehmen ließ Simon vor Bedauern erzittern. Es war sein eigener dummer Fehler. Er hatte versucht, sich ihre Wärme zu stehlen, und nun hatten sie beide sie verloren.
Sie ließ die Haustür offen stehen. Pearson erschien mit Simons Mantel. Agatha drehte sich mit wortloser Würde um, ging in den Salon zurück und machte die Tür zwischen ihnen zu.
Simon verließ das Haus am Carriage Square, eilte die Treppe hinunter und machte sich automatisch auf den Weg.
Er sah nichts von der nächtlichen Straße, nicht das Licht der Laternen, das den Nebel zum Leuchten brachte und auch sonst nichts, nur den eisigen, gekränkten Ausdruck in Agathas Augen.
Das Ausmaß seines Bedauerns und der schier monumentale Fehler, der ihm während der letzten Wochen unterlaufen war, erschütterten ihn gleichermaßen.
Er hatte sich in allem
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