Die schöne Spionin
Agatha verspürte den nächsten bitteren Anflug von Reue. Diese Lügen machten sie langsam krank.
Aber sie musste einen weiteren ruchlosen Akt begehen. Sie musste Simon ein zweites Mal verführen.
Kapitel 19
Oben im ersten Stock entlockte Simon James so viele Informationen, wie nur möglich. Er ließ James die Geschichte wieder und wieder erzählen, von Anfang bis Ende, vom Ende bis zum Anfang.
James war mit dieser Art der Befragung vertraut, doch langsam zeigte er sichere Anzeichen von Erschöpfung. Von seinem Platz am Feuer konnte Simon sehen, wie blass James in den Kissen lag.
»Ich weiß es nicht, Simon! Ich kann mich nicht erinnern, welche Namen ich noch erwähnt habe, ich kann mich überhaupt nicht erinnern, irgendwelche Namen erwähnt zu haben.«
»Denk nach, James! Ich kann keine Männer mehr losschicken, solange ich nicht weiß, in welchem Ausmaß die Liars verraten worden sind.«
Es klopfte an der Tür, und Agatha kam mit einem Teetablett herein. »Für heute sind alle Besucherinnen fort. Ich dachte, ihr möchtet vielleicht etwas zu essen.«
Sie begutachtete James ernst, Simon würdigte sie keines Blickes. Seltsam, er hatte gedacht, sie hätten die Spannung heute Morgen ein wenig abgebaut.
»Tut mir Leid, Aggie. Aber wir haben keine Zeit zum Essen. Es sei denn, Seine Großmächtigkeit erlaubt es?«
»Sei nicht so zynisch, James. Simon gefällt das hier genauso wenig wie dir.« Sie stellte das Tablett quer über Jamies Schoß.
Simon stellte erfreut fest, dass zwei Teetassen darauf standen und so viel von Sarahs Köstlichkeiten, dass es für sie beide reichte. Es tröstete ihn ein wenig, dass Agatha nicht vorhatte, ihn verhungern zu lassen.
James nahm die Tasse auf, nachdem Agatha ihm eingegossen hatte. »Aggie, ich möchte eine Zeit lang an etwas anderes denken. Sag doch, was gibt es Neues auf Appleby?«
»Nun, die Schafe haben dieses Jahr gut geworfen, und für die, die wir auf dem Fleischmarkt verkauft haben, haben wir Spitzenpreise erzielt. Das Scheren ist ohne Zwischenfälle verlaufen, und die Wolle wird derzeit in Ballen verpackt.« Sie machte es sich neben James bequem und verschränkte die Hände über dem Knie. »Wir hatten dieses Jahr fast keine Frostschäden in den Obstgärten, weshalb ich auf eine gute Ernte hoffen kann…«
Jamie grinste und stupste sie mit dem Finger an den Arm. »Du hörst dich an, als ob du das Anwesen leiten würdest und nicht Mr Mott«, neckte er sie.
Agatha sah ihren Bruder sonderbar an. »Mr Mott ist ein Jahr vor Papa gestorben. Hat Papa dir das nicht erzählt?«
James schüttelte offenkundig verwirrt den Kopf. »Nein, das hat er nie erwähnt. Und wer leitet Appleby jetzt?«
Agatha zog die Brauen zusammen. »Wie… ich natürlich. Ich habe dir doch regelmäßig berichtet.«
James erbleichte. »Ich dachte, du wolltest mich nur auf dem Laufenden halten. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, dass du Gutsverwalterin spielst.«
»Spielst?« Agatha stand auf, und ihr Tonfall war eiskalt. »Gutsverwalterin
spielen
, sagst du? Weißt du, ich führe Appleby jetzt seit fast vier Jahren vollkommen selbständig.«
Simon straffte sich.
Nein, James, sag es nicht.
James sagte es. »Du lieber Gott. Hast du mir noch irgendwas übrig gelassen?«
Agatha zuckte zusammen. Simon wusste, James hätte sie nicht schwerer verletzten können, wenn er sie geschlagen hätte.
»Sobald auch die neuen Bäume tragen, wirst du dreimal so viel Land unter Bewirtschaftung haben wie vorher. Deine Herden haben sich von Jahr zu Jahr annähernd verdoppelt. Deine Cottages sind in exzellentem Zustand, und dein Haus wird gut geführt. Ich wünsche dir an alledem viel Vergnügen.«
Den Rücken kerzengerade, drehte sie sich um und verließ das Zimmer. James starrte ihr hinterher, und Simon sah ihn kopfschüttelnd an.
»Ich wage zu behaupten, schlimmer hättest du es nicht machen können.«
James stieß einen leisen Pfiff aus. »Dreimal so viel Fläche, hat sie gesagt. Das macht mich zum größten Apfelproduzenten in Lancashire«, sinnierte er.
»Du hast sie verletzt.«
»Aggie? Oh, das bezweifle ich.« James zuckte die Achseln. »Und wenn, ist sie schnell drüber weg. Nicht von der nachtragenden Sorte, meine Schwester.«
Er war gerade dabei, sich einen der kleinen Kuchen in den Mund zu stopfen, als Agatha die Tür aufmachte und an sein Bett stakste.
»Du brauchst deine Brühe, damit du wieder zu Kräften kommst. Trink das, jeden Tropfen.« Sie stellte eine tiefe Schale auf das Tablett.
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