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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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anders war als alle
anderen zuvor. Ein Mann, der sie mit seinem Wesen oder seiner Erscheinung so
gefangen nahm, dass sie sich von ihrer psychosozialen Einstellung her
allmählich veränderte. Aber das ist nur eine Vermutung, keine belastbare
Theorie.«
    Bei seinen letzten Worten hatte Dr.   Hanus sich de Boer wieder
zugewandt. Dieser machte sich wie üblich Notizen.
    »Hat sie sich näher zu diesem Mann geäußert?«, fragte de Boer.
    »Nein, sie hielt sich, was dieses Thema anging, erstaunlich bedeckt,
ich habe keinen blassen Schimmer. Nur über Kunst hat sie im Zusammenhang mit
diesem Mann häufiger gesprochen.«
    »Über Kunst?« De Boer wurde hellhörig. »Halten Sie es für möglich,
dass sie mit jemandem an der Kunstakademie liiert war?«
    De Boer konnte am Gesichtsausdruck des Psychologen erkennen, dass es
diesem unangenehm war, über Melanie Rosskämpers Sexualleben zu sprechen.
    »Ich denke, Sie wissen noch deutlich mehr über Melanie Rosskämper,
als Sie mir bisher gesagt haben.« Hanus hatte bereits seine Hand zum Einspruch
gehoben, aber de Boer kam ihm zuvor. »Sie meinen vielleicht, Sie dürften mir
nicht mehr erzählen. Geschenkt. Wenn Sie damit den Ermittlungsbehörden helfen,
dann dürfen Sie schon. Sie müssen sogar! Mir geht es nur um den Fall, also um
Melanie Rosskämper. Anderes, etwa Ihr Sexualleben, interessiert mich nicht.«
    Dr.   Hanus stand auf und ging unruhig im Raum auf und ab. De Boer saß
derweil auf dem ihm zugewiesenen Stuhl und schwieg. Der Psychologe stellte sich
ans Fenster und blickte auf die Straße hinunter, auf der sich die Autos nur im
Schneckentempo vorwärtsbewegten, und schwieg.
    »Also«, sagte de Boer. »Sie hat mit Ihnen über den Mann ihrer Träume
gesprochen, habe ich recht?«
    Dr.   Hanus fuhr sich mit der rechten Hand über die Lippen.
    »Warum haben Sie denn so Probleme, mit mir darüber zu reden? Melanie
Rosskämper ist tot. Und es besteht die Möglichkeit, dass sie ermordet wurde.
Und wir wollen nicht, dass ihr Mörder noch lange frei herumläuft. Sie doch auch
nicht, oder?«
    Nun kam Bewegung in Dr.   Hanus’ Körper. »An Ihnen ist ja auch ein
Psychologe verloren gegangen«, sagte er leicht süffisant. »Aber Sie haben
recht. Für mich ist es unerträglich, daran denken zu müssen, dass dort draußen
jemand frei herumläuft, der diese Frau getötet hat.«
    Wieder blickte er aus dem Fenster. Dann, ganz plötzlich, ging er zu
seinem Schreibtisch und setzte sich.
    »Okay«, begann er, wobei er seine Hände auf der Tischplatte faltete
und de Boer tief in die Augen schaute. »Sie wollen also alles wissen? Gut, ich
sage Ihnen alles.«
    ***
    Die neue Woche begann, wie die vorherige geendet hatte:
mit Nebel. Von seinem Wohnzimmerfenster aus hatte Ferschweiler den Fluss heute
Morgen wieder nicht sehen können. Nun sah er sich in Atelier A der
Kunstakademie allen Teilnehmern sowie den Dozenten der Herbstkurse gegenüber.
Bereits gegen acht Uhr hatte ihn ein Mitarbeiter der KTU angerufen und ihm mitgeteilt, dass an dem untersuchten Fenster in der Akademie
keine Fingerabdrücke gefunden worden seien. Alles sei offenbar erst vor Kurzem
fein säuberlich gereinigt worden, Fenster und Rahmen waren blitzblank. Ganz
anders übrigens als alle anderen Fenster in dem Atelier, die die Kriminaltechniker
sich ebenfalls angesehen hatten. An denen stand der Dreck von mindestens einem
Jahr.
    Gegen neun Uhr hatte dann Dr.   Quint angerufen und Ferschweiler
mitgeteilt, dass der anaphylaktische Schock, der – inzwischen hatte er es
schwarz auf weiß – zum Tod der schönen jungen Frau geführt hatte, durch
Walnussöl verursacht worden war. Der Kollege Wingertszahn-Lichtmeß von der KTU hatte dieses Öl in Melanie Rosskämpers Koffer
sichergestellt und Dr.   Quint mitgeteilt, dass es sich um Oleum
Juglandis von bester Arzneimittelqualität handele, das man nur in
Apotheken bekäme. Walnussöl sei ein, wie der Pathologe daraufhin Ferschweiler
erklärte, Stoff mit hohem allergenen Potenzial, den man in früheren Zeiten auch
als Lösungsmittel für Farbpigmente benutzt habe. Heutzutage allerdings würde
man diese Substanz nicht mehr zu diesem Zweck einsetzen.
    »Hätte man Melanie Rosskämpers Tod noch verhindern können?«, hatte
Ferschweiler gefragt.
    »Ja«, so Dr.   Quint, »aber nur, wenn sie schnell gefunden worden
wäre. Dann hätte der Notarzt ihr Adrenalin spritzen können. Adrenalin ist ein
starkes Stresshormon, das in Sekundenschnelle die Herz-Kreislauf-Funktion
steigert

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