Die schoene Tote im alten Schlachthof
Nachteil,
nie aus dem Viertel herausgekommen zu sein.
»Günner, mal ehrlich. Wo könnte ich die ägyptischen Mäggo bekommen?
Hast du eine Ahnung?«
Günther nahm einen guten Schluck aus seinem Stubbi und wischte sich
anschließend mit seinem breiten, behaarten Handrücken über den Mund. Von seinem
großen Schnauzbart tropfte Bier.
»Ahhh«, entfuhr es ihm aus der Tiefe seines gewaltigen Körpers. »Na
ja, offiziell kungelt mit sonnem Pubes nimmes in uns Staad. Och nimmes im Kreis
oder bei de Seibränner. Selbst bei den Schangen wüsste ich kaanen, der loa mit
kungeln tät. Zu wenig Nachfrage, wenn du mich fraogst.«
Günther spielte auf Zeit. Offensichtlich erwartete er von
Ferschweiler etwas als Gegenleistung.
»Okay, Günner. Was kann ich denn für dich tun, um deinem Gedächtnis
ein wenig auf die Sprünge zu helfen?«
»Wenn Sie mich schon so fragen, Herr Kommissar«, wechselte Günther
plötzlich ins Hochdeutsche. »Ich hätte da so eine Anzeige …«
»Bist du etwa rückfällig geworden, mein Dicker?«
»Nein. Nicht, was du jetzt denkst. Ich bin nur bei Rot über eine Ampel
gefahren. Drüben in Heiligkreuz. Sagen jedenfalls deine Kollegen. Eigentlich
war es aber noch Gelb, fast sogar noch Grün.«
Sicher, dachte Ferschweiler. So wird es gewesen sein.
»Ich werde sehen, was sich machen lässt. Aber jetzt: Hast du eine
Idee?«
»Wenn ich so darüber nachdenke, kommt mir da ein Student in den
Sinn, der seit einiger Zeit unter der Hand den Kram vertickt. Sein Name ist Thomas
Gorges. Er wohnt irgendwo oben in Kierenz, am Weidengraben, wenn ich mich nicht
irre. Den wirst du schon finden, du mit deiner Spürnase. Der Gorges is eher ’n
Trendelaorsch.«
Ferschweiler wusste nicht, was er noch sagen sollte. Stumm
salutierte er vor so viel Wissen und verabschiedete sich von Günther.
Beim Verlassen des Ladens erklang wieder die Türglocke, und
Ferschweiler fiel erst jetzt auf, dass in der ganzen Zeit niemand anderes in
Günthers »Happy Shop« gekommen war. Sonderbar, wovon Günther wohl leben mochte?
Anscheinend nicht nur von seinem Laden. Aber das war nicht Ferschweilers
Baustelle.
Schon lange war er nicht mehr an der Universität gewesen.
Seinen Freund Berthold hatte er an dessen Arbeitsplatz noch nie besucht, aber
das würde er nun ändern. Nachdem ein Nachbar von Thomas Gorges ihm verraten
hatte, dass sich der junge Mann um die Mittagszeit immer im »Bistro A/B« an der Universität aufhielt, hatte Ferschweiler
endlich einmal wieder einen Grund, die hiesigen »heiligen Hallen der
Gelehrsamkeit«, wie er die Universität nannte, aufzusuchen.
Ferschweiler verließ den Bus an der Haltestelle Universität und ging
über die Fußgängerbrücke in Richtung der Hochschule. Auch hier hatte sich in
den letzten Jahren viel verändert. Ganz neu kamen Ferschweiler die
eingeschossigen Pavillons neben dem Parkplatz sowie das dreistöckige Gebäude,
auf das er über die Brücke direkt zuging, vor. Er fragte sich, ob er sich hier
zurechtfinden würde, aber seinen Freund Berthold würde er schon finden –
ganz der Devise folgend: Immer dem Geruch nach!
Als er das Hauptgebäude der Uni betrat, in dem sich laut Geländeplan
auch das Bistro befand, schlug ihm eine Welle heißer Luft entgegen. Er war
einiges gewöhnt, aber so heizte man noch nicht einmal im Polizeipräsidium.
Wo das Bistro sei, fragte Ferschweiler einen Herrn im fortgeschrittenen
Alter mit dicker, runder Hornbrille, ergrauter Halbglatze und verkniffenem
Gesicht. Stumm zeigte der offensichtlich etwas vergeistigte Gelehrte in die
entsprechende Richtung. Ferschweiler wunderte inzwischen gar nichts mehr. Gut,
dass er etwas anderes machte, als hier zu arbeiten.
Im Bistro hing der Geruch von Knoblauch in der Luft. Vielleicht
etwas zu stark angebraten, aber na ja, Berthold war immerhin gelernter Koch,
der würde schon wissen, was er tat.
Massen von Studenten füllten trotz des Geruchs das Bistro. Offenbar
wollte an der Uni so ziemlich jeder Bertholds Küche genießen. Hinter einer
verglasten Theke hantierten mehrere in Weiß gekleidete Damen mit großen Löffeln
und Hebern und füllten die Teller der hungrigen Nachwuchsakademiker. Zwei
Sprüche von seiner Mutter waren Ferschweiler unauslöschlich in Erinnerung geblieben:
»Leerer Bauch studiert nicht gern« war der eine, und der andere lautete
»Probieren geht über studieren«. Aber ob das Probieren wirklich besser war als
das Studieren? Ferschweiler war sich hier nicht so sicher.
Dann sah er
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