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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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die Frage: Wo waren Sie am Abend der
Tat?«
    »Mit dieser Frage habe ich gerechnet. Ich war in meiner Wohnung.
Mein Seminar endet immer gegen siebzehn Uhr, und an dem besagten Tag wollte
sich keiner mehr mit mir allein oder in einer Kleingruppe intensiven Fragen der
Kunst widmen. Also bin ich erst kurz nach Hause gefahren, um mich frisch zu
machen. Schließlich hatte mich Dr.   Berggrün bei sich zu Hause zum Abendessen
eingeladen«, antwortete Kafka.
    »Sie waren bei Dr.   Berggrün zum Abendessen? Wann genau waren Sie
verabredet?« Ferschweiler war überrascht, das war neu für ihn. Weshalb hatte
Dr.   Berggrün ihm das verschwiegen?
    »Den Aperitif hat Dr.   Berggrün um Punkt achtzehn Uhr auf ihrer
Terrasse serviert. Das Essen war köstlich. Es gab Brüste, ich meine natürlich
Hühnerbrüste, und einen vorzüglichen Salat mit Walnussöl-Dressing.«
    Ferschweiler war gerade heute nicht nach dieser Art von Humor
zumute. Es hing ihm mittlerweile regelrecht zum Hals heraus. Warum meinten
Menschen im Verhör immer witzig sein zu müssen? Glaubten sie, das ließe sie
unverdächtiger erscheinen?
    »Es tut mir leid, Herr Kommissar«, sagte Kafka. »Aber mehr kann ich
Ihnen nicht bieten. Denn noch am späteren Abend, so gegen zweiundzwanzig Uhr,
bin ich nach Arlon aufgebrochen. Von Melanies Tod habe ich erst Anfang der
Woche erfahren. Stehe ich denn unter Verdacht?«
    »Nein, noch sind wir in einer frühen Phase der Ermittlungen. Da
müssen wir alle Eventualitäten in Betracht ziehen.«
    »Na, da bin ich aber beruhigt. Ich möchte hier nämlich in Ruhe
arbeiten. Ich habe aktuell ein großes, sehr komplexes Projekt laufen. Da müssen
viele Dinge bedacht werden. Störungen kann ich mir da keine erlauben.«
    Ferschweiler wurde nicht schlau aus seinem Gegenüber.
    »Was ist das denn für ein Projekt, Herr Kafka, wenn Sie mir
erlauben, danach zu fragen?«
    »Nein, entschuldigen Sie. Das kann ich Ihnen nicht sagen. Es ist
noch vieles diesbezüglich in Planung. Und es wäre für mich nicht das erste Mal,
dass durch Indiskretion – ich möchte Ihnen nicht zu nahe treten, Herr
Kommissar, aber Sie müssen mich verstehen – ein solch großes Projekt
zunichte gemacht würde. Sie müssen sich leider noch etwas gedulden. Zudem hat
es mit Ihrem Fall nicht im Geringsten zu tun.« Kafka faltete die Hände vor
seinem Bauch und lächelte breit.
    »Aber Melanie Rosskämper spielte doch eine Rolle in diesem Projekt?«
    »›Spielte‹ ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Sie war Teil
des Projekts, ja. Aber Sie müssen mir schon gestatten, jetzt über dieses Thema
nicht mehr zu sprechen. Warten Sie es einfach ab. Es wird ein großer Erfolg, da
können Sie sich sicher sein. Bald gehe ich damit an die Öffentlichkeit, und Sie
werden es dann als einer der Ersten erfahren.«
    »Na, aber Sie wollen mich jetzt hier nicht dumm sterben lassen, Herr
Kafka. Ein bisschen mehr könnten Sie schon verraten, oder? Schließlich bin ich
von der Polizei und quasi von Amts wegen zum Stillschweigen verpflichtet.«
    »Das glaube ich Ihnen aufs Wort, Herr Kommissar, aber die Konkurrenz
ist überall und schläft nicht. Ich kann leider keine Ausnahme machen, bedaure.«
    Ferschweiler wollte nicht lockerlassen.
    »Ich verstehe Ihre Vorsicht und Ihre Bedenken, aber wäre es denn besser,
wenn ich Sie für morgen früh vorladen lassen und Sie per richterlichen
Beschluss dazu zwingen müsste, Details zu nennen? Das wäre doch etwas unschön,
oder?«
    »Herr Kommissar«, erhob Laszlo flehend seine Stimme – er war
wirklich ein großer Mime, davon war Ferschweiler bereits überzeugt –, »ich
kann doch nicht riskieren, dass all meine Mühen und Investitionen für die Katz
sind, nur weil es vielleicht eine Indiskretion geben könnte. Entschuldigen Sie,
aber Sie müssten Ihre Informationen ja weitergeben an Ihren Vorgesetzten, den
Polizeipräsidenten. Und was dann passiert, würde sich selbst Ihrem Einfluss entziehen.
Oder legen Sie für alle Ihre Kollegen und die übrigen Mitarbeiter der Trierer
Justizbehörden die Hand ins Feuer?«
    »Herr Kafka«, entgegnete Ferschweiler zunehmend gereizter, »wo liegt
denn eigentlich Ihr Problem? Ihre Angst vor Indiskretion kann ich ja verstehen.
Aber wo sind wir denn hier? In der ehemaligen Lithowerkstatt Ihrer
Kunstakademie, oder?«
    Kafka unterbrach ihn mit Nachdruck. »Sehen Sie, genau darin liegt
das Problem. Sie reden von meiner Kunstakademie. Aber
sie ist nicht meine! Meine Kurse sind zwar alle immer bis auf den

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