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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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und
zusätzlich von innen leuchtete. De Boer musste sich auf den Verkehr
konzentrieren, aber Ferschweiler machte seinem Unmut angesichts dieses
Kunstwerks deutlich Luft.
    »Schon wieder Kunst, oder das, was sich als solche ausgibt«, sagte
er. »So viele Kunstwerke wie in den letzten Tagen habe ich in Jahren nicht
gesehen. In Konz veranstaltet man seit einiger Zeit eine Art Stadtverschönerung
durch Kreiselkunst, die ihresgleichen sucht. Nur das ›Kleine Rasenstück‹ in
Zerf ist noch doller!«
    De Boer hatte den Wagen mittlerweile um den Donut herumgesteuert und
fuhr durch eine nur mäßig belebte Einkaufsstraße. »Was hat denn Dürer mit Zerf
zu tun?«, fragte er.
    »Ich meine dieses ›Kunstwerk‹ aus verzinkten Metallröhren, das zwei
regionale Künstler auf einem Kreisel errichtet haben und das nun bald wieder
abgebaut werden muss«, erwiderte Ferschweiler.
    »Wieso muss das denn wieder weg?«, wollte de Boer wissen. »Sonst
steht die schöne Kreiselkunst doch für immer, egal, ob sie gut oder schlecht
ist.«
    »Na, weil es gemeingefährlich ist. Schau mal«, ereiferte sich Ferschweiler,
»da ist eine Gemeinde bereit, Geld für die Verschönerung von Kreisverkehren
auszugeben, und dann stellt man da eine Ansammlung von Röhren auf, die aussehen
wie die angespitzten Speere am Boden einer Fallgrube.«
    »Aber die Röhren sind doch nicht versteckt, oder?«, fragte de Boer,
der die Einkaufsstraße mit Tempo dreißig mittlerweile fast durchquert hatte.
    »Nein, natürlich nicht.« Ferschweiler zweifelte ein wenig am Verstand
seines Kollegen. »Natürlich sind die nicht in der Erde versteckt. Dann könnte
man sie ja bei der Fahrt um den Kreisel auch gar nicht sehen. Aber stell dir
vor, ein Biker würde auf dem Kreisel die Kontrolle über seinen Bock verlieren
und dann über den Lenker –«
    »So ein Quatsch«, unterbrach de Boer den Redefluss Ferschweilers.
»Wie soll denn das gehen?«
    »Aber stell es dir einmal vor, Wim: In hohem Bogen fliegt der Biker …
und dann fällt er auf eine dieser angespitzten Röhren … nicht
auszudenken.«
    De Boer schüttelte den Kopf. »Rudi«, sagte er mit betont ruhiger Stimme.
»Wie soll das denn gehen, ich meine, rein physikalisch? Wie schnell müsste der
Biker denn unterwegs sein, damit ihm ein solch dramatisches Schicksal blüht,
wie du es gerade geschildert hast? Hundertfünfzig Stundenkilometer? Oder mehr?«
    »Auf jeden Fall«, entgegnete Ferschweiler, »haben sich verschiedene
Interessensverbände sowie eine ganze Menge an Bikern übers Internet und auch
anders organisiert und die Gemeindeverwaltung von Zerf zum Umdenken gebracht.
Jetzt wird rückgebaut.«
    Die beiden erreichten nun einen weiteren Kreisverkehr, in dessen
Mitte eine monumentale Interpretation von Kubricks Zauberwürfel stand,
ebenfalls – diesmal allerdings nur von innen – beleuchtet.
    »Und gefällt dir dieses Plastikding da besser?«, fragte de Boer grinsend,
aber Ferschweiler antwortete nicht.
    De Boer verließ den Kreisverkehr an der ersten Ausfahrt in Richtung
Roscheid. Keine drei Minuten später parkte er den Wagen vor dem Haus, in dem
die Wohnung der Kinzigs lag.
    Rolf Kinzig öffnete erst nach dreimaligem Klingeln. Er trug immer
noch dieselben Klamotten wie bei Ferschweilers erstem Besuch. Aber sein Blick
und seine Körperhaltung waren heute deutlich verändert, und auch die Wohnung
machte optisch wie olfaktorisch einen anderen Eindruck als bei ihrem letzten
Besuch.
    »Puh«, stieß de Boer hervor, nachdem Kinzig sie ins Wohnzimmer
gelassen hatte. »Hier riecht es ja wie im Pumakäfig.«
    Ungläubig, aber routiniert schauten sich die beiden Polizisten um.
Was auf Ferschweiler beim ersten Besuch noch quasi wie ein Luxusapartment
gewirkt hatte, glich nun der Höhle eines verwahrlosten Alkoholikers. Überall
lagen und standen leere Plastikbierflaschen und Wodkaflaschen mit oder ohne
Inhalt herum. Auf den Sesseln und sogar auf dem Sofa, auf dem bei seinem ersten
Besuch die Katze friedlich geschlafen hatte, entdeckte Ferschweiler überquellende
Aschenbecher. Von der Katze hingegen war nichts zu sehen. Nur ein hungriges,
deutlich verzweifeltes Miauen aus der Küche machte Ferschweiler deutlich, dass
er nachher den Tierschutzbund würde anrufen müssen.
    »Herr Kinzig«, begann er das Gespräch. »Wir müssen noch einmal mit
Ihnen über Ihre Frau sprechen.«
    »Nur zu«, entgegnete Kinzig etwas lallend und nahm einen tiefen
Schluck aus einer der Flaschen. »Ich habe keine Geheimnisse.«
    De Boer

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