Die Schöne und das Biest
Prickeln auf ihrer Nasenspitze verspürte. Mit einem Lächeln auf den Lippen drehte sie sich wieder herum.
Was würde sie heute anstellen? Vielleicht war das Ungeheuer auch an diesem Tag fort, so dass sie noch einmal in den Genuss von Philippes Gesellschaft kommen würde. Es war schön gewesen, sich mit ihm die Zeit zu vertreiben. Obgleich Belle sich eingestehen musste, dass sie in seiner Nähe von einer gewissen Hilflosigkeit geplagt wurde.
Wenig später verließ sie ihr Gemach, um in die Halle hinunterzugehen. Da war er! Philippe saß auf einer der unteren Treppenstufen und drehte in den Händen einen Apfel hin und her. Natürlich wartete er auf sie. Das wusste Belle. Es störte sie jedoch nicht. Im Gegenteil. Sie freute sich, ihn zu sehen.
„Und was zeigt Ihr mir heute?“, begrüßte sie ihn mit ihrem schönsten Lächeln.
„Hm ...“, machte er, „wofür kann ich eine Schönheit wie Euch wohl noch begeistern?“ Seine Augen sprachen Bände — wie er so dasaß, lasziv zur Seite gelehnt. Belle wurde allein bei seinem Anblick schwindelig.
„Den Garten!“, rief sie mit Blick auf den Apfel aus. Etwas Besseres fiel ihr in dem Moment nicht ein. „Ich kann ihn aus meinem Fenster sehen, aber Ihr habt ihn mir noch nicht aus nächster Nähe gezeigt.“
„Dann werde ich das wohl nachholen müssen.“ Er sprang auf die Füße. Die Enttäuschung über ihre Zurückhaltung war ihm deutlich anzumerken. Dennoch gab er sich beherrscht und zeigte Belle, wie sie es wünschte, den Weg in den Garten.
Es gab einen Balkon, der sich — wie Philippe erklärte — direkt unter Belles Zimmer befand. Von ihm führten Treppenstufen an beiden Seiten hinab in die Grünanlage. Prächtige Büsche wuchsen in einer geraden Reihe an der Schlossmauer entlang. Sie waren sämtlich in eine gleichmäßige ovale Form geschnitten.
Ein schmaler Weg aus Kieselsteinen führte von der Balkontreppe zu dem Brunnen, den Belle bereits gestern aus ihrem Fenster erblickt hatte. Sie stellte fest, dass die Figuren gar nicht mehr so schrecklich wirkten, wenn man erst einmal direkt vor ihnen stand. Die Gesichter der Steinwesen zeigten einen freundlichen Ausdruck. In dem Brunnen selbst war nur ein sehr schwaches Plätschern von Wasser zu hören.
„Er wird schon seit vielen Jahren nicht mehr genutzt“, merkte Philippe an. „Nicht einmal zum Begießen der Blumen.“
„Aber wer kümmert sich um all die Pflanzen? Wer pflegt diesen Garten?“
„Der Herr.“
Belle zog ungläubig die Augenbrauen zusammen. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein Ungeheuer — wie sein Herr es nun einmal war — diesen wundervollen Garten instand hielt.
„Warum sehe ich ihn dann tagsüber nicht hier arbeiten?“, hakte Belle nach.
„Oh.“ Philippe zeigte sein geheimnisvolles Lächeln. „Er mag das Sonnenlicht nicht, müsst Ihr wissen. Die Nacht bietet ihm weitaus mehr Möglichkeiten, sich versteckt zu halten.“
„Wohl wahr“, musste Belle zugeben.
Noch eine ganze Weile schlenderte sie an der Seite von Philippe durch den Garten. Sie erfreute sich an dem Anblick der vielen bunten Blumen. Philippe erlaubte ihr sogar, eine von ihnen zu pflücken. Belle entschied sich für eine rote Aster.
„Wie schön sie ist.“ Verträumt roch sie an der Blüte. Für einen Moment schloss sie die Augen und bemerkte nicht, wie Philippe sich ihr näherte. Er stand nun ganz dicht vor ihr. Der Duft der Blume vermischte sich mit seinem.
Belle wollte nicht erneut vor ihm zurückschrecken. Sie hielt still, während er ihr die Aster aus der Hand nahm und sie hinter ihr Ohr steckte.
„Sie verblasst neben Eurer Schönheit.“
Belle starrte ihn an. Unendlich langsam näherte sich sein Gesicht dem ihren. Sein Atem streifte ihre Wangen und ihre Lippen. Belle hielt die Luft an. Sie redete sich selbst ein, dass sie einen Kuss auf gar keinen Fall zulassen durfte. Doch schon verschloss er ihren Mund. Ganz leicht und zart fühlte es sich an, wie seine Zungenspitze ihre Lippen neckte. Ein heftiges Kribbeln breitete sich überall in ihrem Körper aus. Die Versuchung, sich davon mitreißen zu lassen, war unheimlich groß. Belle gelang es jedoch, sich aus Philippes Fängen zu befreien.
„Verzeiht.“ Ihre Stimme hatte einen erbärmlich schwachen Klang. „Wir können nicht ... ich meine ...“ Sie wusste nicht, wie sie sich aus der Situation herausreden sollte. Aber das war auch gar nicht nötig. Philippe verstand, dass er sich zu weit vorgewagt hatte.
„Nein, Ihr müsst
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