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Die Schöne und der Leopard (German Edition)

Die Schöne und der Leopard (German Edition)

Titel: Die Schöne und der Leopard (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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und dem metallisch schimmernden Gerippe, dessen große Drehflügelschraube dröhnte.
    Der Medizinmann Tombé war jedoch nicht aufzutreiben. Nach einem Geschrei und Palaver, das fast zum Blutvergießen führte, hob der Hubschrauber wieder ab und flog die kurze Strecke ins Filmcamp zurück. Von Sue-Ann Bailey hatte man dort in der Zwischenzeit nichts gehört.
     

 
     
    5. Kapitel
     
    Die Schauspielerin verlor jedes Zeitgefühl. Sie wusste nicht, wie lange der Leopardenmann sie durch den Dschungel trug. Seine harten Knochen drückten ihre Rippen. Seine Schulter bohrte sich ihr in den Bauch. Sue-Ann Lage war unbequem. Bei den federnden, weiten Sprüngen ihres Entführers wurde sie zudem durchgeschüttelt.
    Bald war ihr speiübel. Der Leopardenmann zeigte keine Müdigkeit. Er schien Tage in unvermindertem Tempo dahinstürmen zu können.
    Endlich, als Sue-Ann kaum noch bei sich war, blieb er stehen und legte die Schauspielerin auf ein Moospolster. Sue-Anns Gleichgewichtssinn war völlig durcheinandergeraten. Es dauerte eine Weile, bis sie oben und unten wieder unterscheiden konnte und nicht mehr schwindlig war.
    Der blonde Filmstar setzte sich auf. Zweige und Lianenranken hatten Sue-Ann das Negligé vom Körper gerissen, der jedoch keine Striemen und Schrammen aufwies. Sue-Ann war allein im Dschungel. Der Leopardenmann hatte sich entfernt, während sie sich erholte.
    Sue-Ann schaute sich um. Sternen- und Mondlicht sickerte durch die Baumwipfel, deren Geäst hinter weniger dicht war. Die Schauspielerin sah gewaltige Ruinen, die sehr alt sein mussten. Sie waren vom Dschungel überwuchert, und nur wer direkt vor ihnen stand, konnte sie erkennen.
    Mauerreste und Säulenstümpfe wiesen auf eine gewaltige Stadt des Altertums oder sogar der Vorzeit hin. Sue-Ann schlenderte durch die Ruinenstadt. Seltsamerweise hatte sie keine Angst vor den wilden Tieren des Dschungels. Ohne dass er es ihr gesagt hatte, wusste sie, dass sie unter dem Schutz des Leopardenmanns stand, der hier der Herr war.
    Vor einer Treppe, über der sich Säulenstümpfe erhoben, hinter denen Mauerreste standen, blieb Sue-Ann stehen. Sie stieg die Treppe hoch. Unnatürliche Stille herrschte in der Ruinenstadt im Urwald. Keine Tierstimme war zu hören, als ob eine magische Sphäre jeden Laut von der Außenwelt abschließen würde.
    Die Schauspielerin stand zwischen den verwitterten Säulen über der geborstenen Treppen, von Schlingpflanzen überwucherten und mit Moos zugewachsenen Treppe. Sue-Ann erkannte, dass sie die Ruine eines gewaltigen Tempels vor sich hatte.
    Sie stieg über Mauerreste weg, die am Boden lagen, und gelangte durch einen Vorraum, in dem Bäume und Büschen aus den Rissen der Steinquader gesprosst waren, in einen großen Tempelraum. Er war besser erhalten, sogar der hintere Teil seines Dachs noch intakt. Die zyklopische Architektur hatte Äonen überdauert.
    Nostalgie und Zerfall verkündete diese Urwaldstadt, und sie war eine Mahnung, dass alle menschlichen Werke vergänglich seien. Und auch die jener Wesen, die vor dem überheblichen Homo sapiens über die Erde geschritten waren und sie beherrscht hatten, seien es Saurier, die unter einem schwefligen Vulkanhimmel von ihren Instinkten gesteuert lebten, seien es andere Wesen.
    Sue-Ann spürte einen Hauch der Ewigkeit. Sie musste an die Erzählung Lomungés vom Reich von N'Chiba denken. War das ein Tempel, in dem das Blut gepeinigter Opfer zu Ehren des Leopardengotts von seinem Altar geflossen war?
    Ein eherner Gong ertönte und ließ die Ruine vibrieren. Sue-Ann hielt sich die Ohren zu. Der Gong war so gewaltig, dass er ihre Trommelfelle schmerzen ließ.
    Als sie wieder hören konnte, vernahm sie eine gewaltige Stimme, die eher aus einer erzenen als einer menschlichen Kehle zu dringen schien.
    »Bevor die Menschen auf dieser Welt erschienen, war ich, Tombé, der Gott von den Sternen. Würmer und Staub sind die Menschen gegen den Leopardenmann. Wäre Dracola von Lemuria nicht gewesen, würde ich noch heute der Gott und der König von dieser Welt sein. Doch mein Kristall zerbrach – entfesselte Ozeane und Vulkanausbrüche veränderten das Gesicht der Erde. Neue Arten und Formen entstanden, mit denen ich weniger anzufangen weiß als mit den Werleoparden und Lemuren. – N'Chiba, Mu und Lemuria sind dahingegangen. Aber Tombé lebt. Irgendwann werde ich zurückkehren in die Abgründe jenseits der Sterne, in die Dimensionen, die für den Menschenwürmer unbegreiflich für alle Ewigkeit sind. –

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