Die Schöne und der Leopard (German Edition)
Sue-Ann niemals.«
»Wir dürfen Sue-Ann nicht im Stich lassen«, argumentierte der Regisseur. »Wenn mich keiner begleitet, gehe ich eben allein.«
Sprach's, ergriff Stablampe und Buschmesser und marschierte mit umgehängtem Gewehr los. Bill Dallas und Tom Rawlins liefen ihm hinterher.
Noch einmal hielten sie Anderson zurück.
»Der Dschungel ist riesig«, gab der Produktionsleiter zu bedenken. »Du begibst dich nur unnötig in Gefahr.«
Er wollte nicht auch noch seinen Regisseur verlieren. Anderson kannte keine Bedenken.
»Bist du ein Mann oder eine Memme?«, schrie er Dallas an. »Sue-Ann kann ja noch in der Nähe sein. Wir müssen zumindest versuchen, sie zu finden und ihr zu helfen. Lass den Hubschrauber starten, wenn du es gut mit ihr meinst, Bill, und sie aus der Luft suchen. Gib über Funk Nachricht nach Abidjan. Die Armee soll eingreifen und Sue-Ann suchen.«
»Warte wenigstens noch einen Moment!«, stoppte Dallas den Regisseur, der prompt wieder losmarschieren wollte. »Du kannst nicht allein gehen.«
Eine Handvoll Männer und zwei Frauen vom Filmteam meldeten sich und begleiteten Ed Anderson. Sie drangen in den finsteren Dschungel vor. Die Lichtkegel der Stablampen strichen durch den Urwald und erschreckten Brüllaffen, Schlangen und Nachtvögel. In dem Gewirr des Unterholzes war kaum voranzukommen. Lianen hingen von den Bäumen. Die Suchtruppe musste über hohe Baumwurzeln steigen.
Die Buschmesser zuckten nieder und hackten sich durch das Unterholz. Immer wieder wurde Sue-Ann Baileys Name gerufen. Doch nur die nächtlichen Tierstimmen antworteten.
Bill Dallas ließ den Hubschrauber der Filmcrew tatsächlich aufsteigen, obwohl es völlig unmöglich war, von ihm aus zu sehen, was unter dem Laubdach der Urwaldbäume am Boden vorging. Das wäre nicht einmal bei Tag gelungen. Doch Ed Anderson sollte sehen, dass etwas unternommen wurde, um Sue-Ann zu retten, um die er Todesängste ausstand.
Der Funkspruch nach Abidjan brachte kein Ergebnis. Ein Leutnant der Nationalarmee – ein höherer Rang war nicht zu erreichen – versprach eine Überprüfung am nächsten Tag.
Der Hubschrauber donnerte über das Dorf Bouradake, dessen Bewohner sich völlig ruhig verhielten. Die Suche dauerte an. Ed Anderson trieb seine Begleiter voran und leistete Übermenschliches bei der Suche. Der mittelgroße, wenig sportliche Regisseur entwickelte Kräfte und eine Ausdauer, die Athleten beschämt hätten.
Anderson gönnte sich keine Pause. Während die anderen schon am Zusammenbrechen waren, hackte er sich weiter durchs Unterholz und lief nächtliche Dschungelpfade entlang, immer wieder nach Sue-Ann rufend.
Endlich blieb auch er keuchend stehen. Da ertönte ein Fauchen. Sofort schwenkten zwei Stablampen hoch. Ihr grelles Licht riss in dreißig Meter Höhe einen großen Leoparden im Geäst aus der Dunkelheit.
»Das ist Lomungés Leopard«, knirschte der Regisseur. »Habe ich ihm noch nicht den Rest gegeben. – Du Teufel, wo ist dein Herr?«
Der Leopard brüllte, wie um Anderson zu verhöhnen. Der Regisseur riss das Gewehr hoch. Doch da verschwand der Leopard mit einem geschmeidigen Sprung im Geäst. Wie ein gefleckter Schemen schnellte er aus den sich kreuzenden Lichtkegeln der Stablampen und war nicht mehr zu entdecken.
Ed Anderson brach in die Knie.
»Sue-Ann«, schluchzte er. »Warum habe ich nicht besser auf dich aufgepasst?«
Als gebrochener Mann kehrte der Regisseur mit seinen Begleitern ins Camp zurück. Dort hatten sich die beiden Wachen erholt, die bewusstlos vorm Zelt von Sue-Ann gelegen hatten. Der Hubschrauber mit dem Piloten und einem Copiloten war inzwischen wieder gelandet.
Die Wachen für Sue-Ann wussten nicht, wer sie überwältigt hatte. Sie hatten nur hinterrücks einen Schlag gespürt und dann nichts mehr gewusst. Vorm Zelt des Filmstars wurde ein Abdruck von der Pranke eines großen Leoparden entdeckt, das Siegel, wer hinter dem Anschlag steckte.
Der Leopardenmann hatte mitten im Camp wieder zugeschlagen. Norma Blake reagierte unfreundlich auf die Neuigkeit, dass Sue-Ann Bailey vom Leopardenmann verschleppt worden war. Die dunkelhaarige Schauspielerin war eifersüchtig und giftete sich, was sie vor den anderen verbarg.
Ed Anderson konnte die Ungewissheit nicht aushalten. Mit fünf Freiwilligen flog er im Hubschrauber zum Dorf Bouradake. Dort weckte der Lärm alle Dorfbewohner auf. Eingeborene Krieger schwenkten drohend die Assagais gegen den Sikorsky F 76 Hubschrauber mit der Plexiglaskanzel
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