Die schoene und der Lord
Blick auf alles übrige verstellt schien.
Der Speisesaal befand sich ein Stockwerk unterhalb der Schlafzimmer, auf der Westseite des großen Turms. Man gelangte durch zwei weit aufschwingende Flügeltüren hinein, und drinnen gestattete eine hohe, breite Fensterfront in der einen Wand einen ungehinderten Blick hinaus aufs Meer. Weiter hinten war die Insel Skye auszumachen, die schemenhaft und geheimnisvoll aus dem Dunst emporragte. Unter anderen Umständen hätte Catriona die Aussicht als atemberaubend empfunden, aber jetzt nahm sie kaum Notiz davon. Die jenseitige Wand wurde von einem riesigen Kamin beherrscht, und in der Mitte des langgezogenen Raumes stand ein Tisch, an dem leicht dreißig Personen Platz gefunden hätten. Gobelins und alte Kriegswerkzeuge schmückten die steinernen Wände.
Klein und verloren saß Mairead am hinteren Tischende und drehte sich um, als Catriona und Robert den Raum betraten. Sie bemühte sich um ein tapferes Lächeln, brachte aber nur eine traurig verzerrte Grimasse zustande.
Catriona hatte sich kaum auf dem Platz neben ihr niedergelassen, als auch schon ein Lakai mit einer zugedeckten Platte herantrat. Als sie die Haube entfernte, sah Catriona darunter eine Vielzahl verschiedener Käsesorten, die in mundgerechte Happen geschnitten waren. Daneben befanden sich ein Eiergericht und bereits mit Konfitüre bestrichene Scones. Dann wurde ein Teekännchen aus Porzellan neben ihr auf den Tisch gestellt, und der Bedienstete goß ihr beflissen eine Tasse des dampfenden Getränks ein. Mairead und Robert erhielten die gleichen Gedecke vorgesetzt, und Catriona bemerkte, daß ihre Schwester sie ansah, als erhoffe sie sich von ihr einen Wink, wie sie solchen Luxus in gebührender Form aufzunehmen hätte. So waren beide noch nie bedient worden, und Mairead wußte offenkundig nicht so recht, was sie davon zu halten hatte.
Der Lakai trat vor und hielt ihr ein kleines Tablett mit zwei Schälchen hin, deren eine den weißesten Zucker enthielt, den Catriona je gesehen hatte, während sich in der anderen frische Milch für ihren Tee befand. Catriona fiel darauf nur eine Reaktion ein. Sie dankte dem Lakaien, der neben ihr stand. Dies nahm er mit einem kurzen Nicken auf. Sie wartete darauf, daß er jetzt das Tablett abstellte und sich wieder zurückzog, aber dem war nicht so. Er blieb an ihrer Seite stehen und hielt ihr unbeirrt das Tablett mit dem Zucker und der Milch hin.
Schließlich ließ Robert sich vernehmen. »Nimmst du Zucker oder Milch in deinen Tee?«
»Zucker, bitte«, sagte Catriona zu Robert und sah dann dem Lakaien zu, wie er ihr ein wenig in die Tasse gab. Dann trat er neben Mairead, die ebenso verdattert betrachtete, wie er ihren Tee süßte.
Robert saß dabei und trank eine Tasse Kaffee, während die beiden jungen Frauen ihr Essen verzehrten. Von dem üppigen Frühstück nahmen beide Schwestern jedoch nur wenig zu sich und begnügten sich mit winzigen Häppchen. Im Raum herrschte eine gedrückte Stimmung. Robert bat den Lakaien, den Tisch abzuräumen und frischen Tee für die Damen zu bringen. Als dies geschehen war, wies er ihn an, die Türen zu schließen und sie nicht weiter zu stören.
Catriona hatte all ihre Willenskraft aufbieten müssen, um scheinbar gefaßt ihr Essen zu sich zu nehmen, während sie doch allein das verzweifelte Verlangen verspürte, etwas — alles — zu unternehmen, um den Mörder ihrer Mutter zu finden. Jetzt aber war sie doch froh über Roberts Hartnäckigkeit, denn das Essen hatte ihr tatsächlich wohlgetan und ihr Gelegenheit geboten, wieder ein wenig zur Besinnung zu kommen. Dies war gut so, denn sie würde bei klarem Verstand sein müssen, wenn sie gleich die Wahrheit erführe.
Robert erhob sich. »Zunächst einmal möchte ich euch beide wissen lassen, daß mir eure Mutter vor ihrem Hinscheiden erzählt hat, wer sie so brutal zusammengeschlagen hat.«
»Wer war es?« fragte Catriona sofort.
Mairead blieb stumm und hielt den Blick auf ihre Teetasse gesenkt.
»Es war Sir Damon Dunstron.«
»Der Steuereinnehmer«, sagte Catriona.
»Du kennst ihn?«
»Ja. Er ist Gutsherr auf Crannock. Er hat mich gestern morgen angehalten, als ich zu den Höhlen unterwegs war, um nach Dad zu suchen.«
»Und danach ist Sir Damon hier nach Rosmorigh gekommen, um mich aufzusuchen. Er hatte das Porträt einer Person dabei und fragte mich, ob ich sie erkennen würde. Diese Person, so sagte er, stehe im Verdacht, in die Landung bei Rosmorigh verwickelt zu sein.« Robert
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