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Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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ob Tolley Robert schon mitgeteilt hatte, daß sie noch immer keinen Hinweis darauf hatten, wer auf ihn geschossen haben könnte. Lord Kinsborough war später aufgefunden worden und wußte nicht das geringste über den Vorfall, denn er hatte mit einem anderen Gast, einem Grafen, dessen Ruf über jeden Zweifel erhaben war, die ganze Zeit über im Salon Whist gespielt. Da er also ausschied, blieb noch Damon als mutmaßlicher Täter übrig. Und dies bedeutete na-türlich, daß er ihnen nach Kent gefolgt war und sein derzeitiger Aufenthalt völlig ungewiß war.
    Die Kerze in Catrionas Hand warf einen Lichtschein um Roberts schlafendes Gesicht, als sie einen Blick auf ihn warf. Er schlief in aufrechter Haltung, das Haupt auf einen hohen Stapel Kissen gebettet. Sein Oberkörper war nackt, so daß die Verbände an seiner linken Schulter sofort ins Auge fielen. Sie stellte ihre Kerze auf dem Nachttisch ab und ließ sich in dem Sessel daneben nieder; dann setzte sie sich Mattie auf den Schoß und schlug das Buch auf, das sie gerade las.
    Robert hatte es ihr vor ihrer Abreise aus London geschenkt, und es stammte aus einem Geschäft namens Hatchard’s, wohin er sie mitgenommen hatte; dort hatte sie ausgiebig in den mit Büchern gefüllten Regalen gestöbert, während Robert sich in die neueste Zeitung vertieft hatte. Insgesamt drei Stunden hatten sie dort verbracht. Das Buch, das er ihr schließlich schenkte, war seinen Worten zufolge eine Abenteuergeschichte, eine Art zeitgenössische Gralserzählung, die im schottischen Hochland angesiedelt war. Anscheinend war nicht ganz geklärt, wer genau als Verfasser verantwortlich zeichnete. Das Buch war anonym veröffentlicht worden und bildete den Gegenstand zahlreicher Wetten, die unter der feinen Gesellschaft darüber abgeschlossen wurden. Obwohl viele zu wissen glaubten, wer es geschrieben hatte, war trotz des riesigen Erfolgs des Romans niemand öffentlich hervorgetreten, um dieses Verdienst für sich zu beanspruchen. Den bereits zahlreichen Auflagen würden mit Gewißheit weitere folgen, und doch weigerte der Verleger sich nach wie vor standhaft, den geheimnisvollen Autor von Waverley preiszugeben.
    Catriona schlug das Buch an der Stelle auf, wo sie beim letzten Mal aufgehört hatte. Sie versuchte, sich auf die Worte zu konzentrieren, mußte aber unwillkürlich immer wieder zu Robert hinübersehen. Sie erinnerte sich an das Leuchten in seinen Augen, als er ihr das Buch schenkte und sie schelmisch dazu aufforderte, die Identität seines Verfassers zu entlarven. Dies war jetzt ihre neue >Suche<, hatte er ihr gesagt, in der Hoffnung, sie damit bis zu ihrer schließlichen Rückkehr nach Rosmorigh zu beschäftigen, wenn sie endlich ihre eigentliche Suche wiederaufnehmen könnten. Falls sie den wahren Autor erriet, hatte er ihr in Aussicht gestellt, dürfe sie entscheiden, was mit dem Schatz geschehen sollte, wenn sie ihn erst gefunden hatten. Wenn sie es nicht herausfände, würde er diese Entscheidung treffen.
    Catriona stellte sich Robert lieber so vor, wie er an jenem Tag bei Hatchard’s gewesen war, als er sie geneckt und ihren Ehrgeiz angestachelt hatte, nicht so, wie er nach seiner Verwundung ausgesehen hatte, bleich im Gesicht, das Hemd voller Blut. Die Zeit, die sie im Salon mit Warten verbracht hatte, während der Arzt sich um Robert kümmerte, hatte ihr weidlich Gelegenheit geboten, über eine Reihe von Dingen nachzudenken. Sie liebte Robert. Sie liebte ihn so, wie er war. Und bei dem Gedanken, daß sie ihn jetzt um Haaresbreite verloren hätte, war ihr so angst und bange geworden wie noch nie im Leben. Sie wollte, daß er ein Teil ihres Lebens blieb. Für alle Zeit. Und selbst wenn er ihre Liebe jetzt noch nicht in gleichem Maße erwiderte, wer weiß, so könnte sich dies später vielleicht ändern. Oder eben nicht. Es kümmerte sie nicht mehr. Sie wollte nur noch einmal mit ihm sprechen können. »Weißt du, ich lese gerade das Buch, das du mir geschenkt hast«, sagte sie leise zu ihm. Ihr war bewußt, daß er sie wegen des Laudanums nicht würde hören können, aber sie mußte sich einfach irgendwie ablenken, um ihn nicht fortwährend angstvoll anzustarren. »Ich kann gar nicht verstehen, warum es einen solchen Disput darüber gibt, wer der Verfasser ist, wo doch so klar auf der Hand liegt, daß es Sir Walter Scott gewesen sein muß. Wer sonst hätte es schreiben können? Es wird dir noch leid tun, daß du mit mir darum gewettet hast.«
    Sie betrachtete ihn aufmerksam.

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