Die schoene und der Lord
die Kugel knapp unterhalb der Schulter eingetreten war.
Der Arzt, nach dem Tolley hatte schicken lassen, traf knapp eine Stunde später ein. Catriona hatte Robert bereits in das nächste zugängliche Zimmer geschafft, die Bibliothek, wo sie damit begann, ihm das Hemd auszuziehen. Sie wollte es ihm gerade am Hals aulknöpfen, als Robert hinauflangte und nach ihrer Hand griff.
»Darum wird sich der Doktor schon kümmern, Catriona.« »Unsinn. Ich kann doch die Wunde wenigstens schon mal ein wenig säubern. Aber dazu müssen wir dir erst dein Hemd ausziehen und ...«
»Catriona«, sagte Robert in beschwörendem Tonfall. »Wir sind noch nicht verheiratet.«
Er warf einen Blick zur offenstehenden Tür, durch die man in die Halle sehen konnte, wo die Schar der übrigen Gäste versammelt war und herüberspähte.
Da kam der Arzt herein und setzte so dem kleinen Disput ein Ende. »Miss, ich weiß, daß Sie sich um Seine Gnaden sorgen, aber ich kann Ihnen versichern, daß er sich bei mir in zuverlässigen Händen befindet. Den hiesigen Jägern habe ich schon oft genug Kugeln entfernt. Aber die Wunde wird keinen allzu erfreulichen Anblick bieten, und wir wollen doch nicht, daß Sie in Ohnmacht fallen.«
In Ohnmacht fallen? Catriona war noch nie in ihrem Leben in Ohnmacht gefallen. Sie war immer diejenige gewesen, die dabei zugesehen hatte, wenn ihre Mutter Angus am Bein nähte, wo er sich zuweilen mit der Sense tiefe Schnittwunden zugefügt hatte. Trotzdem blickte sie nun zur Tür hinüber, wo unzählige Augenpaare sie mit unverhohlenem Interesse anschauten. Sie kam zu dem Schluß, daß sie der Gesellschaft jetzt wirklich genug Gesprächsstoff geliefert hatten. »Ich warte dann im Salon.«
Catriona saß dort mit Tolley und Amelia zusammen, als der Arzt eine Stunde später hineintrat. Noah stand hinter ihnen am Fenster. Sie hatten gerade über die möglichen Verdächtigen gesprochen und sich auf die beiden geeinigt, die am ehesten in Frage kamen: Lord Kinsborough und Damon.
»Lord Sheldrake«, sagte der Arzt von der Tür aus, »wenn Sie einen Augenblick erübrigen könnten, damit ich mit Ihnen über den Zustand des Herzogs sprechen kann.«
Tolley sah Catriona an. »Ich glaube, Sie sollten eher mit der Verlobten des Herzogs sprechen.«
Der Doktor nickte und wollte sie mit einer Geste hinausbitten.
»Miss? «
»Sie können hier ganz frei reden, Doktor«, sagte sie. »Wir befinden uns unter Roberts engsten Freunden und Angehörigen.«
»Sehr wohl. Der Schuß ist dem Herzog in die Schulter gedrungen und hat dort eine Fleischwunde hinterlassen, den Knochen aber knapp verfehlt. Es hat mich einige Mühe gekostet, die Kugel zu entfernen. Auch für Seine Gnaden war dies nicht eben angenehm. Die Wunde ist jetzt gesäubert und
frisch verbunden, und ich habe ihm Laudanum gegen die Schmerzen verabreicht. Ich habe zwei von Lord Sheldrakes Lakaien gebeten, ihn nach oben in ein Schlafzimmer zu schaffen. Heute abend und in der Nacht wird er viel Ruhe benötigen. Morgen kann er dann wieder an die frische Luft und einen kleinen Spaziergang über das Anwesen machen, aber nur in der Nähe des Hauses, nichts, was ihn zu sehr anstrengen könnte.«
Catriona nickte. »Ich werde darauf achten, Sir.«
Der Arzt händigte ihr ein Fläschchen aus. »Hier haben Sie noch eine Dosis Laudanum, falls er es nötig haben sollte. Morgen vormittag komme ich dann wieder, um den Verband zu erneuern und die Wunde noch einmal zu säubern.«
Kapitel 25
Behutsam öffnete Catriona die Tür zu Roberts Schlafzimmer, um möglichst jedes Geräusch zu vermeiden. Es war schon sehr spät in der Nacht, die frühen Morgenstunden mochten bereits angebrochen sein. Ungeduldig hatte sie in ihrem Zimmer gewartet, bis sie hörte, wie sich die letzten Gäste zu Bett begaben, um sich erst dann hinauszuschleichen. Pikanterweise war Amelia ihr behilflich, indem sie den Korridor im Auge behielt.
Amelia wußte nur zu gut, daß Catriona vor Sorge um ihren Neffen schier außer sich war und ohnehin kein Auge zubekommen hätte, wenn sie geblieben wäre. Catriona wäre die ganze Nacht unruhig auf und ab gegangen und hätte so auch Amelia vom Schlafen abgehalten. Sie wollte unbedingt in Roberts Nähe sein, nur für den Fall, daß er sie brauchte, und es war ihr ein Bedürfnis, sich zu vergewissern, daß es ihm auch wirklich gutging. Tolley hatte ihr zwar genau dies versichert, aber sie würde es erst glauben, wenn sie sich persönlich davon überzeugt hatte.
Catriona fragte sich,
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