Die schoene und der Lord
Sessel ab. Die Leere, die sie empfunden hatte, ließ bereits allmählich nach. »Natürlich.«
In der Nähe des Hauses hatte sich eine Menschenmenge auf dem Rasen zusammengefunden, wo Robert und Lord Sheldrake sich zu Pferde messen würden. Tolley überprüfte noch einmal die Sattelgurte an seinem Pferd, einem bildhübschen dunkelbraunen Hengst mit schwarzen Sprenkeln. Ebenso eindrucksvoll stand Bayard in Erwartung seines Herrn da, und vor dem frischen Grün kam sein scheckig grauer Leib besonders gut zur Geltung.
»Hast du dich geistig schon auf deine Niederlage eingestellt, mein Freund?« meinte Lord Sheldrake zu Robert, während sie näher kamen.
Robert quittierte es mit einem Lachen. »Es täte Ihnen gut, den Mund nicht gar so weit aufzureißen, Mylord, sonst könnte es passieren, daß die Dreckklumpen, die mein Pferd vor Ihnen aufwirbelt, sich darin verirren und Sie daran ersticken.«
Über diesen Scherz wurde unter den Zuschauern herzlich gelacht, deren Schar durch neu Hinzukommende stetig anschwoll.
Tolley saß auf, und sein Pferd tänzelte nervös herum, als er sich in den Sattel schwang. »Um welchen Einsatz?«
Auch Robert ließ sich nun auf Bayards Rücken gleiten und warf seinem Freund ein schiefes Grinsen zu. »Einhundert Guineen.«
Die Menge ließ ein gedämpftes, langgezogenes »Ooooh« vernehmen.
Tolley schüttelte den Kopf und lachte ein wenig. »Nun komm schon, mein Freund. Ein wenig mehr sollte dir die Sache schon wert sein. Sagen wir, das Doppelte?«
Unter den Versammelten wurden bereits weitere Wetten abgeschlossen, wobei die Gunst sich gleichmäßig auf beide Reiter verteilte. Catriona spähte umher, und dabei entdeckte sie Lord Kinsborough, der am äußeren Rand der Zuschauergruppe stand. Er ließ Robert keine Sekunde aus den Augen. »Ich nehme Ihre Bedingungen an, Mylord«, sagte Robert. Dann entbot er einen ritterlichen Gruß. »Und dem Sieger gebührt die ganze Summe.«
»Großartig!« erwiderte Tolley. »Dann wollen wir starten.« Am äußersten Ende der aufgeregten Menge brachten sie ihre Pferde gleichauf in Stellung. »Das Rennen verläuft über folgenden Kurs.« Tolley deutete vor sich. »Quer über den Rasen, dann über den jenseitigen Zaun, um den Weiher herum, durch den Bach und wieder zurück.«
»Sieht recht einfach aus«, sagte Robert, während er hinüberspähte.
»Wir werden sehen, ob du das auch noch glaubst, nachdem ich dich geschlagen habe.« Er richtete sich im Sattel auf. »Bist du dann soweit?«
»Und du?«
Sie gingen in Startposition und warteten darauf, daß Noah den Startschuß abgab.
»Halt!«
Catriona drängte sich durch die Zuschauer zu Robert. Sie löste einen der karierten Stoffstreifen, die an ihrem Kleid festgeknotet waren. »Trag dies, es wird dir Glück bringen.« Sie langte hinauf und knotete Robert das Band am obersten Knopfloch seiner Jacke fest.
»Die Farben meiner Dame für ihren Ritter, der auf Abenteuer auszieht?« fragte er leise.
Sie lächelte.
Er nahm ihre Hand und küßte sie. »Die Gunst meiner Dame werde ich mit in die Schlacht nehmen.«
Mit diesen Worten griff Robert hinab und hob Catriona mühelos vom Boden hoch, um sie vor sich in den Sattel zu setzen. Ihre dunkelgrünen Seidenröcke flatterten in der sanften Morgenbrise über seine Beine. »Ein Kuß soll mein Schicksal besiegeln«, sagte er, und bevor Catriona noch antworten konnte, legte er ihr seinen Mund auf die Lippen.
Catriona hörte kaum, was die Zuschauer dazu von sich gaben, denn ihr war ganz leicht im Kopf, und das Herz schlug ihr wie wild, während Robert sie küßte.
Als er den Kopf wieder zurücknahm, hielt sie wie betäubt die Aufschläge seiner Jacke umklammert.
»Du wirst noch das Abzeichen meiner Dame zerknittern«, scherzte er und ließ sie dann wieder behutsam auf den Boden herab. Ihre ersten Schritte fielen ein wenig unsicher aus, weil ihre Knie sich ganz weich anfühlten.
»Ich bin bald wieder da, um mir meinen Siegerkuß abzuholen.«
Catriona trat wieder zurück, um sich nun das Rennen anzusehen. Als die Startpistole abgefeuert wurde, nahm sie aber vor Benommenheit den Knall kaum wahr.
Und schon waren sie auf und davon und jagten in vollem Galopp über das saftige Grün des Rasens, daß hinter den dahindonnernden Hufen die Dreck- und Grasklumpen nur so aufstoben. Robert preßte die Beine ganz eng gegen Bayards Flanken und lehnte sich tief über seinen Hals, während sie die Steinmauer überflogen. Ganz nah neben sich konnte er Tolley hören, aber er
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