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Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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selbst um diese Angelegenheit zu kümmern.
    Trotz der wortreichen Beteuerungen, trotz aller sorgfältig formulierten Sätze, die diesem Akt des Irrsinns so etwas wie einen Anstrich von Vernunft verleihen sollten, war Robert schmerzlich bewußt, daß Hastings mit all diesen Floskeln im Grunde nur eines sagen wollte: Mit einem Blinden wird meine Tochter keine Ehe eingeben.
    Obwohl das Feuer nun schon Wochen zurücklag, verursachte jedes Licht, das heller als eine Kerzenflamme war, Robert noch immer unerträgliche Schmerzen, vor deren Qualen er hilflos kapitulieren mußte. Bei schwacher Beleuchtung vermochte er kaum die groben Umrisse der Gegenstände in seiner unmittelbaren Umgebung auszumachen. Wenn es dunkel war und er zumindest keine Schmerzen litt, konnte er überhaupt nichts sehen.
    Der erste Arzt, der ihn untersuchte, war Dr. Dunbury aus der Nähe von Devonbrook gewesen, der Robert als Kind zahllose Male behandelt hatte. Seine Diagnose lautete, daß die Augenverletzung mit der Zeit ausheilen würde. Als Robert aber auch nach drei Wochen seine Sehfähigkeit noch nicht wiedererlangt hatte, schien selbst Dr. Dunbury die Hoffnung zu verlieren. Infolge der starken Hitze und des grellen Lichts während des Feuers hatten wohl die Nerven Schäden davongetragen, lautete seine Schlußfolgerung, und deshalb könne er leider nicht mit Bestimmtheit sagen, wann — oder ob überhaupt -Robert wieder sehen könne.
    Nachdem sie in ihr Stadthaus in London, Edenhall House, zurückgekehrt waren, hatte Noah eine ganze Reihe von Ärzten kommen lassen, die Robert untersuchen sollten. Einer dieser Quacksalber hatte sich dazu verstiegen, die unmittelbare Anbringung von Blutegeln auf Roberts Augen zu empfehlen, um so »das verbrannte Blut herausziehen« zu lassen. Ein weiterer Behandlungsvorschlag sah das Ausspülen der Augen mit einer Lauge vor. Robert entließ sie alle unverrichteter Dinge und brachte seine Tage in einem abgedunkelten Zimmer zu, wo seine Gedanken ausschließlich um den Alptraum des Feuers und den Verlust seines Augenlichts kreisten.
    Schließlich empfahl Noah seinen Optiker, der Roberts Augen erst gar nicht mit allen möglichen exotischen Substanzen zu traktieren versuchte, sondern statt dessen eine Brille mit dunklen Gläsern anfertigte, um die vom Licht verursachten Beschwerden etwas zu lindern. Seinen Darlegungen nach würde diese Brille die Augen schützen und so Schmerz und weitere Schäden verhüten, und gleichzeitig würde sie Robert davon erlösen, seine Tage in der Abgeschiedenheit dunkler Räume verbringen zu müssen. Nur mit der dunklen Brille konnte Robert sich wieder in der Gesellschalt zeigen, konnte mit seiner Kutsche Ausfahrten durch den Hyde Park unternehmen oder einer Vorstellung in der Oper beiwohnen; dabei würde er allerdings in Kauf nehmen müssen, daß er mit seinen Augengläsern stets das allgemeine Aufsehen auf sich zog.
    Der frühere Kammerdiener seines Vaters, Forbes, der sich in jener Nacht in seinem eigenen Zimmer im Dienstbotentrakt aufgehalten hatte, hatte nun bei Robert die gleiche Funktion übernommen. Forbes war darauf ebensowenig erpicht wie Robert. Er war abweisend, mürrisch und zuweilen sogar unverschämt. Seine Abneigung Robert gegenüber war offensichtlich. Aber wenn er auch für seinen neuen Herrn nicht viel übrig hatte, war er doch kein Narr. Ihm war klar, daß ihm kaum eine Wahl blieb. Da er schon älter war, waren seine Aussichten auf eine angenehmere Stellung nahezu gleich Null, und auf Grund der strengen Hierarchie unter Dienstboten verbot es sich ihm geradezu, anderswo eine rangniedrigere Stelle anzutreten.
    Also hatte Forbes diese Rolle übernommen, und Robert hatte ihn gewähren lassen. Forbes war nicht Pietro, aber immerhin kam er seinen Pflichten nach. Er kümmerte sich um Roberts Kleidung und achtete darauf, daß er jeden Tag rasiert war, wobei Forbes nicht nur die Rasur oblag, sondern er Robert auch noch jeden Morgen als erstes vom Bett zum Waschtisch geleiten mußte. Seine Pflichten umfaßten weit mehr als die eines einfachen Kammerdieners, denn er fungierte als ständiger Gefährte. Ohne seine Hilfe konnte Robert nicht einmal von einem Zimmer ins andere gelangen. Er wußte nicht, wo sich die Gegenstände befanden und konnte nicht sehen, wo er sie nach Gebrauch wieder hinlegen mußte. Sogar jetzt, in Quinbys Büro, stand Forbes schweigend hinter Roberts Stuhl, nicht anders als ein Wachhund, der auf seinen invaliden Herrn achtgab.
    Robert nahm diese reservierte und

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