Die schoene und der Lord
zuweilen sogar verächtliche Behandlung nur hin, weil er infolge seines neuen Lebens zu betäubt und niedergeschlagen war, um sich jemand anderen zu suchen, der ihm angenehmer gewesen wäre. Einmal hatte er darüber nachgegrübelt, ob er jemals etwas getan oder gesagt hatte, was ihm Forbes’ so offenkundige Abneigung eingetragen haben mochte. Erst einige Zeit nach seiner Rückkehr in die Stadt hatte Robert genauer herausgefunden, warum der Mann seinen Pflichten so widerwillig nachkam, als hätte er es mit dem Teufel höchstpersönlich zu tun. Diese Empfindung wurde im übrigen von nahezu allen in seinem Haushalt geteilt.
Vielleicht lag es daran, daß der Verlust seines Augenlichts seine übrigen Sinne geschärft hatte, oder auch daran, daß Robert die Reaktion der Gesellschaft ängstlich erwartet hatte — jedenfalls konnte er nicht leichtfertig von der Hand weisen, was sich an dem Abend zugetragen hatte, als er sich erstmals wieder in aller Form in der Öffentlichkeit gezeigt hatte.
Fast zwei Wochen waren verstrichen, in denen Robert sorgsam abgeschirmte Ausflüge unternommen hatte, die ihm einen gewissen Abstand zu den Menschen sicherten; so trat er zwar wieder in Verbindung zur Außenwelt, mußte aber keine allzu große Nähe gewärtigen. Ihm war jedoch klar, daß er nicht den Rest seines Lebens damit zubringen konnte, jedem Kontakt mit der Gesellschaft aus dem Weg zu gehen. Noah und Tolley hatten Robert so lange zugesetzt, bis er einem Abendessen bei White’s zugestimmt hatte. Eine einfache Mahlzeit, hatten sie gesagt. Eine Gelegenheit für Robert, sich neu zu akklimatisieren und wieder an die feine Gesellschaft zu gewöhnen. Keine großartige Festlichkeit, kein Ball. Keine gaffende Meute. Bloß ein informelles Mahl unter Männern, die er seit Ewigkeiten kannte.
Zu dem Zeitpunkt hatte es eigentlich ganz vernünftig geklungen. Es würde nicht zu einer Begegnung mit der holden Weiblichkeit kommen, jenem Teil der Gesellschaft, der sein Erscheinen zu einem Melodram stilisieren würde, als sei er einer der vielgelesenen Schmonzetten aus Lanes Minerva Press entsprungen. Darüber hinaus, und dies war eigentlich das Wichtigste, würde er nicht Gefahr laufen, Anthea zu begegnen. Zwar hatte ihre Trennung ihm keineswegs das Herz gebrochen, denn ihre Ehe wäre schließlich nur aus praktischen Erwägungen geschlossen worden, seinen Stolz jedoch hatte sie nachhaltig verletzt. Aber ein Abendessen unter Männern, die ihn kannten und um seine Verdienste wußten? Männern, die ihr Verhalten ihm gegenüber von dem tragischen Brand nicht beeinflussen lassen würden? Dies klang einleuchtend, ja sogar verlockend.
Einem größeren Irrtum hätte er nicht erliegen können.
Bei Roberts Erscheinen im Club trat sofort auffällige Stille ein, erstarb das gewohnte fröhliche Stimmengewirr, das ihn sonst immer begrüßte, sobald er durch die Tür trat. Ungeachtet früherer Freundschaften war Robert jetzt ein Herzog, und diese Erhöhung seines gesellschaftlichen Ranges allein hätte schon ausgereicht, ein solches Aufsehen zu verursachen. Hinzu kam noch die schaurige Tatsache des Brandes und seiner Erblindung, die durch die dunkle Brille vor seinen blicklosen Augen auf ominöse Weise hervorgehoben wurde, und so avancierte er vom bloßen Gesprächsthema zum Phänomen. Gewiß waren Wetten darüber abgeschlossen worden, wann das denkwürdige Ereignis seiner Rückkehr stattfinden würde. Nun, da es stattfand, würden die Morgenzeitungen sich wie die Aasgeier darauf stürzen.
Ein paar Einzelne entboten ihm einen leisen Gruß, darunter Bekannte seines Vaters und Studienfreunde von früher. Hierauf folgte jeweils die förmliche Bekundung der herzlichen Anteilnahme, während Robert und seine Begleiter den Weg in den Kaffeesalon zurücklegten, wo sie zu speisen beabsichtigten. Dort angekommen, konnte Robert hören, wie ein Tisch für sie geräumt wurde, und als sie endlich Platz genommen hatten, begann die anfängliche Aufregung etwas nachzulassen, die sein Erscheinen ausgelöst hatte. Die Männer wandten sich wieder ihrem Brandy und dem Kartenspiel zu, Gespräche wurden von neuem aufgenommen, und Robert verspürte die leise Hoffnung, daß sein künftiges Leben nun endlich beginnen könnte.
Da schnappte er die Neuigkeit auf, daß Napoleon von Elba entkommen war.
»Er ist in Frankreich?« fragte Robert, in der vagen Hoffnung, sich verhört zu haben bei dem, was er vom Nebentisch her mitbekommen hatte.
Es trat eine kurze Stille ein, bevor Noah
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