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Die schoene und der Lord

Titel: Die schoene und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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ihm endlich Antwort gab. »Ja, Rob. Bonaparte ist am Ersten des Monats in Cannes gelandet.«
    Hatte er sich so sehr zurückgezogen, daß sogar ein solch folgenschweres Ereignis nicht zu ihm durchgedrungen war? »Am Ersten? Das war vor zwei Wochen. Wie hat Frankreich darauf reagiert? Was sagt Wellington?«
    »In den Zeitungen wurde berichtet, daß die Franzosen ihn offenbar wie einen wiederauferstandenen Kriegshelden willkommen heißen, nicht wie einen Verbannten, der vor weniger als einem Jahr eine schändliche Niederlage erlitten hat.« »Gütiger Gott«, sagte Robert mit einem Kopfschütteln. »Nach der Niederlage in Amerika und jetzt, wo so viele wieder ins Zivilleben zurückgekehrt sind, ist die englische Armee doch so gut wie inexistent.«
    Jetzt ergriff Tolley das Wort. »Wellington ist noch in Wien.« Er schwieg kurz. »Ich reise morgen ab, um zu ihm zu stoßen. Deswegen habe ich dich auch so bedrängt, heute abend mit uns essen zu gehen, Rob. Ich wollte dir Lebewohl sagen, bevor ich die Reise zum Kontinent antrete. Momentan kann ich leider noch nicht absehen, wann ich wieder zurückkomme ...« Oder ob du überhaupt zurückkommst, vervollständigte Robert seine Aussage im stillen. »Wieso ist mir bislang noch nichts von Napoleons Flucht mitgeteilt worden? Auch wenn ich meine Offizierslaufbahn beendet habe, weiß Wellington doch bestimmt...« Robert führte seinen Satz nicht zu Ende. Natürlich hätte ihn niemand verständigt. Und er wäre auch nicht wieder in den Dienst zurückgerufen worden. Zu was hätte ein Blinder auch im Krieg taugen können, noch dazu ein Blinder, der sich ehedem Verdienste erworben hatte, weil er ein so ausgezeichneter Beobachter gewesen war?
    Vor ohnmächtiger Wut hätte Robert am liebsten mit der Faust auf den Tisch geschlagen. Wie sehr er es auch zu ignorieren versuchte, wie sehr er es auch verdrängte, die Tatsache blieb bestehen.
    Er war ein Invalide.
    Nutzlos.
    Überflüssig.
    »Ich werde Wellington über die Vorgänge hier in Kenntnis setzen, Rob«, sagte Tolley. »Wahrscheinlich wird dies alles ohnehin vorüber sein, bis ich in Wien eintreffe. Bonaparte kann nicht im Traum darauf hoffen, daß es ihm diesmal gelingen wird, die Welt zu erobern, wo er doch schon einmal so vernichtend geschlagen wurde.«
    Robert runzelte die Stirn. »Ich hoffe, du hast recht, Tolley.« Dann wurde ihr Gespräch für eine Weile unterbrochen, denn man servierte ihnen ihr Essen. Noah und Tolley begannen ihre Mahlzeit. Robert saß stocksteif da und rührte sein Essen nicht an. Er war sich nicht sicher, ob er überhaupt ohne fremde Hilfe zu essen imstande war, und jetzt würde er es wohl kaum ausprobieren.
    Das plötzliche Schweigen war etwas unangenehm, aber zumindest konnte er so hören, was in ihrer Umgebung geflüstert wurde. Er hatte zunächst nur auf die Gespräche über Napoleon geachtet, so daß er nicht mitbekam, wann das andere Gerede einsetzte.
    Zunächst schnappte Robert nur einzelne Worte auf.
    Feuer.
    Blind.
    Die Ärzte zweifeln an einer Genesung.
    Alles verloren.
    Sein Vater war zwar ein sehr wohlhabender Mann gewesen, aber er hatte nahezu alle verfügbaren Mittel in seinen Grundbesitz und seine Leidenschaft, die Devonbrook-Sammlung, investiert; diese Sammlung wäre Robert dereinst als Erbteil zugefallen. Abgesehen von den paar Stücken in Edenhall House in London, davon konnte man ausgehen, war die gesamte Sammlung bei dem Brand vernichtet worden. Und damit auch Roberts Absicherung für die Zukunft.
    Die Kosten für den Wiederaufbau von Devonbrook House würden auch einen Mann mit solidem finanziellem Hintergrund in den Bankrott treiben. Robert verfügte über beträchtliche eigene Mittel, sein Wohlstand war für einen zweiten Sohn sogar außergewöhnlich. Aber für einen Herzog? Einen Herzog, dessen jahrhundertealter Familiensitz bis auf die Grundmauern abgebrannt war? Grundbegriffe der Mathematik hatten offensichtlich auch zu Antheas Ausbildung gehört, denn sie hatte ziemlich rasch durchgerechnet, wie ihr künftiges Leben an seiner Seite aussehen würde.
    Und dann zirkulierte da noch eine andere Spekulation, die bei ihrer Entscheidung zweifelsohne eine bedeutsame Rolle gespielt hatte.
    Robert hätte es nicht glauben mögen, wenn er es nicht an jenem Abend bei White’s mit eigenen Ohren hätte mitanhören müssen. Kurzzeitig hatte die Lautstärke der Stimmen zugenommen, man war in allgemeines Gelächter ausgebrochen, als über einen Unglücklichen gewitzelt wurde, dessen Frau man unter

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