Die schoene und der Lord
kompromittierenden Umständen mit dem Diener ihres Mannes ertappt hatte. Unter dem Schutz dieser allgemeinen Konfusion mußte einer geglaubt haben, daß Robert nicht hören konnte, wie die Wette abgeschlossen wurde. Fünfundzwanzig Guineen wurden darauf gewettet, daß Robert selbst das Feuer in Devonbrook House gelegt hatte. Robert konnte nicht wissen, wer genau diese niederträchtigen Worte geäußert hatte, aber als er sie hörte, geriet er völlig außer sich. Er sprang auf und riß dabei den Tisch mit, so daß alles darauf, Teller, Weinflasche und Gläser, klirrend zu Boden fiel. Dann stieß er wüste Beschuldigungen gegen alle Anwesenden aus, verlangte zu wissen, wer die Wette abgeschlossen hatte, und drohte, den Betreffenden zu fordern. Was für einen kläglichen Anblick er geboten haben mußte, dieser Blinde, der Genugtuung bei einem Duell einforderte und drohend seine Faust gegen den unsichtbaren Missetäter schwenkte, ohne zu wissen, ob dieser Mann sich vor oder hinter ihm oder überhaupt noch im selben Raum befand.
Es gelang Noah, Robert mit einem geflüsterten »Nicht doch, Rob, bitte« zur Vernunft zu bringen, bevor er ihn mit Tolley zusammen an all den verblüfften Mitgliedern vorbei aus dem jetzt totenstillen Raum eskortierte und zur nächsten Mietdroschke brachte. Seit jenem Abend, der jetzt eine Woche zurücklag, hatte Robert sich nicht mehr aus dem Stadthaus gewagt, bis zum heutigen Morgen, als er in Quinbys Büro bestellt worden war. Dieser Pflicht war er bisher aus dem Weg gegangen, nämlich genauere Einzelheiten über das Erbe zu erfahren, das Jameson zugestanden hätte und jetzt ihm zufiel. Schon mehrere Male hatte er Quinby vertröstet, aber verschiedene Dokumente benötigten seine Unterschrift, um die neuen Besitzverhältnisse zu regeln, und nach diesem unumgänglichen Schritt würde er sich auch allen weiteren Unerfreulichkeiten stellen müssen.
Roberts Gedanken wurden jäh unterbrochen, als Quinby jetzt das letzte seiner Besitztümer erwähnte. »... oh, und ja, Euer Gnaden, dann wäre da noch der Besitz in Schottland.«
Über alles andere hatte Robert Bescheid gewußt, über die Ländereien, die Einkünfte, die geschäftlichen Unternehmungen. Immer schon hatte er Wert darauf gelegt, auf dem laufenden zu sein, was die Familieninteressen betraf. Dieser Besitz jedoch war ihm unbekannt.
»Der Besitz in Schottland, Quinby?«
»Ja, Euer Gnaden. Man spricht den Namen, glaube ich, >Ross-mo-rei< aus, und es handelt sich um eine Art altes Gemäuer, das vor mindestens fünfhundert Jahren erbaut worden ist. Den Devonbrooks ist es wohl infolge einer Wette zugefallen.«
Er hielt kurz inne und blätterte in seinen Unterlagen. »Tatsächlich entnehme ich hier, daß es Teil Ihres ursprünglichen Erbes sein sollte. Hier steht, ich soll Sie darüber in Kenntnis setzen, daß Ihr Vater es Ihnen vermachen wollte, weil nur Sie >seine verborgenen Schätze zu würdigen< wüßten, und er erwähnt, daß man dort vorzüglich angeln kann.«
Er räusperte sich und fuhr fort. »Meines Wissens hat Ihr Vater den Besitz von einem heruntergekommenen schottischen Lord gewonnen, der in böse Finanznöte geriet, nachdem der Tabakhandel während des Krieges mit den Kolonien in Übersee, das heißt: während des ersten Krieges, zum Erliegen gekommen war. Er befindet sich in einem ziemlich abgelegenen Teil des westlichen Hochlandes und kann nur per Postschiff erreicht werden. Im Umkreis von zwanzig Meilen findet man keine Straße, die mit Kutschen befahren werden könnte. Den Bilanzen zufolge, die ich vom dortigen Gutsverwalter Ihres Vaters erhalten habe, handelt es sich auch nicht um einen besonders einträglichen Besitz. Hier steht, er habe Ihrem Vater oft nahegelegt, das Eigentum zu verkaufen und den finanziellen Erlös einzustreichen, worauf der Herzog aber stets erwidert habe, es sei ihm gleich, ob der Besitz profitabel sei oder nicht. Von Zeit zu Zeit zog er sich gerne dorthin zurück, um der Jagd und dem Angeln zu frönen und sich in der Einsamkeit zu ergehen. Dort, so sagte er, könne er so viel Abstand von seinem Leben gewinnen wie nur möglich. Es muß ihm dort sehr gefallen haben, denn aus seinen Aufzeichnungen geht hervor, daß er es allein in den letzten beiden Jahren fünfmal aufgesucht hat. Wenn Sie es wünschen, kann ich in Erfahrung bringen, was der Besitz bei einem Verkauf einbringen würde.«
Robert erinnerte sich daran, wie sein Vater zu Zeiten auf mysteriöse Weise für ein paar Wochen zu verschwinden
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