Die schoene und der Lord
zurückkehren würde?
Oh ja, das würde sie.
Und er hoffte, das würde bald geschehen.
Als sie Rosmorigh verließ, kannte Catriona nur ein Ziel. Colonel MacReyford lebte in einem kleinen Häuschen auf
dem Land, das zu Rosmorigh gehörte, jenseits der Bergschlucht, die ihn von den MacBryans trennte, auf halbem Weg zwischen ihrem Hof und dem Schloß. Catriona kannte den Colonel seit ewigen Zeiten, und schon bevor sie ihre gemeinsame Suche begannen, hatte sie sich immer davongestohlen, um ihn zu besuchen. Wenn ihre Mutter sie früher als Kind suchte, wußte sie, daß sie nur zum Colonel zu gehen brauchte, wo sie Catriona dann auch zuverlässig vorfand. Am Ende blieb sie selber immer noch wenigstens eine Stunde, meist zwei, auf eine Kanne Kräutertee, und lauschte den Geschichten des Colonels genauso hingerissen wie Catriona.
Catriona hatte noch nie seinen Vornamen gehört; alle, die ihn kannten, nannten ihn nur Colonel. Sein Alter war ein ebensolches Rätsel wie sein Vorleben, obwohl Catriona im stillen glaubte, daß der Colonel mindestens hundert war. Er mußte einfach so alt sein, denn von Begebenheiten aus grauer Vorzeit wußte er so anschaulich zu erzählen wie ein leibhaftiger Augenzeuge. Keiner wußte, wo er herstammte, seine Familie und sein Clan waren niemandem bekannt. MacReyford war ein Name, der niemandem vertraut war. Und doch hatte er immer schon zu ihnen gehört, so schien es, in seinem etwas wackligen Häuschen, wo er Catriona als kleines Kind auf seinem imposanten Knie hatte herumhopsen lassen und Geschichten aus dem großen Jahr '45 und über Bonnie Prince Charlie erzählt hatte, während das glimmende Torffeuer ein warmes bernsteinfarbenes Licht verbreitete.
Dies war die einzige gesicherte Tatsache, die über den Colonel bekannt war, daß er nämlich während jener schrecklichen Zeit, die Jahrzehnte zurücklag, Soldat gewesen war. Die an den Ellbogen zerschlissene Uniformjacke, die er noch immer tagein, tagaus trug, legte davon beredtes Zeugnis ab; in ihrem Rücken klaffte ein beeindruckendes Loch, wo ihn Kartätschfeuer getroffen hatte, und franste über die Jahre immer mehr aus.
Es war schon beinahe Mittag, als Catriona das Häuschen des
Colonels erreichte, und die Sonne stand hoch am Himmel, über den wie immer dichte Wolken zogen. Von fern konnte Catriona das Rauschen der See hören, als sie an die kleine, verwitterte Tür trat und leise anklopfte. Um das Häuschen her lag der Geruch von Tort, der im Kamin vor sich hinbrannte, denn trotz der Sonne war die Luft merklich frisch, wie man es vom Hochland gewöhnt war.
»Colonel?« rief Catriona und schob die Tür ein Stückchen auf.
Drinnen konnte sie ihn durch die dünnen Rauchschleier hindurch sehen: Er kehrte ihr den Rücken zu und saß mit dem Gesicht zum Kamin gewandt in seinem uralten holzgeschnitzten Schaukelstuhl, mit dem er geradezu verwachsen schien. Bei ihrem Eintreten hob seine struppige, dicke orangerote Katze Matilda den Kopf, die mindestens ebenso alt wie er zu sein schien und ihren Namen der verstorbenen Frau des Colonels verdankte, die nie jemand kennengelernt hatte. Als sie Catriona erkannte, zwinkerte sie kurz und ließ den Kopf wieder sinken, denn alles, was nicht mit Fressen zu tun hatte, interessierte sie herzlich wenig.
Lautlos stahl Catriona sich hinein und trat von hinten an die reglose Gestalt des Colonels heran.
»Colonel, sind Sie wach?« fragte sie mit leiser Stimme, während sie näher kam.
Er gab keine Antwort.
Das Feuer im Kamin glomm nur noch schwach vor sich hin, und Catriona nahm aus der Torfnische in der Wand einen frischen Torfblock, um ihn aufs Feuer zu werfen, wo sie die Glut mit einem Schürhaken unter ihn schob. Über dem Feuer bemerkte sie einen Tiegel mit des Colonels Lieblingseintopf, der friedlich vor sich hinköchelte; sie rührte ein wenig darin herum und nahm ihn vom Feuer, nachdem sie festgestellt hatte, daß alle Zutaten durch waren. Als sie sich umdrehte, sah sie im Feuerschein das friedliche, faltenübersäte Gesicht des
Colonels, dessen untere Hälfte von einem schneeweißen Bart verdeckt wurde; früher einmal, so hatte er ihr versichert, war er karottenrot gewesen. Sein schütteres, ebenfalls weißes Haar war wie immer zu einem Zopf gebunden, seine Augen waren geschlossen, und sein Kopf hing ein wenig zur Seite. »Colonel? «
Noch immer keine Antwort. Catriona trat noch näher und legte ihm ihre Hand auf die krumme Schulter. »Können Sie mich hören, Colonel?«
Als er trotz ihres
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