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Die Schöne und der Tod (1)

Die Schöne und der Tod (1)

Titel: Die Schöne und der Tod (1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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anders ist. Dass Baroni mit seiner spontanen Antwort voll ins Schwarze getroffen hat, ist genial, dass er sie beide aber jetzt damit ins Unglück stürzt, ist purer Größenwahn, unvernünftig, einfach nur dumm. Max hat kein Geld, das er einfach so verlieren kann, es reicht zum Leben, mehr ist da nicht. Er überlegt, ob er Baroni stoppen soll, ob er dem Bullen das Geld aus der Hand reißen soll, ob er Baroni aus dem Lokal, hinaus auf die Straße schieben soll. Aber er bleibt, er straft Baroni nur mit einem bösen Blick, er schneidet Grimassen. Baroni grinst.
    Ich liebe Wien, sagt er.
    Max folgt den beiden in ein Hinterzimmer. Um einen Tisch sitzen fünf Menschen und spielen. Der Geber schaut sie an, begutachtet die neuen Gesichter, nickt und weist ihnen zwei Plätze zu. Der Bulle setzt sich etwas abseits und legt seine Beine auf einen Schreibtisch.
    Wie sie von den anderen Spielern kurz gemustert werden, wie dann die Blicke zurück in die Karten gehen. Wie unwirklich es Max vorkommt, wie billig. Baroni schiebt die Hälfte der Chips, die er bekommen hat, zu Max. Er grinst immer noch. Der Geber erklärt die Regeln und teilt aus. Keiner spricht mehr als nötig, Baroni nickt Max aufmunternd zu, doch der fühlt sich unwohl, er will weg, will aus diesem Raum, er will nicht spielen, er weiß, dass er verlieren wird, dass Baronis Geld bald weg sein wird. Was für ein Unsinn, so hat sich Max das nicht vorgestellt, das wollte er nicht. Sie wollten doch nur reden, etwas herausfinden über Marga. Nicht das hier, keine Karten in seiner Hand, keine bunten Chips, die ständig ihre Besitzer wechseln. Ihm ist schlecht, er verliert. Auch in der dritten Runde verliert er, in der vierten. Der kleine Haufen Plastik vor ihm wird immer kleiner, mit jeder schlechten Karte, die er kauft, verflucht er sich, er hasst sich dafür, dass er darauf bestanden hat, in den Club zu gehen. Max verliert, Runde für Runde, so sehr er sich auch konzentriert, er kauft die falschen Karten, er bleibt, wenn er gehen müsste, er geht, wenn er bleiben sollte. Er macht alles falsch, alles, was man falsch machen kann. Trotzdem beginnt er zu lächeln.
    Seine Stimmung wird von Minute zu Minute besser, mit großen Schritten kommt die gute Laune wieder in sein Gesicht zurück, das Grinsen wird größer mit jedem Spiel, das Baroni gewinnt. Max weiß nicht, wie er das macht, aber Baroni entscheidet beinahe jede Runde für sich, ständig schiebt er den Pot zu sich, wirft die Chips auf seinen Haufen, macht ihn immer größer. Er hört nicht auf, Max zu überraschen, er ist gelassen, souverän, die bösen Blicke der anderen ignoriert er, die Wut, die ihn treffen soll, die leisen Verwünschungen, die man gerade noch hört zwischen ihren Zähnen. Es ist Baronis Spiel, so lange, bis keiner mehr Chips hat. Auch Max nicht, alles, was ihm Baroni gegeben hat, ist jetzt wieder dort, wo es herkam. Es ist nichts passiert, im Gegenteil, wie ein Wunder ist es, viele tausend Euro liegen vor Baroni, viele, viele bunte Chips. Alles ist gut.
    Doch als Baroni aufstehen will, hält ihn einer am Arm fest, er fordert ihn auf, sitzen zu bleiben, er wird Geld holen, er will weiterspielen. Baroni bleibt sitzen.
    Er schiebt Max erneut einen Stapel Chips zu und wartet. Der Spieler geht zum Schreibtisch, bittet den Bullen um Geld, viertausend Euro. Er unterschreibt einen Schuldschein und nimmt die Chips. Es ist eine Sache von einer Minute, der Bulle hat die Schuldscheine vor sich liegen, er füllt nur den Namen ein und den Betrag. Unterschrift, Chips und der Spieler sitzt wieder am Tisch. Nur er noch, Max und Baroni.
    Bitte nicht, denkt Max, nicht verlieren jetzt, nicht das ganze schöne Geld wieder verlieren. Er hofft, bangt, spielt ebenso schlecht wie in den zwei Stunden zuvor und staunt weiter. Baroni hört nicht auf zu gewinnen. Auch wenn der andere ein paar Runden gewinnt, am Ende ist es Baroni, der die fremden Chips zu seinen schiebt. Sein Haufen wächst und wächst, Max jubelt innerlich. Er bemüht sich, ruhig zu bleiben, sich nichts anmerken zu lassen, aber er kann sich kaum noch halten.
    Nach einer halben Stunde sind sie fertig, der andere verschwindet laut fluchend. Max hilft Baroni, die Chips zu zählen, immer noch verbirgt er seine Freude, dieses überschwängliche Gefühl, das heraus will. So gerne würde er tanzen, Baroni umarmen, schreien vor Glück und Bewunderung. Doch zuerst kommt der Bulle, er zahlt aus. Abzüglich des Einsatzes und der zwanzig Prozent, die er für sich

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