Die Schöne und der Tod (1)
besessen von ihr, der kann nicht loslassen, der hat ein richtig, richtig großes Problem.
– Ob du die Sachen hast.
– Der ist zu allem fähig, zu allem, verstehst du? Er ist aus dem fünften Stock gesprungen, er hat sie ausgegraben, er wollte sie konservieren lassen, er wollte nicht, dass sie von deinen Friedhofswürmern gefressen wird. Genau so wars. Vielleicht hat er sie ja im Kofferraum mit nach Wien gebracht, vielleicht hat er sie ja immer dabei, fährt mit ihr durchs Land, redet mit ihr, wenn er einsam ist, vielleicht schläft er im selben Bett mit ihr. Vielleicht hat sie zu stinken begonnen und er hat sie irgendwo weggeworfen, irgendwo hinter der Grenze, in einem ungarischen Wäldchen. Vielleicht, Max. Verstehst du?
– Nicht Kattnig hat das Problem, sondern du.
– Könnte doch sein. Ich habe das im Gefühl, ich bin mir ganz sicher, er wars, ich spüre es.
– Was ist los mit dir?
– Was soll sein?
– Du redest Scheiße.
– So wie du.
– Komm jetzt, bitte, steig in den Flieger und komm.
– Du kannst mich mal.
– Bitte, Baroni, tu es für mich.
– Ich hasse deine Sturheit.
– Bitte.
– Aber wir trinken einen, wenn ich da bin.
– Ich warte auf dich.
Max schlägt die Wohnungstür ins Schloss. Dass Kattnig sich umbringen wollte, daran will er nicht denken, das hat nichts mit dem zu tun, was vor ihm liegt. Kattnig ist unschuldig, das weiß er, Max ist sich sicher. Und er hat Hunger.
Sein Kühlschrank ist leer, Tilda will er nicht sehen, er will nicht wieder mit ihr diskutieren, sich belehren lassen. Er entscheidet sich für Hanni. Ihre Würste schreien nach ihm, das Bier, das er gleich aufreißen wird, er hört es über den Dorfplatz.
Hanni lächelt ihn an. Sie freut sich, ihn zu sehen, sie gibt ihm, was er will, sie schaut ihm beim Essen zu, beim Trinken. Sie sind allein, keine Kundschaft, nur Max und Hanni, die Fritteuse, sie trinken zusammen, unterhalten sich, unbeschwert, am ruhigsten Ort der Welt. Bis Baroni kommt und sich zu ihnen setzt. Es ist zu spät, um heute noch zum See zu fahren, also schenkt sich auch Baroni ein Bier ein und setzt sich neben Max.
Es wird dunkel am Dorfplatz, nur der Würstelstand leuchtet, ein kleiner Quader, ein großes Fenster, drei Menschen hinter Glas, die von Stunde zu Stunde unbeschwerter werden. Hanni, Max und Baroni. Max und Baroni nebeneinander auf der kleinen Bank, Hanni ist so etwas wie Heimat an diesem Abend, Hanni hinter dem Tresen bis Mitternacht. Auch wenn Baroni den Würstelstand vorher noch nie betreten hat, jetzt ist es der schönste Platz, den er kennt. Wie leicht alles ist. Kein Wort über Marga, keines über Dennis, nur Unsinn in ihren Mündern, nichts, das weh tut.
Kurz vor Mitternacht überkommt Baroni der Hunger. Hanni bietet Würste an, doch Baroni will für sie kochen, er will Nudeln, sie sollen mit zu ihm kommen, er besteht darauf. Sie wandeln über den Dorfplatz, schlendern zu Baronis Haus, stolpern fröhlich nach oben, Arm in Arm, zu dritt, lachend.
Bevor Baroni zu kochen beginnt, zeigt er Max die Ausrüstung. Er durchwühlt zwei große schwarze Taschen, Anzug, Regler, Flaschen. Max bedankt sich mit strahlenden Augen, klopft Baroni auf die Schulter, er ist sich sicher, dass sie Marga dort unten finden werden. Baroni lacht ihn aus, er schüttelt siegessicher den Kopf und zieht die Reißverschlüsse wieder zu, als Hanni von der Toilette kommt.
Wien, Wien, nur du allein, singt Baroni.
Du wirst schon sehen, sagt Max.
Hanni ist begeistert von Baronis Haus, sie streift von Zimmer zu Zimmer, sie nimmt Baronis Einladung an, sich ungehemmt umzusehen, während er kocht. Immer wieder bleibt sie mit offenem Mund stehen und staunt. Max lächelt ihr zu, er geht mit ihr ins Bad, während Baroni beginnt, Zwiebeln zu schneiden. Hanni steht vor der überdimensionalen Badewanne und schwärmt, sie streichelt den Marmor, sie grinst, Baroni kocht. Überall ist Musik, in jedem Raum sind Lautsprecher, Hanni juchzt vor Freude, ausgelassen.
Dann das Essen. Makkaroni in Gorgonzolarahmsauce, Brot und Wein, guter Wein. Sie sitzen um den riesigen Esstisch, durch die großen Fenster sieht man das Dorf, gegenüber die Terrasse von Max. Hanni ist begeistert, das Essen fällt ihr fast aus dem Mund, sie schwärmt von den Nudeln, von der Badewanne, dem Ausblick, wie großzügig alles ist, sie schätzt, was das Haus gekostet hat, sie rechnet, sie kaut.
Unverschämt, sagt sie. Aber schön.
Baroni lacht, er mag ihre unverblümte Art, wie offen sie ist,
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