Die Schöne vom Nil
daß Luisa nie wieder auftauchen würde – Ägypten, das geheimnisvolle Land, würde sie wohl verschlungen haben. In Pernam begann ein ungeheurer Haß auf dieses Ägypten zu wachsen – wegen der paar Extremisten.
»Ich frage mich, was sollen die Rebellen mit Dr. Alius?« fuhr Herburg fort. »Das ist doch die erste Frage. Luisa ist bestimmt nicht der Typ, der sich in einen Schock noch mehr hineinsteigert und jetzt in der Wüste umherirrt. Nie! Ich habe wenige Frauen kennengelernt, die soviel Mut haben wie Luisa Alius. So ein Überfall wirft diese Frau doch nicht um …«
Suliman nickte mehrmals zur Bestätigung. Er sank in einen seiner Seidensessel und riß sich das Smokinghemd über der Brust auf. »Dann geben Sie mir eine andere Erklärung, Frank! Dr. Alius ist weg … Das allein ist doch die Tatsache … alles andere sind nur Vermutungen, Deutungen, von mir aus eine Flucht vor der Wahrheit …«
»Und was ist die Wahrheit?« Harris Pernam fragte es dumpf.
»Daß man Luisa – vielleicht – als Geisel benutzt …«
Nun war es ausgesprochen. Das Wort stand drohend im Raum.
Nach einer Weile sagte Dr. Herburg: »Eine deutsche Ärztin als Erpressungsmittel für ägyptische politische Ziele? Das ist absurd! Wenn man Sie mitgenommen hätte, Suliman …«
»Ich lag hinter dem Ochsen am Spieß …«
»Ein herrliches Versteck!« rief Professor Mitchener sarkastisch. »Die Rebellen schienen keinen Appetit auf ein saftiges Steak zu haben!«
»Ich warf mich da hin, wo ich gerade stand – zusammen mit Salimah. Wir wollten gerade inspizieren, wie weit der Ochse gebraten war …« Suliman stand auf.
Der Militärarzt kam aus dem Billardzimmer. Er konnte auch nicht mehr feststellen: Die neun Personen waren tot.
Im großen Salon tagte eine Konferenz der hohen Herren, die sich gerade darauf geeinigt hatten, einen Krisenstab zu bilden.
Beamte der politischen Polizei untersuchten das Kampffeld und sammelten Patronenhülsen und Blindgängerprojektile auf. Der inzwischen in einem Hubschrauber gelandete Polizeipräsident sprach Suliman sein Beileid aus, was dieser mit einem bösen Knurren zur Kenntnis nahm.
Die Fallschirmjäger waren schon wieder in der Luft. Sie flogen in zwei Hubschraubern tief über das Land und leuchteten alles mit starken Scheinwerfern ab, um Spuren der Reiterschar zu entdecken. Jetzt noch mit Jeeps zu suchen, wäre vergeudete Zeit – mit einem Hubschrauber dagegen holt man alles ein, was auf der Erde flüchten will.
Aber auch diese Aktion war leider umsonst.
Die kleine Funkzentrale, die man in Sulimans Eßzimmer aufgebaut hatte und die mit allen Soldaten und Polizisten zu Lande und in der Luft in Verbindungstand, meldete stereotyp: »Keine Spuren! Die Reiter sind anscheinend geradewegs in die Wüste geritten. Hier verlieren sich alle Spuren im harten Geröll. Das Gelände wird sehr unübersichtlich. Man vermutet, daß sich die Rebellen in den Dschebel Quatrani abgesetzt haben.«
»Auch das noch!« stöhnte der Vertreter des Innenministeriums, der gleichzeitig der Vertreter des Chefs der Geheimpolizei war. Trotz Sulimans dringendem Anruf war dieser selbst im Bett geblieben und hatte seinen Vertreter beauftragt. Bei Spurensicherungen und Vernehmungen brauchte man den Chef der Geheimpolizei nicht – seine Aufgaben waren größerer Natur.
»Der Dschebel Quatrani! Völlig aussichtslos! Dort gibt es Wüstenberge und Schluchten und Tausende von Verstecken in Höhlen! Da kann sich eine ganze Armee verschanzen, ohne daß jemand etwas davon merkt!«
»Wir werden systematisch suchen!« schrie der Polizeipräsident. »Mit Hilfe von Armee und Luftwaffe muß es doch gelingen, ein paar Rebellen …«
»Im Dschebel Quatrani? Nie! Die Reiterschar hat sich längst in verschiedene Richtungen aufgelöst! Wollen Sie jeden Reiter festnehmen lassen, der in diesem Gebiet auf einem Pferd sitzt? Das ist ja die Taktik dieser räudigen Hunde, Allah verfluche sie: Sie greifen als Masse an, lösen sich dann auf und verschwinden einzeln im Land! Morgen früh gehen sie wieder friedlich hinter ihrem Pflug her oder bewässern ihre Felder, backen Lehmziegel und reparieren ihre Stalldächer. Wie wollen Sie diesen Leuten beweisen, daß sie heute nacht unterwegs waren? Ja, wenn jemand einen von ihnen erkannt hätte … dann! Dann würden wir über diesen einen die ganze Bande aufrollen, denn der Bursche würde singen – das garantiere ich Ihnen! Aber kennen wir einen? Nein! Wer hat sonst noch vernünftige Vorschläge?«
Keiner
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