Die schoenen Hyaenen
verdorben hat, um seiner Freundin ein Geschenk machen zu können«, giftete Michael. »Ich möchte hinzufügen: einer Freundin, die für manches gut sein mag, nur nicht für die Leinwand.«
»Man kann mit Michael einfach nicht arbeiten«, warf Sam ein. »Außerdem stört eine gewisse Leblosigkeit bei Jahne, jedenfalls streckenweise.«
»Das interessiert mich nicht«, unterbrach April. »Es geht nicht darum, daß oder warum der Film Scheiße ist, oder wer dafür verantwortlich gemacht werden sollte. Es geht darum, wie man ihn retten kann.« April war die Ruhe selbst, wie immer, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stand. Die schlimmste Zeit machte sie durch, bevor alles verloren war. Jetzt aber wußte sie, daß sie die Zügel in die Hand nehmen mußte. Das gab ihr Kraft.
»Wir müssen den Film retten«, wiederholte sie.
»Unmöglich«, urteilte Michael. Sam zuckte wie unter einem Schlag zusammen.
April seufzte. Sam glich einem gereizten Gaul: Die Augen weit aufgerissen, so daß das Weiße vorherrschte, bereit, im nächsten Augenblick davonzugaloppieren. Michael benahm sich unmöglich. Auch in seinen ausgeglichensten Momenten gehörte Michael nicht zu denen, die ein Problem zu lösen verstanden. Seymore fand grundsätzlich keine Lösungen, und ähnlich stand es mit den anderen Anwesenden.
Natürlich konnte man bei der Bearbeitung eines Films einiges ausbügeln: Die richtige Musik unterlegen, hier und da einen neuen Dialog hineinbringen. Wenn es hart auf hart kam, ließen sich einige Szenen nachdrehen, auch wenn das zusätzliche Kosten verursachte.
»Wir können das noch hinkriegen«, erklärte April aus diesen Überlegungen heraus.
»Ausgeschlossen!« behauptete Seymore.
»Wir sollten jetzt nicht überreagieren. Die Säuglingssterblichkeit in Kalkutta zu beseitigen ist unmöglich. Hier geht es darum, einen Film auf Vordermann zu bringen.« April stand auf und glättete die Lederhosen, die sie fast zweitausend Dollar gekostet hatten, sich aber trotzdem im Schritt unangenehm anfühlten.
»Bei der Säuglingssterblichkeit hätten wir vergleichsweise größere Erfolgschancen«, stöhnte Seymore, der wegen seiner stets pessimistischen Einstellung »Katastrophen-Seymore« genannt wurde.
»Vielen Dank für die allgemeine Unterstützung«, spottete April kalt. »Die Neuverfilmung eines Filmklassikers ergibt nur einen Sinn, wenn etwas Neues hinzukommt. Nehmen wir High Girl Friday oder Front Page . Als Hildy zur Frau wurde, kam bei der Neuverfilmung etwas hinzu.«
»Ja. Sex. Und Cary Grant. Wir haben nichts«, faßte Seymore deprimiert zusammen.
»Ihr habt mich«, warf Michael ein.
»Ich wiederhole: Wir haben nichts«, versteifte Seymore sich.
»Herrgott, Seymore, halten Sie den Mund!« schrie Michael. Er wandte sich aggressiv an Sam. »Was ist, Sie genialer Drehbuchautor und Regisseur?«
»Straffung würde helfen. Der Ablauf ist zu langsam. Und wenn wir einen neuen Blickwinkel für die Liebesgeschichte hätten...«
»Vergiß die Liebesgeschichte.« April erlebte einen gewaltigen Adrenalinstoß. Sie hatte solche Situationen schon erlebt. Doch jede war wieder ein wenig anders. Jedesmal fürchtete sie, es dieses Mal nicht schaffen zu können. Doch wie bei all den vorhergehenden Problemen spürte sie auch jetzt, daß die Lösung vor ihrer Nase lag. Sie mußte nur schlau genug sein. Sie durfte die Augen nicht verschließen und mußte den Mut aufbringen und die Kraft, den Gedanken auch in die Tat umzusetzen.
»Ich will die Tagesabzüge sehen. Jeden. Ich brauche jeden Schnitt, auch die, die nicht verwendet wurden. Jeden verdammten Millimeter Film will ich vorwärts und rückwärts sehen.«
52.
Jahne kehrte in ihr Haus zurück. Ein leeres Haus. Unpersönlich. Die neuen Folgen von Three for the Road würden kein Spaziergang werden. Jahne litt unter der Arbeitslast. Zudem bedrückte sie die Einsamkeit. Denn Sam hatte mit der Bearbeitung des Films so viel zu tun wie sie mit der Serie. Tagsüber sah Jahne ihn nicht, nur abends. Jahne erlebte das wie einen Alptraum. Zwar hatte Sam verlangt, sie solle ihm vertrauen, was das Drehbuch, ihre Rolle, seine Treue und Liebe anlangte. Doch das gelang ihr immer schlechter. Jede Nacht fühlte sie sich wie auf dem Prüfstand.
An diesem Abend hatte Sam versprochen, in jedem Fall zu kommen, wenn auch etwas später. Sie deckte den Tisch, stellte hin, was die Haushälterin vorbereitet hatte.
Schließlich aß sie etwas Salat und Quark, duschte und ging zu Bett. Sie wollte den Rest ihres
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