Die schoenen Hyaenen
zu betrachten, hatte ihr fast körperliche Pein verursacht. Michael spielte den Wütenden, auch wenn die Rolle etwas anderes verlangte. Jahne Moore sah nur gut aus. Sie sprach ihren Text auch gut. Doch irgendwie kam bei dem Zusammenspiel der beiden nichts herüber.
April schloß die müden Augen. Sie hörte die Dialoge. Die klangen gut. Sie öffnete die Augen wieder und schloß sie ebenso schnell. Wieder gefiel ihr der Text. Natürlich dient der Groll oft als guter Zündstoff für Leidenschaft. Und Groll hatte es bei dem Set wahrhaftig genug gegeben. Was April brauchte, war ein Mann wie Mankiewicz, um den Film in Ordnung zu bringen. Der verstand es, die Hitze zu halten. Ein Jammer, daß er schon tot war.
Plötzlich rührte April sich nicht mehr. Sie erstarrte. Was hatte Mankiewicz damals gesagt? Sie brachte seine Worte nicht zusammen. Doch die liefen darauf hinaus, daß der erste, der es wagen würde, zum ersten Mal den Geschlechtsakt auf die Leinwand zu bringen, Milliardär werden würde. Oder hatte es Goldwyn gesagt?
April hielt die Augen geschlossen und hörte nur noch zu. Dann kam ihr der Gedanke, so, als sei er schon immer in ihrem Kopf gewesen. ja!
Natürlich ging April damit ein Risiko ein. Das wußte sie. Der Film galt als Darstellung einer großen, romantischen Liebesgeschichte. Doch die genügte nicht. Wir sind jetzt in den 90ern, sagte April sich. Es wird allmählich Zeit, der Welt eine Liebesgeschichte vorzuführen und die Liebenden auf der Leinwand zu zeigen. Nicht Pornodarsteller, sondern Stars, die man kannte und liebte. Nicht nur eine Kurzeinblendung mit einem Vorüberhuschen an dem Eigentlichen. Zwar mußte man hier und da etwas verwischen. Doch warum sollten die Leute nicht sehen, was sie sehen wollten? Mochten die Frauen im Zuschauerraum ruhig eine feuchten Slip bekommen und die Männer ein bretthartes Glied. Was schadet es, daß Michael ein alternder Star war. Man konnte seinen Körper doublen. Sie würden da einfach schneiden und einsetzen.
Das müßte eigentlich die Alten wie die Jungen anlocken. Die Alten würden Sehnsucht verspüren. Vor zwanzig Jahren hatten die Frauen Michael zu ihrem Idol erkoren. Die Männer hatten ihn als Vorbild angesehen und waren mit ihm älter geworden. Man konnte den schlafenden Hund noch einmal wecken. Alle würden verrückt danach sein, und alle würden nach Hause gehen und das machen, was sie im Kino gesehen hatten. Mein Gott, diese Möglichkeiten!
Alles paßte zusammen. Klar, Mut gehörte schon dazu. Seit dem Letzten Tango hatte kein Star mehr Sex gezeigt. Sogar Michael Douglas hatte sich in Basic Instinct zurückgehalten. Doch McLain war verzweifelt. April wußte, saß sie ihn für den Gedanken erwärmen konnte.
Nur Jahne Moore konnte Schwierigkeiten machen. April lächelte. Für die Klausel über das Double waren zwar hohe Anwaltskosten und viel Mühe nötig gewesen. April hatte Sy Ortis verflucht. Doch nun erlaubte ihr eben diese Klausel, alles mögliche einzuschieben. Sie hatte da ganz freie Hand. Wenn die Nahaufnahmen Jahne Moores Gesicht zeigten, war das eben der Zauber von Hollywood. Vielleicht regten Miss Moore oder Sy Ortis oder Marty DiGennaro sich auf. Vielleicht verlor Jahne ihren Vertrag bei Flanders Cosmetic. Vielleicht regte sich sogar Sam auf, wenn er seine Freundin breitbeinig auf der Leinwand sah.
Nur gut, daß ich mir die Genehmigung der Endfassung ausbedungen habe, dachte April. Sam konnte zustimmen oder gehen. April war das egal. Sie stand auf.
54.
Nach zwei Nächten ohne Sam war Jahne am Ende. Sie ging wie ein Zombie durch den Tag, fand nachts keinen Schlaf. Was hatte er ihr nur angetan und was sie ihm? Sie lag im Bett und weinte sich die Augen aus. Wen hatte sie gerächt? Was bewiesen? Am Ende ihrer Kräfte rief sie ihn am Freitag an und bat ihn, Samstagabend zu ihr zu kommen.
Sie liebten sich, als seien sie Jahre, nicht Tage, voneinander getrennt gewesen. Jahne gab zu, daß sie sich unvernünftig verhalten hatte und glaubte Sam, als er ihr erneut versicherte, daß zwischen ihm und April nichts mehr war. Sie schlief mit ihm und hatte zum erstenmal seit Tagen keine Alpträume.
Doch wie ein Schorf juckte die Vergangenheit und ließ Jahne keine Ruhe.
An diesem sonnigen Sonntagmorgen lag Sam ausgestreckt auf der Wohnzimmercouch. Er wirkte erschöpft.
Plötzlich zog er etwas aus der Tasche und hielt es ihr hin. Einen Augenblick lang dachte sie an Michael McLains Geschenk. Doch Sam hatte keinen Schmuck aus der Tasche geholt, sondern
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