Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
Vom Netzwerk:
Jackie. »Ich hab es satt, ständig stellvertretend für dich heiße Träume von großen Lieben zu träumen. Der spirituelle Austausch zwischen uns ist nicht sehr ausgewogen.«
    »Ach, Jackie, vergiss doch jetzt die Geschichte von gestern Abend«, beruhigte ich sie. Allerdings nahm ich bei der Erwähnung der gestrigen Ereignisse ein nervöses Flattern im Magen wahr. Zu viel Aufregung in den letzten vierundzwanzig Stunden! »Wir brauchen deine Hilfe.«
    Jackie hatte es gern, wenn man ihre Hilfe brauchte. Sofort änderte sich ihr Tonfall von mürrisch zu selbstbewusst geschäftig. »Du kennst mich, ich hab bisher noch jedes Kindchen geschaukelt!«, sagte sie. »Wo brennt’s denn?«

D RITTES K APITEL
Pflücke die Rose, wenn sie blüht;
schmiede, solange das Eisen glüht
    E s war ein Martyrium.
    Ich neige nicht dazu, gerne zu leiden. Daher nahm sich die folgende Woche für mich als eine Art Vorhölle aus. Tagsüber konnte ich mich nur schlecht ausruhen, weil mein Fuß weh tat. Nachts konnte ich nicht schlafen, weil mich Zweifel plagten. Ich bin nämlich nicht dumm. Und so setzte sich mein Verstand in Gang und erzählte mir, dass es einfach unmöglich sei, nach einer einzigen Begegnung und nicht einmal einem einzigen Wort von Verliebtsein zu reden.
    Ich war eindeutig nicht verliebt.
    Ich hatte SIE nur ansehen, mir ihre Gesten einprägen, ihr Lächeln erahnen können. SIE war ein hübsches, aber ganz und gar leeres Gefäß, das ich aus irgendwelchen uneinsichtigen Gründen dazu auserkoren hatte, es mit all meinen Träumen und Sehnsüchten zu füllen.
    Meine Euphorie des Saturday-Night-Fever schlich sich kleinlaut davon und machte einem dumpfen Brüten Platz, das nur begleitet wurde von einem ebensolchen pockernden Schmerz in meinem rechten Fußgelenk. Ein echtes Trauerspiel.
    Der durch das verschwundene Manuskript aufgewirbelte Staub kam zur Ruhe und legte sich wie ein wunderbarer Mantel des Vergessens über die Geschehnisse auf dem Schwof. Keine meiner Freundinnen sprach mich noch auf die unbekannte Schöne an. Nur Ellen schüttelte bei ihrer Stippvisite am Mittwoch noch einmal gründlich den hellgelockten Kopf über so viel pechbringenden Enthusiasmus. Doch wir vertieften das Thema nicht, und so konnte ich weiter für mich allein meine Theorien über Verlieben durch Projektion aufstellen.
    Hin und wieder überfiel mich zwar noch wie der berüchtigte Blitz aus heiterem Himmel eine bruchstückhafte Erinnerung an diese dicht bewimperten, sanften schwarzen Augen, in denen ich so viel Tiefe zu erblicken glaubte. Dann schlichen sich eben jene schlafhemmenden Zweifel aus den dunklen Ecken meines offenbar weiträumigen Geistes herbei, um mir zuzuflüstern, dass doch etwas dran sei an dem Glauben an die schicksalhaften Begegnungen voller karmischer Energie. Da ich, wie gesagt, nicht dazu neige, gerne zu leiden, war dieser Zustand zwischen Verstand und Gefühl, zwischen Sinn und Sinnlichkeit bereits zu einem nahezu unerträglichen geworden, als Frauke am Samstagmorgen in meine Wohnung hetzte, um die Einkaufsliste abzuholen. Sie war so nett, einer kurzfristig Gehbehinderten zu helfen.
    »Ich dachte, dein rechter Fuß sei verletzt und nicht deine Hand!«, krittelte sie, als sie mühsam versuchte, den hingeschmierten Zettel zu entziffern. »Was heißt das hier? Frei laufende …? Du willst, dass ich irgendetwas einkaufe, das frei laufen kann?«
    »Das ›freilaufend‹ gehört noch zur Zeile darüber, zu den Eiern. Und komm mir jetzt bitte nicht mit einer dummen Bemerkung über Eier mit Beinen. Ich meine natürlich die Hühner, die möglichst glücklich sein sollen, meine Frühstückseier legen zu dürfen«, erklärte ich ihr mit bitterer Miene.
    Als sie den Rest der Liste studiert hatte, besprach Frauke mit Loulou, dass sie eine Stunde bei mir bleiben dürfe, damit ich in der Zwischenzeit nicht so allein sei.
    Mir fiel noch etwas ein: »Ach, Frauke, sei doch so nett und schick einen Fleurop-Strauß ab. Der Laden die Straße runter macht so was. Aber es sollen Lilien sein. Weiße Lilien, passend für eine Elfe!«, sagte ich, schrieb die Adresse auf den Einkaufszettel und kramte noch extra Geld heraus. »Ich glaube nämlich, ich sollte Ellen nach dem Schreck mit meinem Fuß mal eine kleine Freude machen. Schick es aber ohne Absender, hörst du? Mal sehen, ob sie errät, wer dahintersteckt.«
    Frauke nickte, schulterte ihre Tasche und sagte recht nebensächlich: »Ach, übrigens habe ich gestern Dieter getroffen, du weißt schon, der

Weitere Kostenlose Bücher