Die schoenen Muetter anderer Toechter
vom Straßenverkehrsamt. Bist du noch interessiert an der passenden Adresse zum Kennzeichen?«
Mit plötzlich staubtrockenem Mund nickte ich.
Frauke kramte in ihrer Hosentasche und beförderte einen mehrfach gefalteten Zettel zutage.
Als ich danach griff, kam mir plötzlich zum ersten Mal in meinem Leben in den Sinn, dass auch Hände auf eine ganz subtile Art gierig aussehen können. Noch nie vorher war mir das aufgefallen, doch es war ganz eindeutig. Meine vor Gier klebrigen Finger falteten das Papier einmal, zweimal, dreimal auseinander.
Angela Rose stand da. Herzoginnenstraße 31 . Mein Herz tat ein paar aufgeregte Hopser.
»Angela«, seufzte ich, ohne vorher geahnt zu haben, dass es ein Seufzer werden würde. Eigentlich hatte ich den Namen nur mal probehalber aussprechen wollen. »Angela Rose. Was für ein Name!«
Frauke feixte mir ins verzückte Gesicht. »Aber leider nicht ihrer«, grinste sie schadenfroh und deutete auf die nächste Zeile. »Nach dem, was du erzählt hast, wird deine Angebetete ja wohl nicht bereits über vierzig sein, oder?«
Ich starrte verwirrt auf das Geburtsdatum. Was hatte das zu bedeuten?
»Wie kann das denn sein?«, wollte ich beunruhigt wissen. Gerade noch hatte ich die süße Gewissheit, ihren Namen zu kennen, aber schon wurde mir auch das wieder entrissen. »Er wird das falsche Kennzeichen eingegeben haben! Du musst ihm sagen, er soll es noch mal versuchen. Oder kann ich mich geirrt haben? Vielleicht habe ich einen Zahlendreher drin? Statt vier sieben sechs vielleicht vier sechs sieben oder so …«
»Michelin?!«, unterbrach Frauke mich mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Ja?«
»Hast du schon mal dran gedacht, dass es gar nicht ihr Wagen gewesen ist?«
»Nicht ihr Wagen? Ja, aber wem …?«
»Ihrer Mutter natürlich.«
Ihre Mutter. Natürlich. Meine unbekannte Schöne war eine Tochter. Sie hatte eine Mutter, von der sie sich hin und wieder das Auto borgte und die Angela Rose hieß.
Mein Lächeln über dieses Wissen erstarb, als ich erneut auf das Datum schaute. Angela Rose war zweiundvierzig. Das bedeutete, dass ihre Tochter sehr, sehr jung war.
»Vergiss es, Michelin!«, mahnte Frauke mich, im Türrahmen verweilend. Anscheinend wurde ihr durch meinen Anblick klar, dass diese Sache ganz und gar noch nicht vom Tisch war. »Vielleicht hast du dich geirrt, sodass du sie noch älter geschätzt hast, als sie wirklich ist?«
»Achtzehn muss sie ja sein. Sonst könnte sie nicht Auto fahren«, erwiderte ich tapfer.
Frauke hob den Zeigefinger. »Und was denkst du, was du mit einer Achtzehnjährigen gemeinsam hast? Was kannst du mit ihr teilen, außer …« Sie brach ab und wandte sich errötend ihrem Jutesack zu, um nochmals zu kontrollieren, ob auch Portemonnaie und Einkaufszettel sicher verstaut waren.
Zwar hatte sie sich letztes Wochenende des sympathischen Erstkontakts mit einigen meiner lesbischen Freundinnen erfreut, doch waren damit ihre Scheu und Zurückhaltung – dieses Thema betreffend – keineswegs bedingungslos über Bord geworfen. Dass sie selber nun plötzlich lustbetonte Sexualität unter Frauen zur Sprache brachte, musste sie verstören.
»Wie auch immer, Michelin, du musst es am Ende ja doch selber wissen. Ich werde jetzt erst mal deinen Einkauf erledigen.« Und weg war sie.
Loulou sah mich an, als könne sie bis auf den Grund meiner Seele blicken. Es schien ihr damit nicht besonders gut zu gehen, denn sie winselte leise.
»Red keinen Quatsch!«, sagte ich. »Vielleicht ist die Fahrzeughalterin ja einfach ihre junge Tante? Oder auch eine etwas ältere Freundin?«
Loulou spielte mit den Ohren.
Wieder starrte ich minutenlang auf den Zettel. Was sollte ich damit jetzt anfangen? Sie anrufen? Nein, zu platt. Vorbeifahren und einfach klingeln? Nein, nie im Leben hätte ich den Mut dazu. Blumen schicken? Vielleicht war sie allergisch?
Nein, die beste Methode war immer noch ein wie zufällig geratenes Zusammentreffen.
Da fiel mir siedend heiß ein: Heute war Samstag! Schwoftag.
Ich angelte mir rasch das Telefon vom Tisch und begann. Nach vierzig Minuten hatte ich mit zehn Frauen gesprochen und war unglaublich frustriert. Alle meine Freundinnen und Bekannten schienen sich dahingehend verabredet zu haben, diese Gelegenheit zum Tanzen und Frauen-Treffen auszulassen.
Das wäre unter normalen Umständen kein Problem gewesen, denn es machte mir wirklich nichts aus, allein zu einem Schwof zu fahren. Das hatte ich vor Jahren öfter getan. Und auch dass viele
Weitere Kostenlose Bücher