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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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Taktik«, hielt ich dagegen. »So hatte sie die Gelegenheit, auch aktiv zu werden.«
    Frauke hauchte einen kleinen Rülpser in die stickige Schwüle hinaus. »Tschuldigung. Zu viel alkoholfreies Bier.«
    Ich humpelte auf meinen Krücken zum Ausgang, und wir gingen in gemächlichem Tempo zum Parkplatz hinüber. Frauke hatte zwar vorgeschlagen, den Wagen herzuholen, aber ich freute mich an diesem kleinen Spaziergang in der frischen Nachtluft.
    Immer noch war ich eingehüllt in einen türkisgrünen hauchdünnen Schleier, der weich meine Haut streichelte und zart duftete. Im Geiste kuschelte ich mich hinein und flüsterte den Namen des Glücks: »Lena.«
    »Bitte?«, fragte Frauke.
    »Nichts.«
    »Ich wette, diese Pe ist es gewesen. Sie war so arrogant und distanziert. Als hätte sie etwas zu verbergen. Was meinst du, Michelin?«
    »Frauke, ich sag dir was: Es ehrt dich wirklich zutiefst, dass dich der Fall um Frederikes Manuskript derart beschäftigt. Aber wenn du erlaubst, ich habe gerade etwas ganz anderes im Kopf!«
    »Du meinst, wenn du verknallt bist, kannst du an gar nichts anderes denken als an eben jene?«
    Warum mussten Heten immer so pragmatisch sein? Wäre Jackie in unserer Begleitung gewesen, würde sie jetzt ohne Unterbrechung schnattern, Sätze aus Lenas Mund wiederholen, ihre Vorzüge preisen und eventuell aufkeimende Bedenken rundheraus zerschlagen. Klar konnte das manchmal nerven. Wenn ich auf der Alm weilte, nervte mich so etwas wie Jackies Flirteuphorie immer ungemein. Aber in den letzten Minuten war mir klar geworden, dass ihre überschäumende, rundherum bejahende Art, mit Liebesdingen umzugehen, auch durchaus Vorteile haben konnte.
    »Ich bin betört. Ich bin verzaubert. Sie ist alles, ach was, sie ist mehr , als ich mir je erträumt habe«, gab ich mir in Ermangelung Jackies selber den notwendigen Kick.
    »Arg jung ist sie aber schon«, wandte Frauke mit unverdorbener Klarsicht ein. Doch jetzt gerade war ich nicht zur Scheibenwischermentalität aufgelegt. Ich wollte nicht, dass sie mir etwas verdeutlichte, wo doch diese leicht verschwommene Wahrnehmung so angenehm war.
    »Ich fand sie für eine Neunzehnjährige ungeheuer geistvoll und unterhaltsam. Ich meine, sie konnte in ganzen Sätzen sprechen. Und sie hat nicht diesen schrecklichen Witz über meinen Namen gemacht, du weißt schon: ›Michelin Schwarz – ah, ein ganz heißer Reifen, wie?‹ Sie war zwar etwas schüchtern, hat sich aber nicht wie ein kleines Schulmädchen benommen, sondern wie eine erwachsene … Frau«, hauchte ich das letzte Wort, etwas benommen von meiner eigenen Lobeshymne.
    »Ich fand, sie war überhaupt nicht schüchtern«, stellte Frauke in einem Ton fest, dem nicht zu entnehmen war, ob sie das gut oder schlecht fand. »Also, ich in dem Alter, ich wäre in den Boden versunken, wenn mich eine ältere Frau angesprochen hätte und …«
    »Schweig! Das mit der älteren Frau vergessen wir jetzt ganz schnell wieder, okay?! Tatsache ist, dass sie sich in keinster Weise davon abgestoßen gezeigt hat, dass ich Interesse an ihr bekundet habe. Im Gegenteil, vergiss nicht: Ich habe eine Verabredung!«
    Ja, das hatte ich. Und Frauke würde mir diese Sensation noch ganz vermiesen mit ihren Sprüchen. An ihrer verstandesorientierten Reaktion erkannte man deutlich, dass sie lesbenszeneunerfahren war. Natürlich kannte sie die obligatorischen Schwofregeln nicht. Sie wusste nicht, dass nach einer solchen Tanzveranstaltung, die doch so viel mehr war, das gerade Erlebte unbedingt wiedergekäut werden musste. In an Hysterie grenzender Euphorie mussten die Vorzüge der neusten Flamme genauestens beleuchtet werden. Für den Sturz in den Abgrund, das heißt den unbeugsamen Blick auf die Realität, war dann der Sonntagmorgen da.
    Frauke nickte nachdenklich. »Scheinbar lohnt es sich doch, wenn man selbstbewusst auf ein Ziel hinsteuert und es konsequent nicht aus den Augen lässt. Da rückt Unmögliches plötzlich in den Rahmen des immerhin Wahrscheinlichen und …«
    »Du wirst schon wieder taktlos!«, erinnerte ich sie. »Unmögliches? Was sind heutzutage schon zehn Jahre Altersunterschied? Pah. Dreißig oder vierzig Jahre, das wäre ein Grund, um beunruhigt zu sein. Aber zehn?«
    »Diese Sachen, die sie übers Saxophonspielen gesagt hat, die fand ich richtig gut.« Frauke gab sich endlich geschlagen und stimmte in meinen Lobgesang ein. »Diese Sinnlichkeit aus dem Bauch heraus. Das gefällt mir auch immer so sehr daran. Wenn sie so gut

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