Die schoenen Muetter anderer Toechter
spielt, wie ich glaube, kannst du dich ja auf eine nette Soloeinlage gefasst machen.«
So gefiel mir die Unterhaltung schon besser.
»Na, im Kino oder im ›Sentimental‹ oder wo immer wir hingehen werden, wenn ich sie abgeholt habe, wird das ja kaum möglich sein. Aber ich habe im Gefühl, dass das nicht unsere einzige Verabredung bleiben wird. Ich habe ein gutes Gespür für so was, Frauke. Damals bei Ellen wusste ich auch sofort, dass wir einmal eine enge Bindung zueinander eingehen werden.«
»Aber weißt du was, Michelin?!« Frauke blieb stehen und fasste mich am Arm.
»Was denn?«
»Sie hat ganz vergessen, dir ihre Adresse zu geben«, sagte meine liebe Freundin.
V IERTES K APITEL
Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm
U nnötig zu erwähnen, dass mein Realitätskater am Sonntagmorgen von grauenhaftem Ausmaß war. Ich wälzte mich durchs Bett, erlebte in Gedanken immer wieder die unterschiedlichsten Situationen des vergangenen Abends und fand demütigend viele Hinweise darauf, dass zwischen Lena und mir elf Jahre lagen.
Ihre Euphorie für die Szene, die sie zwar zu verbergen suchte, die aber aus ihren glänzenden Augen nur so herausblitzte, rumorte wie ein Kilo Kohl in meinen Eingeweiden herum. Das war nicht gut.
Und dann die schlichte, aber möglicherweise durchaus sprechende Tatsache, dass Lena zwar eine Verabredung angeboten, dann jedoch das Wichtigste vergessen hatte: mir ihren kompletten Namen und ihre Adresse zu nennen. War das nur eine Gedankenlosigkeit, die eine kopflose, weil hoffentlich frisch verknallte Neunzehnjährige noch auf der Heimfahrt vom Schwof bemerkte und die ihr seitdem schlaflose Nächte bereitete – weil sie selbst ja auch keine Möglichkeit hatte, mich über ihre bedauerliche Unterlassung zu informieren? Als ich Ellen davon erzählte, sah die mich nur mit hochgezogenen hellblonden Brauen skeptisch an und kommentierte meine Ratlosigkeit mit: »Ganz schön clever, die Kleine.«
Und für mich blieb nichts anderes übrig, als entweder brav abzuwarten, ob wir uns durch Zufall wiedertreffen würden, oder aber sie mit meinem geheimen und sicherlich überraschenden Wissen über sie zu konfrontieren.
Bis Donnerstagabend hatte ich mich zu der Annahme durchgerungen, Lena sei schlicht in dem Glauben, sie habe mir die notwendigen Angaben gemacht. Und so ließ ich mich von einer mürrischen Jackie zur Herzoginnenstraße chauffieren.
Jackie meckerte die ganze Fahrt über alles, was sich vor uns auf der Straße ihrer Meinung nach entweder zu schnell oder zu langsam bewegte. Es war einer der seltenen Tage, an denen sie so richtig schlecht drauf war. Ihr Blind Date am Samstag war ein echter Reinfall gewesen, und Jackie konnte es nicht ausstehen, für Reinfälle einen Schwof sausen zu lassen. Fortan kämen derartige Verabredungen am Samstagabend nicht mehr in Frage.
»Soll ich warten? Für den Fall, dass sie nicht da ist«, neckte sie mich, als sie vor dem Haus hielt. Aber sie meinte es natürlich nicht ernst, denn ihre angekratzte Laune gründete unter anderem darauf, dass sie es satt hatte, allein zu sein und mich bereits vor ihrem geistigen Auge in eine glückliche Beziehung eintauchen sah. Immerhin hatte sie einen zukunftsweisenden Traum gehabt. Und daher glaubte niemand so sehr an Lena und mich wie Jackie, nicht mal ich selbst.
»Drück mir jetzt gefälligst die Daumen!«, befahl ich ihr. »Und schick mir ein paar von diesen spirituellen Energien, mit denen du sonst immer um dich wirfst. Ich möchte herausfinden, was genau ich eigentlich von dieser Frau will und ob das machbar ist.«
»Positives Denken!«, erinnerte Jackie mich und zeigte mir ihr strahlendstes Lächeln. »Es liegt alles in deiner eigenen Hand.«
Ich krückte über die Straße und fand die Haustür leicht angelehnt. Das wertete ich als gutes Zeichen, winkte Jackie noch einmal zu und ging hinein. Ich hörte den Motor des Wagens starten und die Straße hinunter sich entfernen.
Die zwei Stockwerke waren mit den Krücken nicht so einfach zu bewältigen. Deswegen atmete ich erst einmal tief durch, als ich oben angekommen war. Dann drückte ich auf den Klingelknopf.
Auf mein Schellen hin tat sich zunächst nichts. Ich sah noch einmal auf die Uhr. Es war genau acht. Ich war mehr als pünktlich. Lena könnte demnächst ihre digitale Uhr nach mir stellen.
Ich schellte noch einmal.
Diesmal näherten sich drinnen eilige Schritte der Tür. Ich war innerhalb eines Bruchteils von einer Sekunde derart beflügelt, dass mein Herz
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