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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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gehen«, erklärte Angela mir. Ihre Stimme klang sehr kühl. Ich hatte offensichtlich meine Kompetenzen überschritten. »Aber in diesem speziellen Fall habe ich mit ihr dringend etwas zu klären. Ich fürchte nämlich, dass sie sich da in eine abstruse Idee verrannt hat. Eigentlich wollte ich dich auch danach fragen, ob sie dir nicht schon brühwarm alles erzählt hat …«
    »Was denn?«, fragte ich, obwohl ich ahnte, dass ich es lieber nicht wissen wollte.
    Es schien ihr schwerzufallen, es auszusprechen. Sie brauchte mehrere Anläufe, bevor sie den Ansatz einer unverständlichen Erklärung zustande brachte: »Ist eine ganz dumme Sache. Und es tut mir auch sehr leid. Ich weiß nicht, was da in mich gefahren ist. Es war eigentlich nur so ein Flachsen, ein Witz, aber so wie es scheint, hat Lena es wohl ernst genommen …«
    »Ging es dabei um mich?«, fragte ich mit inzwischen weichen Knien.
    »Na ja, ein wenig«, druckste sie herum. »Meine Güte, ist mir das peinlich. Seit Volker und ich getrennt sind … Also, diese Sache hat mich dermaßen mitgenommen. Ich bin so durch den Wind. Mir passieren nur komische Sachen. Ich führe mich auf wie ein Teenager!«
    ›Na, toll!‹ dachte ich. ›Noch einer!‹
    »Aber ich wollte wirklich nicht, dass Lena …«
    »Was ist passiert?«, wollte ich mit wachsender Ungeduld wissen.
    Wieder ein tiefer Atemzug.
    »Ich habe vor einer Stunde ungefähr einen Zettel gefunden, den Lena gestern Morgen geschrieben haben muss. Sie hatte ihn wohl auf den Tisch in der Küche gelegt, aber das Fenster war auf, und es gab Durchzug, und da ist das Papier vom Tisch gefallen. Ich hab ihn erst gerade gesehen, als ich das Altglas sortiert habe …«
    ›Was steht auf dem verdammten Zettel?‹
    »Vielleicht missverstehe ich das auch alles. Kann ich es vielleicht mal vorlesen?«
    »Bitte!«, brachte ich heraus.
    Sie las: » Komme heut nicht heim. Und wegen gestern Abend: Ich lass mir doch von meiner Mutter nichts vor der Nase wegschnappen. Trotzdem Gute Besserung. Lena. Und da dachte ich so bei mir: Ruf doch mal an und frag, ob alles in Ordnung ist?«
    Ich keuchte: »Es ist alles in bester Ordnung.«
    »Nichts Schlimmes passiert, nein?«
    »Alles bestens!« Ich starrte auf die Zahnbürste, die ich immer noch in der Hand hielt.
    Angela lachte verlegen. »Das Ganze ist mir so unsagbar peinlich. Stell dir vor: Meine Tochter denkt, ich könnte … ich wollte … also, das ist ja vielleicht ein Ding. Meinst du, wir könnten vereinbaren, dass diese komische Sache unter uns bleibt?«
    »Sicher«, antwortete ich mechanisch.
    Ich lasse mir nichts vor der Nase wegschnappen. – Findest du meine Mutter eigentlich attraktiv? – Das hat dich jetzt hoffentlich davon abgebracht, mit meiner Mutter etwas anzufangen.
    Die Sätze prallten bedeutungsschwanger gegen meine Schädelwände und wurden zurückgeschleudert an die gegenüberliegende Wand. Hin und her, hin und her. Mit jedem Mal schienen sie lauter zu werden. Die Einmalzahnbürste fiel mir aus der Hand.
    »Ich hoffe, ich bin nicht schon wieder in ein Fettnäpfchen gelatscht?«, drang wie von fern Angelas Stimme an mein Ohr und brachte mit ihrer zaghaften Tönung das Echo in meinem Kopf zum Verstummen.
    »Nein. Es war nett, dass du angerufen hast«, sagte ich, denn plötzlich war mir klar, dass ihre angebliche Sorge um Lena genauso gut nur ein Vorwand sein konnte. Vielleicht ging es ihr dabei nicht in erster Linie um ihre Tochter, sondern … um mich?
    Konnte es sein, dass sie mich mit diesem Anruf hatte ›warnen‹ wollte? Warnen vor der sonderbaren Teenagerauffassung vom Recht der Zuerst-Interessierten? Ich öffnete schon den Mund, um so etwas schrecklich Ehrliches zu fragen, da rief Angela: »Oh, da ist sie ja! Ich stehe am Fenster und sehe gerade, dass Lena mit Nancy vor dem Haus ankommt. Na, also. Alle Aufregung umsonst. Tut mir leid, dass ich dich jetzt mit dem Anruf genervt habe.«
    »Hast du nicht«, erwiderte ich schlicht, ohne einen der Sätze herauszubekommen, die mir gerade noch auf der Zunge gelegen hatten.
    Wir schwiegen ein paar Sekunden.
    »Tja, dann …«, sagte sie.
    »Tschüss!«, sagte ich.
    »Tschüss!«, sagte auch sie.
    Und das war’s.
    Als wir aufgelegt hatten, hatte ich plötzlich keine Lust mehr, weiterzuputzen.
    Ich starrte aus dem Fenster auf die Straße hinunter. Mehrere Leute kamen vorbei. Einige führten ihre Hunde aus. Die Rüden pinkelten alle an den gleichen Fahrradständer.
    Was wusste ich eigentlich von Lena? Wir kannten uns

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