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Die schoenen Muetter anderer Toechter

Die schoenen Muetter anderer Toechter

Titel: Die schoenen Muetter anderer Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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abergläubisch?!«

    Als Lena bereits seit Stunden wieder fort war, hielt meine sonderbare Stimmung immer noch an. Ich fühlte mich ausgehöhlt und dumpf und konnte mir diesen Zustand nicht erklären. Das hatte ich mir doch gewünscht. Genau das hatte ich mir herbeigesehnt und es nicht erwarten können. Warum jetzt diese Trübsalblaserei? Ich hätte wetten können, dass Jackie in den Sternen einen Grund dafür finden konnte, und deshalb rief ich sie an und quatschte aufs Band. Und weil mein Klärungsbedürfnis damit noch lange nicht gestillt war, wählte ich Fraukes Nummer und sprach auch da auf den laufenden Anrufbeantworter.
    Die Leute, die behaupten, Anrufbeantworter zu hassen und daher statt einer lieblichen Stimme ein monotones Piepen auf meiner Maschine hinterlassen, kann ich nicht verstehen. Nein, ich finde, AB s sind eine famose Einrichtung, die es möglich macht, Menschen zu sprechen, die eigentlich nicht zu sprechen sind. Endloses Tuten am anderen Ende der Leitung dagegen finde ich nervlich enorm belastend.
    Ich beschloss also, die Wartezeit bis zu den Rückrufen sinnvoll zu verbringen, und kramte das Putzzeug aus der Ecke.
    Ich wischte die Küche und die Diele, saugte und wischte Staub. Schließlich machte ich mich auch noch über das Badezimmer her, putzte den Spiegel blitzblank, ließ die Armaturen blitzen und sprühte die Kacheln in der Dusche ab.
    Als ich den kleinen Abfalleimer leerte, rutschte mir als Erstes eine Einmalzahnbürste entgegen. Es war eines von diesen unauffälligen, aber praktischen kleinen Dingen, wie sie zum Beispiel in manchen Hotels für kurzentschlossene Gäste bereitliegen.
    Ich starrte verwirrt auf das Ding in meiner Hand und wusste zunächst nicht, was ich genau denken sollte. Gestern, als ich den kleinen Müllschlucker für ein Ohrenstäbchen das letzte Mal geöffnet hatte, hatte sich diese Zahnbürste eindeutig noch nicht an diesem Ort befunden …
    Ich nahm an, wenn ich heterosexuell veranlagt gewesen wäre, wäre das Pendant zu dieser Einmalzahnbürste ein Fünferpack Kondome gewesen, das mein Liebhaber gestern Abend griffbereit aus der Jeans gezaubert hätte.
    Plötzlich schien mir der spontane Abend in einem neuen Licht. Für diese Zahnbürste gab es nämlich nur zwei mögliche Erklärungen:
    Erstens: Lena trug immer eine Einwegzahnbürste bei sich in ihrer Unitasche, um für eventuelle Notsituationen wie Teigtaschen mit Spinatfüllung in der Mensa gerüstet zu sein. Zweitens: Lena hatte ihren überraschend anmutenden Überfall geplant.
    Der schale Geschmack in meinem Mund zeigte an, dass ich eher an letztere Variante glaubte.
    Während ich noch dumm im Flur herumstand, in der einen Hand den kleinen Mülleimer, in der anderen die argwöhnisch betrachtete Zahnbürste, klingelte das Telefon. Ich stellte den Mülleimer ab.
    Das war bestimmt Frauke! Auch das noch! Ich hätte mir wirklich gewünscht, für dieses Telefonat entspannter zu sein. Doch als ich mich etwas heiserer gemeldet hatte, ertönte nicht Fraukes helles Organ, sondern eine tiefere, nasale Stimme, die ich auch gleich erkannte.
    »Ich hoffe, ich störe nicht?«, fragte Angela.
    »Ach, was!«, lachte ich und hörte meiner eigenen Stimme an, dass sie nahe am Rand zur Hysterie balancierte.
    Angela atmete tief ein, als koste sie dieser Anruf eine Menge Überwindung.
    »Die Sache ist die: Ich will nicht aufdringlich sein oder gar indiskret, aber ich mache mir ein wenig Sorgen … Ich war gestern Morgen in einem recht … geschwächten Zustand, und ich fürchte, ich habe Lena damit etwas erschreckt.«
    Ich spürte, wie ich sehr rasch feuchte Achselhöhlen bekam.
    »Mach dir mal keine Gedanken«, besänftigte ich sie, während in meinen eigenen Adern unverdünntes Adrenalin zu brodeln begann. In unguten Ahnungen bin ich spitze! »Lena hat sich bestimmt auch schon mal betrunken. Sie wird ja wohl wissen, wie man sich danach fühlt.«
    »Du weißt nicht zufällig, wo sie steckt?«, schoss es ihr heraus.
    Ich seufzte innerlich.
    »Ich schätze mal, sie wird jetzt an der Uni sein«, vermutete ich. »Wahrscheinlich kommt sie danach nach Hause. Aber sie wird bald zwanzig. Und sie zieht in eine eigene Wohnung. Was ich sagen will, ist: Meinst du nicht, du müsstest da ein bisschen mehr loslassen?«
    War es tatsächlich nur ein gut gemeinter Rat? Oder war es nicht eher Eigennutz? Denn ich fühlte mich durch ihren Anruf seltsam kontrolliert. Das kleine Schäbig-Männchen knurrte ungehalten.
    »Lena kann jederzeit ihre eigenen Wege

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