Die schoenen Muetter anderer Toechter
…
»Es gibt in letzter Zeit allerdings schon ein paar Trends, die sich so abzeichnen, in der Szene «, sagte ich, um allem anderen vorzubeugen. »Viele Frauen lassen sich jetzt die Haare wachsen. Ich selbst hatte bis vor ein paar Jahren auch einen Kurzhaarschnitt.«
»Ach, ja«, meinte Angela, als erinnere sie sich an etwas. »Die kurzen Haare. Früher erkannte man Lesben am Ultrakurzhaarschnitt und daran, dass sie sich wie in Säcke kleideten.«
»Protest gegen patriarchale Zwänge«, kommentierte ich auswendig. »Die BH s flogen auch in die Ecken.« Herrje, warum hatte ich das nun auch noch gesagt? Musste das nicht so wirken, als sei ihrer auch unangebracht? Ich war mir nicht sicher, ob ich noch verwirrter hätte sein können, selbst wenn sie keinen getragen hätte.
Angela ahnte natürlich nichts von meinen mich aufwühlenden Überlegungen.
»Und lange Haare sind jetzt im Kommen? Interessant. Entdeckung der neuen alten Weiblichkeit?«
»Vielleicht eher endlich wieder der Hang zur Vielfalt? Es schließen sich ja nicht alle dem Trend an. Viele mögen kurze Haare einfach lieber. Übrigens fällt mir gerade auf, dass du eine Frisur trägst, die sich unter den Kurzhaarlesben großer Beliebtheit erfreut«, stellte ich fest.
»Meine Frisur?«, echote sie und fasste sich ins Haar.
»Deine Frisur«, sagte ich. »Ja, viele Frauen tragen deine Frisur.«
»Du machst Witze!«
»Nein, ich mein’s ernst. Dieser Haarschnitt ist in der Szene sehr beliebt. Im Nacken recht kurz, das Deckhaar länger, vielleicht mit einer verwegenen Ponysträhne. Das ist feminin und doch nicht tussihaft.«
»Ich werde morgen zu meinem Friseur gehen und mich darüber beschweren, dass man mir ungefragt einen Lesbenhaarschnitt verpasst hat!«
»Stimmt. Das könnte zu Irrtümern führen«, gab ich zu.
Ihre Augen wurden schmal. Als sie minutenlang nichts erwiderte, wurde mir unbehaglich zumute. Es war kein entspanntes Schweigen, das zwischen uns ruhen würde wie ein dickes Kissen, auf das wir uns ohne Bedenken fallen lassen könnten. Nein, in diesem Schweigen steckten ungestellte Fragen und ungefragte Antworten. Dieses Schweigen war der Tropfen, der heute mein Fass zum Überlaufen bringen würde.
»Komm, wir schwimmen wieder rüber«, schlug ich rasch vor.
»War gar nicht so schwer, wie ich dachte«, sagte Angela da.
»Was denn?«
»Das Ufer zu wechseln«, antwortete sie kokett und warf sich ins Wasser.
Wir schwammen mit großen Zügen hinüber, ohne uns zu einem Wettschwimmen hinreißen zu lassen, und kletterten dort wieder ans Ufer. Angela zitterte. Das Wasser war wirklich noch sehr kalt. Ich selber hatte am ganzen Körper eine Gänsehaut.
Eigentlich wäre es schön gewesen, sich noch in der Sonne trocknen zu lassen, aber ich fürchtete eine Erkältung.
Angela schien etwas Ähnliches zu denken, denn sie schlug vor, dass wir uns unserer feuchten Wäsche entledigten und uns in trockenen Sachen ins Auto begaben. Mit ihren Sachen unter dem Arm stiefelte sie los ins Unterholz und ging hinter einem Busch in Deckung. Ich schmunzelte, denn diese Scham hatte ich nach der Baden-im- BH -Aktion eigentlich von ihr nicht erwartet. Aber ich fand es niedlich.
Ich riss mir an Ort und Stelle die nassen Klamotten vom Leib und zog mich wieder an. Das war ein ungewohntes Gefühl, so ohne Slip in einem kurzen Kleid herumzustehen. Deswegen setzte ich mich schon mal ins Auto – auf den Beifahrersitz, denn ich musste meine Schuhe an die noch feuchten Füße ziehen.
Angela kam aus dem Wald und schüttelte ihre Lesbenhaarschnittfrisur aus, dass die Tropfen flogen. Sie lachte und setzte sich zu mir, hinters Steuer.
»Komm, lass uns aufbrechen! Wie wär’s, wenn du fährst? Ich sitz hier gerade so schön hingekuschelt«, schlug ich vor und mummelte mich wie zur Bestätigung noch etwas gemütlicher in den Sitz.
Angela sah verwirrt aus. »Geht nicht«, sagte sie. »Ich kann nicht fahren.«
Ich richtete mich verwundert auf.
»Aber der weiße Wagen ist doch auf deinen Namen zugelassen?!« Zum Glück fiel ihr nicht auf, dass ich das nicht unbedingt wissen konnte.
»Wegen der Versicherung.«
»Trotzdem musst du doch dazu einen Führerschein haben!«, beharrte ich.
Angela nickte. »Den hab ich auch. Aber ich bin schon seit Jahren nicht mehr gefahren.«
Verblüfftes Anstarren war das Mindeste, was sie mir unter diesen Umständen zugestehen sollte, aber sie wehrte mein Staunen ab.
»Nun guck nicht so. Das ist wirklich wahr. Ich bin total unsicher auf der
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