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Die schönste Zeit des Lebens

Die schönste Zeit des Lebens

Titel: Die schönste Zeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
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Veranda.
    Dass Edith Werners Besuch eingefädelt hat, kann Egon nicht wissen, und Werner gibt sich Mühe, den Eindruck zu erwecken, als sei sein Besuch ein spontaner Einfall.
    Ich war grad in der Nähe, sagt er, und da dachte ich …
    Setz dich, Werner, sagt Edith, und Egon, der sich immer noch nicht von seiner Überraschung erholt hat, schiebt ihm doch tatsächlich aus lauter Verlegenheit oder aus Höflichkeit, wer kann das wissen, den Stuhl hin.
    Während Edith in die Küche geht, um Bier aus dem Kühlschrank zu holen, sitzen sich Egon und Werner gegenüber und wissen offenbar beide nicht so recht, was sie sagen sollen.
    Richtig schön habt ihr es hier, der Garten, die Veranda …
    Na, sagt Egon, du wohnst doch auch nicht schlecht.
    Stimmt, sagt Werner, und dann fügt er etwas hinzu, was Egon aufhorchen lässt: Und jetzt, wo ich endlich Zeit hab, kann ich mich auch mal um den Garten kümmern.
    Wieso?
    Egon stutzt.
    Was heißt das: Jetzt, wo du endlich Zeit hast?
    Werner zieht sein Taschentuch hervor, schnäuzt sich umständlich, steckt das Taschentuch wieder weg.
    Ich bin mit achtundfünfzig raus, sagt er. War die letzte Gelegenheit. Ende des Jahres läuft die Regelung aus.
    Sieh mal an! Werner also auch. Egon weiß gar nicht, was er dazu sagen soll, und als Edith jetzt mit dem Bier kommt, gießt Egon ein, und sie prosten sich schweigend zu. Werner in Frühpension. Na ja, für Werner ist das finanziell kein Problem. Sein Haus ist abgezahlt, die Kinder stehen auf eigenen Füßen, seit dem Tod seiner Frau lebt er allein. Da wird es schon reichen. Trotzdem …
    Und dir fehlt nichts, die Arbeit, die Kollegen, der Betriebsrat?
    Nee, sagt Werner. Ich bin froh, dass ich das alles vom Hals hab. Is ja alles nicht mehr so wie früher. Meinen Platz im Betriebsrat hat jetzt der junge Perkuhn. Du kennst ihn. Is ’n tüchtiger Kerl. Und ich hab meinen Garten, geh zweimal in der Woche zum Schachclub. Besser hätte ich es im Grunde gar nicht treffen können.
    Ja, sagt Edith. Die Menschen sind verschieden. Für dich ist das ideal, aber für Egon ist das nichts, so ganz ohne Aufgabe, ohne Verantwortung.
    Es ist das Stichwort für Werner. Aber der reagiert nicht, redet einfach weiter über den Schachclub und seinen Garten und dass er die zwei alten Tannen absägen will, die ihm auf der Terrasse Schatten machen, aber von der Stadt die Genehmigung nicht bekommt, weil für die Grünen im Stadtrat Bäume wichtiger seien als Menschen.
    Nicht mal auf deinem eigenen Grundstück kannst du heute mehr einen Baum fällen.
    Was Egon braucht, sagt Edith, ist eine Aufgabe, etwas, wo er sich nützlich machen kann und außerdem noch ein bisschen was dazuverdient.
    Mitten hinein in Werners Wortschwall sagt sie es. Werner hält inne, wirft ihr einen schnellen Blick zu und kratzt sich am Kopf. Dann räuspert er sich, nimmt einen Schluck aus seinem Glas und sagt: Ja, wenn das so ist … Da fällt mir gerade was ein … Beim TSV suchen sie einen neuen Platzwart. Ich bin da im Vorstand, wie ihr wisst. Vielleicht könnte man da was machen …
    Na, endlich, denkt Edith. Wenn sie ihn nicht mit der Nase drauf gestoßen hätte, hätte er womöglich ganz vergessen, wozu er hier ist. Und dann an Egon gewandt:
    Na, das klingt doch interessant. Was sagst du dazu?
    Egon, der nicht weiß, was da gespielt wird, vielleicht auch nur mit einem halben Ohr zugehört hat:
    Platzwart? Macht das nicht der alte Barntrop?
    Schon lange nicht mehr, sagt Werner. Die letzte Zeit hatten wir einen Kroaten. Aber der geht jetzt zurück, weil er seine Familie nicht nachholen darf.
    Und du meinst, sagt Egon, die nehmen so einen wie mich?
    Am Ende geht alles so auf, wie Edith und Werner es vor einigen Tagen, als Edith später als sonst von der Arbeit nach Haus kam, bei einem Glas Bier besprochen haben. Egon signalisiert vorsichtiges Interesse, und Werner geht gleich in die Details: Der Platzwart hat den Platz in Ordnung zu halten, vor jedem Spiel die Linien auf dem Spielfeld nachzuziehen, die Gerätekammer zu verwalten und die Bälle und die Trikots auszugeben. Wenn Spiele stattfinden, muss er auf dem Platz anwesend sein, beim Training nicht unbedingt, weil der Trainer einen Schlüssel zum Geräteraum hat. Dafür gibt es zweihundert Euro im Monat.
    Hm, sagt Egon. Und wann entscheidet sich das?
    Diese Woche noch, sagt Werner. Und wenn ich dich vorschlage … Die kennen dich doch alle noch von früher. Hast schließlich lange genug in der Ersten gespielt.

31
    ES IST GAR NICHT so einfach

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