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Die schönste Zeit des Lebens

Die schönste Zeit des Lebens

Titel: Die schönste Zeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
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Angst, sich vor den anderen zu blamieren, plötzlich ihre Achtung zu verlieren, nicht mehr dazuzugehören. Robert hat Frau Sternheim versprechen müssen, dass er der Angst nicht aus dem Weg geht. Vielleicht ist das der Grund, warum er jetzt, leise, aber doch deutlich genug, sodass Andy und Tom es hören können, sagt:
    Noch einmal mache ich bei so was nicht mit.
    Robert erschrickt über sich selbst. Er weiß, dass er eine Grenze überschritten hat. Oder er hat eine Grenze gezogen, eine Grenze zwischen sich und Andy, zwischen sich und den anderen.
    Noch einmal mache ich bei so was nicht mit.
    Er wundert sich über die Bestimmtheit, mit der er es sagt. Als hätte er es sich vorher zurechtgelegt, wäre mit dem Vorsatz hierhergekommen, mit diesem Satz die Grenze zu den anderen zu markieren: Ich. Noch einmal mache ich bei so was nicht mit. Aber jetzt, da es gesagt ist, hat er Angst vor dem Anspruch, der sich in diesem Ich zu Wort meldet. … wenn ich ein Taugenichts bin, so ists gut, so will ich in die Welt gehen und mein Glück machen. Das ist der Traum, der Traum von der Leichtigkeit. Von der Angst und dass man ihr nicht aus dem Wege gehen soll bei Eichendorff kein einziges Wort.
    Was soll das heißen: Noch einmal mach ich bei so was nicht mit?, fragt Andy. Willst du etwa deine Freunde verpfeifen?
    Wir hätten die Frau nicht da liegen lassen dürfen, sagt Robert leise. Kleinlaut klingt es, er ist sich seiner Sache gar nicht mehr sicher.
    Na klar.
    Andy kommt näher und zischt ihn an.
    Du kannst gut reden. Dir wäre ja nichts passiert. Du hast ja nicht mal einen Führerschein, den sie dir abnehmen könnten. Aber mich hätten sie am Arsch gekriegt.
    Erst jetzt merkt Robert, dass die Musik aufgehört hat. Die Gespräche ringsum scheinen auf einmal verstummt zu sein, ihm ist, als ob die Aufmerksamkeit aller auf Andy, Tom und ihn gerichtet wäre. Er steht da, ein wenig von den Freunden abgerückt, wie man es macht, wenn man Personen genauer in Augenschein nehmen will. Das da ist Andy: Jeans, T-Shirt und Lederjacke, die langen gelbbraunen Haare von einem Stirnband gehalten. Und das da ist Tom: Jeans, Pullover auf nackter Haut. Tom schielt zu Andy hinüber, als erwarte er von ihm Aufklärung darüber, wie die Situation zu verstehen sei. Aber Andy rührt sich nicht, steht nur da, den Blick auf sein Glas gerichtet, und schweigt. Irgendwann sagt er:
    Na gut. Dann wissen wir ja, woran wir sind.
    Er sagt wir. Wir wissen, woran wir sind. Wer ich sagt, darf sich nicht wundern, wenn die anderen wir sagen. Für einen Augenblick spürt Robert, wie ihn Panik zu erfassen droht. Er ist zu weit gegangen, er hat etwas gesagt, was er niemals hätte sagen dürfen. Was, wenn die anderen ihn künftig schneiden? Nicht nur Andy und Tom, sondern auch Martin und Sebo? Er ist drauf und dran, das Gesagte zurückzunehmen, es zumindest abzumildern, einzuschränken: So war das nicht gemeint. Aber da setzt die Musik wieder ein, und plötzlich ist Fari neben ihm:
    Tanzen wir?
    Er fährt herum, starrt sie an, als erblicke er sie zum ersten Mal: ihre großen dunklen Augen, kein Spott ist darin, ernst sehen sie ihn an, ernst und forschend. Was bist du für ein Mensch, fragen diese Augen, und Robert liefert sich ihrem Blick aus, lässt ihn in sich ein, damit er selbst dort die Antwort finde, die er nicht zu geben wüsste.
    Ja, sagt er nach einer Weile, ergreift ihre Hand und geht mit ihr zur Tanzfläche hinüber.

29
    ALS ROBERT AM NÄCHSTEN MORGEN aufwacht, ist es schon nach elf. Von draußen dringt das Geräusch des Rasenmähers herein. Er liegt da, die Augen weit geöffnet, sein Magen krampft sich zusammen vor Glück.
    Ihr Duft, wie ein warmes Tuch legt er sich auf seine Stirn, hüllt seinen ganzen Körper ein. Regungslos liegt er da, die Augen geschlossen, er wagt kaum zu atmen vor Glück.
    Ich sah unverwandt die schöne Gräfin an, die ganz erhitzt vom Laufen dicht vor mir stand, sodass ich ordentlich hören konnte, wie ihr das Herz schlug. Ich wusste nun aber gar nicht, was ich sprechen sollte vor Respekt, da ich auf einmal so allein mit ihr war. Endlich fasste ich ein Herz, nahm ihr kleines, weißes Händchen – da zog sie mich schnell an sich und fiel mir um den Hals, und ich umschlang sie fest mit beiden Armen.
    Und dann plötzlich wie ein Stich der Gedanke, er könne das alles nur geträumt haben, ihre Stimme, die Wärme ihres Körpers, ihre Lippen auf den seinen.
    Während sie tanzten, sprachen sie kaum ein Wort, und auch später, als er sie nach

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