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Die schönste Zeit des Lebens

Die schönste Zeit des Lebens

Titel: Die schönste Zeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
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gekleidete Frau, die ihn mit einem Lächeln begrüßt:
    Ah, Sie sind Robert, nehme ich an.
    Ihre Stimme ist weich, von gutturalem Klang, ihr Deutsch akzentfrei, und doch ist etwas Fremdes in ihrer Stimme. Sie bittet ihn ins Haus, geht ihm ins Wohnzimmer voran, lässt ihn auf dem breiten Sofa Platz nehmen, setzt sich selbst in einen der Sessel ihm gegenüber.
    Fari kommt gleich, sagt sie.
    Jetzt muss er etwas sagen, aber ihm fällt nichts ein. Zum Glück fällt ihr etwas ein.
    Fari hat mir erzählt, dass Sie bei der Altenhilfe arbeiten.
    Ja, sagt Robert. Ich mache da meinen Zivildienst.
    Und dann?
    Dann will ich studieren. Maschinenbau.
    Robert spürt, dass er einen roten Kopf bekommt, als hätte er etwas Dummes gesagt. Maschinenbau. Ob das wirklich sein Herzenswunsch sei, hat Frau Sternheim ihn gefragt, und seitdem rumort da etwas in ihm. Ihm ist, als hätte er Frau Sahabi soeben eine Lüge aufgetischt.
    Na ja, sagt er, eigentlich weiß ich noch nicht genau, was ich studieren will.
    Zum Glück kommt in diesem Augenblick Fari, sagt Hallo, beugt sich zu ihm herunter, eh er aufstehen kann, und küsst ihn auf die Wangen.
    Gehen wir ein Stück spazieren?
    Robert ist schon aufgesprungen.
    Klar, sagt er. Wohin gehen wir?
    Wir können durch die Auewiesen zum Alten Forsthaus gehen.
    Natürlich, durch die Auewiesen zum Alten Forsthaus. Robert ist zwar noch nie am Alten Forsthaus gewesen, aber jetzt, da sie vor ihm steht und ihn anstrahlt, erscheint ihm kein Ziel erstrebenswerter als dieses. Fari gibt ihrer Mutter einen Kuss auf beide Wangen.
    Vielleicht sind wir zum Tee wieder da.
    Macht, was ihr wollt, sagt Frau Sahabi. Ich bin heute Nachmittag sowieso nicht zu Haus.

30
    EINER DIESER TAGE , die sich wie ein Schleier über die Augen legen. Egon Markmann streift durch den Garten, vorbei an den Rosen, den Johannisbeersträuchern, steht lange vor der offenen Schuppentür, ohne zu wissen, weshalb er da steht und ins dämmrige Innere des Schuppens starrt. Dann geht er ins Haus, setzt sich im Wohnzimmer in einen Sessel, greift nach der Zeitung, legt sie gleich wieder auf den Tisch. Lange geht er zwischen Kommode und Fenster auf und ab. Nachdenklich? Vielleicht. Obwohl man das kaum Denken nennen kann, dieses ziellose Ruminieren halber unausgesprochener Sätze. Einmal schaut Edith durch die angelehnte Tür herein, sieht ihn auf und ab gehen, runzelt die Stirn und verschwindet wieder in die Küche.
    Egon Markmann ist gefangen, gefangen in seinem selbstgebauten Labyrinth. Wohin er sich auch wendet, immer blickt er in eine Sackgasse. An sich ist das kein Unglück, könnte man meinen, es gibt ja für ihn nichts zu tun, er muss ja nirgends hin, kein Ziel erreichen, keinen Terminplan einhalten. Aber diese Unruhe in ihm, dieser blinde Drang ins Ungewisse, das, was andere Zukunft nennen oder Planung oder ihre Aufgabe, bei ihm verläuft es sich in ungerichteter Motorik. Drei Schritte hin, drei Schritte her, von der Kommode zum Fenster, vom Fenster zur Kommode.
    Und dann ist plötzlich Werner an der Gartenpforte. Egon schaut, als es klingelt, wie gewöhnlich aus dem Fenster und sieht ihn sofort, sieht ihn und glaubt nicht, was er sieht. Was will denn der, denkt er. Aber dann stellt er zu seiner eigenen Überraschung fest, dass er sich fast ein wenig freut. Werner kommt ihn besuchen. Nach so langer Zeit. Fast drei Jahre ist er nicht mehr hier gewesen. Und jetzt kommt er auf die Haustür zu, als wäre es das Normalste von der Welt: Ein Freund schaut bei einem Freund vorbei, um zu sehen, wie es ihm geht. Trotzdem, Egon wird sich nicht anmerken lassen, dass er sich freut, weil er eigentlich Grund hätte, wütend zu sein, dass der es wagt, hier aufzukreuzen nach allem, was zwischen ihnen passiert ist.
    Was willst du denn hier?, fragt er, in der offenen Tür stehend.
    Aber noch ehe Werner wegen der unfreundlichen Begrüßung beleidigt sein kann, ruft Edith schon aus dem Hintergrund:
    Komm doch rein, Werner! Das ist aber schön, dass du uns mal besuchst.
    Werner ist einen halben Kopf kleiner als Egon, aber breiter in den Schultern, und wie sich die beiden Männer in dem engen Flur gegenüberstehen, wirken sie wie zwei Elefantenbullen, die jeden Augenblick aufeinander losgehen können. Vielleicht machen sie aber auch nur so finstere Mienen, weil sie nicht wissen, wie es jetzt weitergeht, was man in einer solchen Situation sagt und wie man es sagt. Da ist es gut, dass Edith den Überblick behält.
    Komm hier durch, Werner, sagt sie. Wir sitzen auf der

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