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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Jordan
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sagt Daniel. »Hören Sie, Ella, Ihr Tiger geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Vielleicht ist Wahnsinn ansteckend. Treffen wir uns doch auf einen Kaffee und reden darüber.«
    Darüber reden. Das ist nicht gut. Von den anderen erfolgreichen Bewerbern weiß ich, dass es normalerweise anders läuft. Das ist eine Verzögerungstaktik. Dem Plan nach sollte ich morgen oder übermorgen den Scheck in der Hand halten.
    Â»Hören Sie, Daniel«, antworte ich und seufze, eher resigniert als enttäuscht. Hören Sie, Ella , hat er gesagt, also sage ich Hören Sie, Daniel. Die Formulierung des Gegenübers aufzugreifen ist ein uralter Trick, um eine Verbindung herzustellen, damit arbeiten alle, vom verzweifelten Gebrauchtwagenhändler bis zum Weltklasseschürzenjäger. Uralt und stereotyp, und trotzdem funktioniert es. »Ich versuche schon seit Jahren, jemanden für diese Idee zu interessieren. Sie glauben gar nicht, bei wie vielen Stipendien ich leer ausgegangen bin. Es gibt viele förderungswürdige Projekte, das weiß ich. Wenn Sie mir auf diese Weise beibringen wollen, dass Sie jemand anderen fördern, sagen Sie es einfach. Ich kann das schon verkraften.«
    Durch meinen seidenen Morgenmantel streichen mir zwei Fingerspitzen das Rückgrat hinab. Timothy schlingt mir einen Arm um die Taille und drückt den Mund an mein freies Ohr. Ich muss mich zusammenreißen, damit ich nicht den Arm schüttle, als wäre eine Fliege darauf gelandet, halte die Hand über das Handy und versuche, mich zu konzentrieren.
    Â»Bestimmt«, antwortet Daniel. »Aber darum geht es nicht. Ich habe mir Gedanken über die Stiftung gemacht. In letzter Zeit war ich mit meinen eigenen Sachen beschäftigt und habe mich nicht um sie gekümmert. Mir war gar nicht klar, dass meine Eltern vor genau dreißig Jahren das Stipendium zum ersten Mal verliehen haben. Jetzt habe ich mir überlegt, dieses Jahr etwas Besonderes zu machen, zu ihrem Andenken.«
    Â»Della«, wispert Timothy. »Du weißt doch, was ich für dich empfinde.«
    Ich verziehe das Gesicht und neige den Kopf zur anderen Seite. »Eine schöne Geste. Was schwebt Ihnen vor, eine Gedenktafel?«
    Â»Ich muss mit dir reden«, sagt Timothy. Ȇber unsere Zukunft.«
    Â»Eine höhere Summe. Eine beträchtlich höhere.«
    Unwillkürlich ruckt mein Kopf nach oben. »Das wäre wirklich eine schöne Geste.« Was genau heißt bei einem Millionär beträchtlich höher ?
    Â»Normalerweise bin ich nicht so hartnäckig«, sagt Timothy. »Normalerweise bin ich sehr geduldig. Aber manchmal muss man sich auch wie ein Höhlenmensch benehmen. Und glaub mir, wenn ich etwas will, kann ich sehr energisch werden.«
    Ich schüttele den Kopf und forme stumm mit den Lippen: »Hau ab.«
    Â»Hör doch mal zu, Della«, sagt er. »Ich kann schlecht energisch werden, solange du telefonierst.«
    Daniel sagt etwas, aber ich verstehe ihn nicht. »Kannst du mal ruhig sein? Halt einfach die Klappe.«
    Â»Wie bitte?«, fragt Daniel.
    Â»Nicht Sie. Einer meiner Kollegen.«
    Â»Also ich? Ich soll ruhig sein? Und ich bin dein ›Kollege‹?« Dabei malt er mit den Fingern Anführungszeichen in die Luft. Dann stapft er zurück und lehnt sich gegen die Spüle. »Anscheinend bin ich nicht so wichtig, wie der Typ am Handy.«
    Â»Ich habe wohl zu einer ungünstigen Zeit angerufen«, sagt Daniel. »Aber ich müsste darüber mit Ihnen reden. Und nicht am Telefon.«
    Ich winke Timothy beschwichtigend zu, als wollte ich ein weinendes Kind beruhigen. »Verstehe. Mit Professor Carmichael?«
    Â»Nein, Ella«, antwortet Daniel. »Ohne Carmichael. Nur Sie und ich. Ihr Projekt interessiert mich sehr. Ich finde es faszinierend. Mir wäre etwas Zwangloseres lieber.«
    Â»Etwas Zwangloseres«, wiederhole ich.
    Â»Etwas Zwangloseres?«, fragt Timothy.
    Â»Treffen wir uns doch heute Nachmittag an der Uni. Wann haben Sie Zeit?«
    Im ersten Moment kann ich keinen klaren Gedanken fassen. Als ich aufblicke, steht Timothy mit einem spitzbübischen Grinsen vor mir und stemmt die Hände in die Hüften. »Früher habe ich dich immer mit Kitzeln rumgekriegt. Du bist sofort eingeknickt, wenn dich jemand gekitzelt hat.«
    Ich weiche zurück und sage stumm: »Wage es ja nicht«, aber er streckt schon kichernd die Hände nach meinen Rippen aus.

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