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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Jordan
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im Schlafanzug, aber als Timothy meinen Gesichtsausdruck sieht, ergreift er die Flucht. Im Flur läuft er meinem Vater über den Weg.
    Â»Hallo, Mr Gilmore! Wiedersehen, Mr Gilmore!«, ruft er im Vorbeirennen.
    Â»Lauf nur!«, brülle ich ihm nach. Ein vielfaches Klicken zeigt mir, dass die Haustür geöffnet wird. »Wenn du weißt, was gut für dich ist, lauf weiter und dreh dich nicht um.«
    Ich stapfe die Treppe hinauf und trete so fest gegen Sams Tür, dass sie gegen die Wand knallt. Er liegt bäuchlings auf dem Bett, ohne Hemd, mit Kopfhörern, und übt auf einem weißen Block mit blauen Linien eine auf den Kopf gestellte Unterschrift. Pure Zeitverschwendung. Bei unseren hochwertigen Scannern braucht man das nicht mehr. Aber Sam hat sich wie unser Vater seine Liebe zur Schreibkunst bewahrt, und Unterschriften sind seine Spezialität.
    In seinem Zimmer herrscht das übliche Chaos: Das Bett ist nicht gemacht, in einer Ecke drängen sich drei alte Tresore, dazu Stempel und Tinten für gefälschte Regierungsdokumente, mehr oder minder zerfledderte Papierstapel und diverse Hanteln, mit denen er ständig trainiert. Mitten auf dem Boden liegen seine ausgelatschten Turnschuhe und die Baseballsachen von gestern Abend. Hier drin stinkt es zum Himmel.
    Sam blickt mit engelsgleichem Lächeln auf und nimmt die Kopfhörer ab. »Was ist?«
    Â»Was hast du Timothy erzählt?«
    Â»Nichts. Ich hab ihm nur ein paar nette Tipps gegeben, wie er mit meiner kleinen Schwester fertig wird. Der Arme ist total verknallt.«
    Â»Rede ja nicht noch mal mit Timothy über mich, nie wieder, sonst lasse ich die Luft aus deiner Freundin und nagele sie an einen Apfelbaum.«
    Â»Ist schon gut, du musst dich nicht bedanken. Bei so viel Romantik wird mir ganz warm ums Herz.« Er winkt hoheitsvoll ab. »Della hat einen Freund. Wer hätte damit gerechnet? Ich dachte schon, du wärst Nonne geworden.«
    Â»Du bist so ein Mistkerl.« Ich wickle ihm das Kopfhörerkabel um den Hals. Er spielt den Erwürgten. »Wenn ich dich nicht in fünf Minuten unten bei einer Notfallbesprechung bräuchte, würde ich dich unangespitzt in den Boden hauen.«
    Â»Eine Notfallbesprechung?« Er quetscht einen Finger unter die Schlinge um seinen Hals. »Lass mich raten. Ich soll am Wochenende arbeiten.«
    Â»Ja, aber nicht nur du.« Ich gehe hinaus auf den Treppenabsatz, wo mein Vater wartet. »Ich brauche euch alle. Wir haben ein Problem. Und eine Chance.«

A ls Daniel Metcalf am Montagmorgen um neun in seinem schnurrenden schwarzen BMW aus seiner Auffahrt auf die Toorak Road biegt, beobachten wir ihn. Wir beobachten ihn, als er sich an einer Straßenbahn vorbeifädelt und an der Ampel vor der Auffahrt zur Schnellstraße einreiht, und dann folgen wir ihm den ganzen Weg durch die Stadt. Die Universität, die ich ausgesucht habe, ist die älteste in Melbourne, sie wurde gebaut, als das Land gerade frisch gestohlen war und ein eleganter Sitz der Gelehrsamkeit als Inbegriff europäischer Vornehmheit galt. Obwohl es dort so viele Zufahrten und Eingänge gibt wie in einer kleinen Stadt, findet Daniel gespenstisch schnell einen Parkplatz. Er steht genau vor dem richtigen Eingang, in der Royal Parade zwischen dem Percy Grainger Museum und dem Konservatorium.
    Für diesen Job brauchen wir zwei Aufpasser, die den Kunden im Auge behalten und schauen, wo es Ärger geben könnte. Der erste ist Beau, er hat Daniel vor seinem Haus erwartet und ist ihm gefolgt. In der Royal Parade pfeift Beau in sein Handy.
    Â»Beeindruckendes Parkplatzkarma, das muss man ihm lassen. Ein so gutes Parkplatzkarma habe ich lange nicht gesehen.«
    Â»Schön«, sage ich. Ich bin mit meinem Handy in der Fakultät für Zoologie. »Besten Dank, ich werde es mir notieren.«
    Etwa zwanzig Minuten vor Daniels Ankunft hat Anders das Gebäude durch den Haupteingang betreten, in einer Uniform vom Campusservice der Universität, der seinen Materialschrank wirklich lieber abschließen sollte. Er trägt Stiefel mit Stahlkappen, an einer Gürtelschlaufe baumelt ein Schlüsselring. Das Hemd in Marineblau und Neongelb spannt sich über seiner Brust, und die Hosenbeine sind immer noch etwas zu kurz, obwohl Tante Ava sie gestern Abend noch ausgelassen hat. Anders hat einen langen, schmalen Aluminiumstreifen dabei und geht mit den wiegenden Schritten eines Mannes,

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