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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Jordan
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sie es immer noch tun. Ich habe ihnen meine Theorie von vorne bis hinten erklärt.«
    Â»Für mich klingt das überzeugend. Was haben sie gesagt?«
    Â»Sie haben gefragt, ob ich ihnen bei einem Förderantrag für eine Jagd auf die Zahnfee helfe.«
    Â»Oje. Wissenschaftler«, sagt er kopfschüttelnd. »Mit dieser Fee würde ich mich lieber nicht abgeben. Null Gespür fürs Geschäft – der Kapitalfluss geht in die ganz falsche Richtung, und die Zahnbestände steigen konstant.«
    Â»Das richte ich ihnen aus.«
    Â»Natürlich ist sie da nicht die Einzige. Schlechte Geschäftsmodelle gibt es wie Sand am Meer. Nehmen Sie nur den Osterhasen – er führt seinen Laden wie einen Wohlfahrtsverband. Gut, er hat einen hundertprozentigen Marktanteil, aber wo bleibt der Gewinn? Irgendwann sind sie alle auf staatliche Rettungspakete angewiesen. Mit ihren weltweiten Märkten werden sie sagen, sie seien zu groß, um bankrott zu gehen.«
    Sein flirtender Ton verrät mir, dass ich ihn in der Tasche habe. Ich bin ein wenig enttäuscht. Bei diesem hirnverbrannten Vorhaben und den vielen Frauen, die jemandem wie ihm nachlaufen, hätte ich eine größere Herausforderung erwartet. Dabei ist er genauso armselig wie alle anderen. Ich wickle mir eine Haarsträhne um einen Finger und lächle neckisch. »Also sollte ich meine Anteile am Weihnachtsmann verkaufen?«
    Â»Na ja, bei Geschenkartikeln sind die Gewinnspannen sowieso mies, und ich habe gehört, dass er den Rentieren schon seit Jahren einen Weihnachtsbonus zahlt. Und bei der Rentenhöhe wäre ich auch gerne ein Elf kurz vor der Pensionierung.«
    Â»Bin ich froh, dass Sie mir helfen. Ohne Sie hätte ich das alles nie mitbekommen.«
    Â»Ich stamme aus einer alten Familie von Geschäftsleuten. So was liegt uns im Blut. Soll ich mal nebenan klopfen und Ihren Kollegen ein paar Tipps geben?«
    Â»Auf keinen Fall«, sage ich und versperre mit ausgebreiteten Armen die Tür. »Sie gehören mir. Mit etwas Glück haben sie noch nie von Ihrer Stiftung gehört. Und Konkurrenz kann ich wirklich nicht brauchen.« Ich erröte leicht, obwohl das mittlerweile wahrscheinlich nicht mehr nötig ist.
    Â»Ella«, sagt er. »Konkurrenz sollte Ihre geringste Sorge sein.«
    Ich ziehe meinen Kittel aus und bugsiere Daniel aus dem Zimmer. Dass der Gang leer ist, weiß ich, weil sonst Sam als geschniegelter zweiter Aufpasser in seiner Putzmannkluft vor meiner Tür gestanden und laut in sein Handy gesprochen hätte. Am Ende des Gangs ist der Aufzug. Als sich die Tür öffnet, steigt eine ältere Wissenschaftlerin aus: Ende sechzig, kurzes weißes Haar, Laborkittel, zierliche Jadeohrringe. Ich halte die Tür für sie auf, wir betreten den Aufzug, die Tür schließt sich. Und plötzlich werde ich nervös.
    Es ist nicht das übliche Kribbeln, das ich kenne und liebe, der Schwarm Schmetterlinge, das Adrenalin, das mich zu meinen besten Auftritten anspornt. Als der Aufzug losfährt, wird mir fast übel von einem Gefühl, das glatt Angst sein könnte. Ich presse die Arme seitlich an den Körper, drücke die Beine durch und starre auf die Tür. Einen Moment lang habe ich das Gefühl, ich werde ohnmächtig.
    Natürlich fahre ich nicht zum ersten Mal Aufzug. Diesen hier habe ich seit Freitagmittag mehrmals benutzt, aber jetzt wird mir bewusst, wie eng er ist, wie abgeschnitten vom Rest der Welt.
    Daniel trägt eine Jeans aus Denimstoff mit feinen, cordähnlichen Rippen, die Schallwellen aussenden. Die Umhängetasche aus glattem braunem Leder, deren Gurt schräg über seine Brust läuft, zeugt von Gelassenheit und einem praktischen Wesen. Er ist braun gebrannt, selbst unter dem Dreitagebart wirkt seine Haut ein wenig rau. Er lehnt mit einer Schulter an der Wand, die Hände hinter dem Rücken, den Blick zur Decke gerichtet. Ich schließe die Augen. Ich schlucke. Mir fällt die ältliche Wissenschaftlerin ein, die den Aufzug verlassen hat. Sie hat mich unfreundlich angesehen. Argwöhnisch. Das könnte ich in vierzig Jahren sein, wenn ich dann immer noch herumschleiche wie jetzt, die gleichen Tricks abziehe. Die Knie werden mir weich. Es kommt mir vor, als hätten wir noch zweihundert Etagen vor uns.
    Dann öffnet sich die Tür, ein Windhauch streicht über mein Gesicht, und alles ist wieder gut. Es war wohl nur die

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