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Die schönsten Dinge

Die schönsten Dinge

Titel: Die schönsten Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toni Jordan
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ist niemand zu sehen, und ich bin froh darüber. Ich schließe auf und schleiche mich hinein. Im Haus schaffe ich es nicht einmal die ganze Treppe hinauf, sondern setze mich für eine Weile auf den Treppenabsatz und lehne den Kopf an. Als Kinder sind wir auf dem Bauch mit den Füßen voran das Geländer hinuntergerutscht, wie kleine Loren. Mein Vater hat gelacht und gemeint, es sei sehr nett von uns, dass wir das Holz polieren. Er hat Onkel Syd gebeten, die großen geschnitzten Holzkegel am Fuß der Treppe abzusägen und mit Schrauben zu befestigen, damit man sie abnehmen konnte und wir uns beim Spielen nicht verletzten. Als ich so dasitze und mir das gemaserte Holz ansehe, fällt mir auf, wie abgenutzt es ist.
    Sobald ich die Beine wieder bewegen kann, gehe ich in das große Badezimmer im ersten Stock, wo die verzierten Spiegel kleiner sind und ich weniger von meinem Körper sehen kann, der sich anfühlt wie ein einziger blauer Fleck. Ich mache die Tür zu, schließe ab und lasse Wasser in die große Badewanne mit Klauenfüßen laufen, die frei im Raum steht. In dem Dunst streife ich meine Kleidung ab wie eine Schlange, die sich häutet. Die antiken violetten Kacheln drücken kalt gegen meine Haut, als ich mich an die Wand lehne.
    Die Muskeln in meinen Schultern und Waden sind überanstrengt, mein Kopf schmerzt, und meine Oberschenkel protestieren, als ich mich in die Wanne sinken lasse. Jeder Zentimeter meines Körpers fühlt sich dreckig an, die Haut zwischen den Zehen, die Falten an den Ellbogen, die Fingernägel. Mein Haar ist vom Schwimmen im Meer strohig, und auf den Rückseiten der Arme habe ich einen Sonnenbrand. Aus einer Kristallflasche, die Ruby gehört, schütte ich einen Badezusatz in die Wanne, und wenig später riecht alles außer mir nach Erdbeeren. Der Schaum quillt über den Rand und sammelt sich in Pfützen auf dem Boden, aber es kümmert mich nicht. Ich bleibe in dem heißen Wasser liegen, bis meine Fingerspitzen so verschrumpelt sind, wie ich mich innerlich fühle.
    Die Haare in ein Handtuch eingeschlagen, sitze ich in meinem Morgenmantel auf der Bettkante. Es klopft an der Tür. Eine Antwort ist mir zu anstrengend. Ich starre durch das Fenster auf die Baumwipfel, die meine ganze Aufmerksamkeit beanspruchen. Trotzdem öffnet sich die Tür. Sie strömen zu viert in mein kleines Zimmer: mein Vater und Ruby, Sam und Beau.
    Â»Und?«, fragt Beau.
    Â»Was und?« Ich starre immer noch nach draußen.
    Â»Della«, sagt Sam.
    Â»Was ist passiert?«, will Beau wissen. »Hast du das Geld bekommen?«
    Am liebsten würde ich ihnen sagen, dass ich mitten in einer Partie Schach stecke und nicht weiß, wer mein Gegner ist. Dass ich aufgedreht und erschöpft und verwirrt bin. Dass ein Teil von mir wünscht, es wäre alles nach Plan verlaufen und erledigt, und der Rest sich noch nie so lebendig gefühlt hat. Nichts davon sage ich.
    Â»Er hat gesagt, ich soll morgen Abend vorbeikommen. Dann könnte ich den Scheck abholen.«
    Â»Mein liebes Kind.« Mein Vater setzt sich neben mich und nimmt mich in den Arm. »Glückwunsch.«
    Â»Das dürfte deine größte Nummer gewesen sein«, sagt Beau.
    Â»Du hast es echt geschafft. Du bist verrückt, ich fasse es nicht«, sagt Sam. »Aber sag nicht, du hast auch noch einen Fußabdruck nehmen können. Oder Pfotenabdruck, egal. Du kannst nicht mal die Waschmaschine bedienen. Nachher hast du dir noch einen Nagel abgebrochen.«
    Â»Hast du ihn dir als Huhn vorgestellt?«, fragt Beau. »Das hat bestimmt geholfen.«
    Â»Wir brauchen Champagner. Champagner und Kaviar. Ich habe noch eine Flasche fünfundachtziger Krug für eine besondere Gelegenheit. Ruby, wo ist diese Flasche? Und fünf Gläser. Nicht die Flöten, die sind zu streng. Hol lieber die, die geformt sind wie die Brüste von Marie Antoinette. Wir trinken Champagner, und dann erzählst du, Della«, sagt mein Vater. »Erzähl uns genau, was passiert ist.«
    Keine Frage, ich hätte ihnen viel zu sagen. Zumindest sollte ich Sam drohen, ihn wegen Timothy in kleine Stücke zu hacken, und mit meinem Vater über neue Möbel und vielleicht ein neues Auto reden. Einen Urlaub. Wann haben wir alle zum letzten Mal Urlaub gemacht? Das sollte eine Feier werden. Wir sollten uns prächtig amüsieren.
    Â»Geht es Onkel Syd und Tante Ava gut?«, frage ich.

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